2135 - Der Zeitbrunnen
Hände. Die anderen Vascas patschten mit den Händen in den Sand, dass er aufflog und sie zum Husten brachte. „Ihr Dank und ihre Bewunderung für deine Geschichte", sagte Pogo. „Du darfst stolz auf dich sein."
„Danke, Pogo. Aber nun lass uns schnell zum Zeitbrunnen reiten. Mir geht nicht aus dem Kopf, was du über ihn gesagt hast."
„Was denn?"
„Dass er sich nicht unbedingt noch an der gleichen Stelle befinden muss. Das wäre eine Katastrophe. Ich wäre hier abgeschnitten." Pogo lachte laut. „Du könntest uns dann noch viele Geschichten erzählen!", rief er aus. „Viele Tage lang, bis der Brunnen sich wieder bildet."
„Nein, danke!", wehrte sie ab. „Jetzt reite endlich los, Häuptling!"
Der Vasca drückte die Beine in die Flanken des Reittiers. Es gab ein schrilles Krächzen von sich und bäumte sich leicht auf. Dann schoss es davon.
Sihame hatte Mühe, sich festzuhalten. Ein Arm Pogos lag um ihre Wespentaille, mit der anderen führte er die Zügel. Die Prinzessin war froh, dass der Umburg ihres Entführers nicht so schnell gewesen war. Sie hatte sich im scharfen Sand sämtliche Haut aufgerissen, wo sie nicht geschützt war. Der Ritt dauerte etwas mehr als eine halbe Stunde. Dann hatten sie ihr Ziel erreicht. Der Fluss stank ätzend, aber das störte sie nicht mehr. Alles, was zählte, war, dass der Zeitbrunnen sich noch an Ort und Stelle befand. Pogo half der Prinzessin vom Umburg und setzte sie sanft am Rand des schwarzen Lochs ab. „Es tut mir Leid, dass du uns verlassen musst", sagte er nochmals. „Nicht alle Fremden, die durch den Brunnen zu uns finden, sind so freundlich wie du."
„Ach, deshalb der liebenswürdige Empfang?", fragte sie sarkastisch. „Du darfst es Uman nicht übel nehmen. Er lebt nur noch, weil er zuerst die Schlinge wirft und dann fragt."
„Ihr müsst es wissen", sagte Sihame. „Aber jetzt muss ich wirklich gehen."
„Ja", sagte der Häuptling. „Das musst du wohl. Es wäre schön, wenn wir uns eines Tages wiedersehen und du uns den Schluss deiner Geschichte erzählen könntest. Aber das ist leider unmöglich oder besitzt du das Geheimnis der Zeitbrunnen?"
„Ihr Geheimnis?" Noch einmal blieb Sihame stehen. „Welches Geheimnis meinst du?"
„Ach, nichts - wenn du es nicht weißt", sagte Pogo enttäuscht. „Wir kennen es nämlich nicht. Wir wissen nur, dass vor langer Zeit ..."
„Der Brunnen!", schnitt sie ihm das Wort ab. „Er beginnt zu flackern!" Die Pfauchonin wartete nicht ab, was er zu dem Phänomen zu sagen hatte, sondern stürzte sich in die Schwärze.
7.
Das Wiedersehen Soner hatte sich mit letzter Kraft in seine Unterkunft geschleppt. Der Ausflug in den Turm sowie jener durch den so genannten Zeitbrunnen hatten ihn seine letzten Reserven gekostet. Was er jetzt am dringendsten benötigte, war Schlaf. Aber daran wollte er nach wie vor nicht denken - nicht bevor endlich die Entscheidung über sein Schicksal durch die Kleine Konjunktion herbeigeführt worden war. Als der Prinzenkrieger seine Herberge betrat, bemerkte er trotz aller Übermüdung, dass etwas nicht so war wie am Vortag, als er sie zuletzt verlassen hatte. Die Müdigkeit war stärker als alle Vorsätze und jede Neugier. Soner sank auf seinem Bett nieder und war eingeschlafen, bevor er sich dagegen wehren konnte.
Etwas weckte ihn auf, kaum dass er vier Stunden geschlafen hatte - ein Geräusch, von seinen geschärften Sinnen auch im Schlaf aufgefangen? Ein Schatten? Er wusste es nicht und stand auf. Und wieder störte ihn etwas. Es war zunächst wie ein blinder Fleck vor dem Auge. Er wusste, dass etwas nicht stimmte, aber er sah es erst, nachdem er sich an den Tisch gesetzt hatte. Es war ein ganz bestimmter Gegenstand. Er benötigte einige Augenblicke, um zu begreifen. Es war nur ein Ring, nicht mehr -aber es war Sihames Ring! Soner sprang auf. Der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, flog zurück. Soner stieß einen furchtbaren Schrei aus und hastete zum Fenster. Er schrie mit aller Macht den Namen seiner Gemahlin hinaus in die leere Häuserlandschaft von Raud'ombir.
Der Blick des Prinzenkriegers streifte wie der eines Verdurstenden über die kunterbunte Landschaft der Schreiberstadt. Doch da nahm Soner eine Bewegung wahr.
Es war eine grazile Gestalt, für ihn die schönste des Universums, die da aus einem Versteck ins Freie trat. Soner lief zur Tür und stolperte. Er hatte lange nicht genug Schlaf gehabt, aber er rappelte sich wieder auf. Die Liebe war der stärkste Motor. Soner
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