2139 - Die Eltanen
rasselnde Stimme schnitt ihr das Wort ab. Sie klagte an. Die Eltanen würden niemals aussterben, sagte sie, ihr Wissen würde ewig weiterleben. Und dann stach er zu. Immer und immer wieder.
Corina war im siebten Monat schwanger, als Ruim OhJar ihr die Nachricht brachte, auf die sie mit Bangen gewartet hatte. Sie war nur noch ein Wrack und er ihr letzter Halt. In den letzten Monaten hatten sie sich einander weiter angenähert. Aus anfänglicher Sympathie war offene Zuneigung geworden, fast Liebe. Aber wirkliche Liebe, das war das, was Corina mit Feki erlebt hatte. Und sie liebte ihn immer noch. Ein Wort von ihm, und sie wäre zu ihm zurückgekehrt, obwohl er ihre Beziehung beendet hatte. Sie hätte sich Ruim gegenüber zwar schäbig gefühlt, denn der Raumfahrer war in diesen Tagen ihr großer Beschützer. Auch wenn er über das heranwachsende Kind nicht so glücklich war wie sie, tat er alles, um sie in dem Glauben zu bestärken, dass es gesund und kräftig zur Welt kommen würde - und vor allem mit der Initiative, die ihrem Volk so sehr fehlte und weshalb es gezeugt worden war. „Corina", sagte der Raumfahrer, dessen Schiff THATRIX, der eine der letzten noch verbliebenen Raumer der alten Bauart, um den Stern Kita kreiste. Es handelte sich, genau wie bei der abwesenden TEFANI, um ein würfelförmiges Objekt mit reich gestalteter und zerklüfteter Türmchen-, Noppen- und Auslegeroberfläche von 3,6 Kilometern Kantenlänge. Die Wandungen glichen rot glühendem Stahl. „Es ist geschehen. Die Inquisition der Vernunft hat im Raumsektor Roanna die Sternenluke entstehen lassen."
Betroffen sah sie ihn an. „Und das bedeutet für dich?" Sie korrigierte sich: „Für uns?"
„Ich muss fort", antwortete er. „So, wie ich es dir gesagt habe.
Es gibt ein junges, zielstrebiges und mutiges Volk in dem Kugelsternhaufen Virginox, die Jankaron. Sie werde ich kontaktieren und ihnen ein Geschenk der alten Eltanen überlassen."
„Ein Geschenk?", fragte sie heiser. Der bevorstehende Abschied von ihrem Fast-Geliebten, aber immer bewunderten Partner drohte ihr das Herz zu ersticken. „Was für ein Geschenk?"
„Den letzten uns noch verbliebenen CoJito-Planetenjäger", sagte der Raumkapitän. „Ich werde den Jäger an die Jankaron überantworten, damit diese durch die Sternenluke in die Galaxis Milchstraße eindringen und dort Verbündete gegen das Reich Tradom suchen können." Corina hatte nie von einem CoJito-Planetenjäger gehört, weil sie sich nie für Technik interessiert hatte, aber sie vermutete, dass es sich um ein durchschlagkräftiges Instrument handeln musste. Sonst hätte Ruim nicht so - fast andächtig – davon gesprochen. „Und du?", fragte sie. „Was wirst du noch tun, außer dieses junge Volk zu kontaktieren?"
Er beugte sich zu ihr herüber und nahm ihre Hände. Zärtlich strich er über ihre runzlige Haut. „Ich werde mit der THATRIX versuchen, die Steuerstationen der Sternenluke zu manipulieren, so dass es den Kampfschiffen der Inquisition unmöglich sein wird, in die Galaxis Milchstraße einzudringen. Aber erst wenn der Planetenjäger auf die andere Seite gelangt ist."
„Du hast viel Zutrauen zu den Jankaron", stellte sie fest. „Ja."
Beide schwiegen eine geraume Weile. Dann fragte Corina: „Wieso glaubst du, dass du die Steuerstationen von der THATRIX aus manipulieren kannst? Die Macht des Reiches ist ungebrochen."
„Natürlich", antwortete er. „Aber immerhin sind wir Eltanen! Wir mögen die Technik der Ahnen nicht mehr vollständig verstehen, vielleicht nur einen Bruchteil. Aber unser technisches Verständnis ist dem der Inquisition immer noch um Lichtjahre überlegen!"
„Bist du dir sicher?"
„Hundertprozentig! Bis die Techniker der Inquisition die Manipulation rückgängig zu machen lernen, können Wochen oder Monate vergehen. Und bis dahin sollte es uns gelungen sein, mit den Milchstraßenvölkern einen Pakt zu schmieden."
„Wochen und Monate", wiederholte Corina gedehnt. „Wochen und Monate, in denen unser Kind in meinem Leib heranwächst." Er stand auf und legte sich zu ihr. An diesem Tag hätte eine zweite, natürliche Zeugung stattfinden können, aber dazu war es zu spät. Corina EhGon übernachtete zum letzten Mal bei Ruim OhJar. Als sie am anderen Tag zu ihrer Wohnhöhle aufbrach, wusste sie, dass es kein Wiedersehen geben würde.
Der Raumfahrer war plötzlich weg, nur mit einem letzten Gruß auf ihrem Kommunikator. Die Geschichte war vorbei. Ihr Kind hatte keinen Vater mehr.
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