2139 - Die Eltanen
Der Fremde beugte sich über sie, die zangenförmige Waffe noch immer in der Hand. „Hör damit auf!", krächzte sie. „Es ist mein totes Kind! Mein Körper ... will es abstoßen ..." Alles kam darauf an, dass er ihr glaubte. Er stand breitbeinig über ihr und steckte die Schockwaffe weg. „Wie lange wird es dauern?",fragte er. „Ich weiß es nicht. Vielleicht nur eine Stunde, wahrscheinlicher aber zehn und mehr."
„Du brauchst etwas zur Stärkung", sagte er. „Ich gehe jetzt und bin in fünf Stunden wieder hier. Halte so lange aus!"
„Mach dir nur keine Umstände", flüsterte sie und tat so, als fiele sie in eine gnädige Ohnmacht. Sie hörte noch seine Schritte, und dann war Stille. Corina begann fieberhaft nachzudenken.
Die Höhle wurde nur spärlich erleuchtet. Der Boden war künstlich geglättet. In ihrer Mitte befand sich ein langer Tisch, an dem neun Eltanen saßen.
Ein zehnter stand. Sie alle hatten ihr Gesicht mit einem Dunkelfeld verhüllt. Der Eltane am Ende des Tisches hatte sogar seine ganze Gestalt dahinter verborgen. „Du hast eigenmächtig gehandelt, Trigam OnGen", warf er dem Stehenden vor. „Durch dein Verschulden wäre die Frau um ein Haar gestorben. Ihr Kind ist es. Das war nie unsere Absicht. Wir wollten beide nur in 'unserem Sinn erziehen oder vielmehr umerziehen."
„Ich bin mir keiner Schuld bewusst", sagte der Angeklagte. „Natürlich bist du das! Du hättest sie nie paralysieren dürfen! Du warst unfähig, sie auf normale Art zu entführen! Wir Eltanen dürfen nicht töten! Auch nicht in diesem Fall! Du hast dich schuldig gemacht und wirst dafür die Konsequenzen ziehen!
Hiermit stoße ich dich aus unserem Bund aus!"
„Nein!"-, kreischte der Angeklagte, während sieben der anderen acht mit ihren knochigen Fingern auf den Tisch klopften. Nur einer enthielt sich dieser eindeutigen Stimme. „Ich hatte doch nur meinen Auftrag - und diesen von dir selbst bekommen!"
„Aber ich habe ihn einem Dilettanten erteilt! Schweigjetzt, Trigam OnGen! Du gehörst nicht mehr zu uns. Ein anderer wird sich um Corina EhGon kümmern. Du hast versagt. Du bist kein Eltane mehr!"
„Eure Moral ist lächerlich!", rief der Angeklagte aus. „Der Tod des Kindes kann euch nur recht sein! Ihr wollt die Weichen für die Zukunft neu stellen, indem ihr über alle Geburten wacht und die Fähigkeiten der Kinder erstickt!"
„Trigam, das genügt!", rief der Eltane im Dunkelfeld am Ende des Tisches. „Wir haben uns vor dir nicht zu verantworten! Der Bund schützt uns vor allen Entgleisungen unseres Volkes!"
„Ich schäme mich dafür, ihm beigetreten zu sein!", rief der Angeklagte. „Er verrät alle heiligen Prinzipien unseres Volkes. Ja, ich habe Corina EhGon entführt und gequält - im Glauben an eine gute Sache. Aber inzwischen habe ich meine Zweifel. Wäre es wirklich so schlimm, unser altes Volk durch neues Blut aufzufrischen? Sind wir nicht in unseren eigenen Ansichten gefangen?"
„Trigam OnGen!", schrie der Vorsitzende der Runde außer sich. „Das sind blasphemische Gedanken! Geh jetzt! Du gehörst nicht weiter zu uns! Ein anderer wird deine Aufgabe übernehmen! Aber vorher ..." Der Eltane gab zweien der Logenmitglieder einen Wink. Stumm standen sie auf und nahmen den Angeklagten in ihre Mitte. Trigam OnGen wusste, was das bedeutete. Sie würden sein Bewusstsein teilweise löschen, damit er nichts über die Organisation verraten konnte. Zuerst wehrte er sich, aber dann wurde ihm klar, dass ihm gar nichts Besseres passieren konnte als das. Er würde wieder ein normales Leben führen und philosophieren, meditieren, dem Geist des Kosmos nahe sein. Alles andere war vergessen.
Corina EhGon schmiedete eifrig Pläne. Ihr Kind lebte. Es hatte für einige Stunden damit ausgesetzt, aber jetzt schlug sein Herz wieder regelmäßig.
Das war das Wichtigste. Sie konnte zwar nicht wissen, ob es in wenigen Monaten gesund zur Welt kommen würde, zwang sich aber zu positivem Denken. Sie redete mit ihm, erhielt natürlich keine Antwort, wenn sie seine Bewegungen in ihrem Leib außer Acht ließ. Waren sie eine Art Antwort?
Bald musste der Entführer zurückkommen. Corina hatte seit seinem Verschwinden mehrmals am Ausgang der Höhle gestanden. Wäre ihr Kind nicht wieder ins Leben zurückgekehrt, wäre sie vermutlich in ihrer Verzweiflung gesprungen, zweitausend Meter tief. Sie konnte nicht hoffen, von einem Nullschwere-Feld aufgefangen zu werden.
Aber so ...
Ihr Kind lebte. Die Genetikerin litt Hunger und
Weitere Kostenlose Bücher