2152 - Der Markt der Ito
Mir wird übel davon." Wutschnaubend steuerte Benjameen die Flugscheibe von der Plattform fort. Noch lange hallten ihnen die Verzweiflungsschreie der Sklaven im Ohr. Beinahe kollidierten sie mit einer anderen Flugscheibe. Erst im letzten Moment konnte Benjameen das Unglück vermeiden. Er war nicht bei der Sache. Tess übernahm für ihn die Steuerung. Benjameen gesellte sich mit finsteren Gedanken zu Grek und Norman. „Es ist ein furchtbares System", sagte der Maahk. „Die Sklaverei ist in ganz Tradom verbreitet, aber hier ist es am schlimmsten. Das System muss ausgelöscht werden."
„Und zwar schnell", knurrte der Arkonide. Drei der anderen fünf Monde des Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Gasriesen Keehr standen am Himmel.
Es gab - zumindest im Bereich des Sklavenmarkts - auf dieser Welt keine Vögel. Dafür gerieten die Gefährten in immer dichter werdenden Flugverkehr, je näher sie dem Zentralsilo kamen. Tess verhinderte mit phantastischen Reaktionen einen Zusammenprall. Und schließlich erreichte sie das Silo und brachte die Flugscheibe auf einer in die Luft ragenden Landeplattform herunter, einer von vielen, auf denen ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. „Sklavenhändler", knurrte Benjameen. „Allesamt. Die Ito müssen gute Geschäfte machen."
„Darauf kannst du Gift nehmen. Dort vorne ist ein Portal, das in das Silo hineinführt. Wenn wir einmal drin sind, wird man uns den Weg zum Hauptkassierer der Ito weisen." Benjameen legte die Stirn in Falten, sagte aber nichts. Die Gefährten setzten sich in Bewegung, nachdem Benjameen einen Steuerkristall aus der Lenksäule der Flugscheibe genommen hatte. Er ging davon aus, dass die Scheibe ohne ihn nicht gestartet werden konnte.
Sie durchschritten das Portal. Wie Tess es vorausgesagt hatte, wurden sie von einem Schweberoboter empfangen. Er löste sich aus einer Reihe von anderen Maschinen und kam auf sie zu. „Ich bin S-Tr-2222ho", stellte er sich vor. „Ihr seid zum ersten Mal hier? Was ist euer Ziel und euer Anliegen?"
„Wir wollen die Miete für unser neues Quartier bezahlen", sagte Benjameen. „Dann folgt mir." Der Roboter schwebte ihnen voraus in einen hell erleuchteten Gang. Die Gefährten folgten ihm, wobei sie immer wieder entgegenkommenden Tradomern ausweichen mussten, die offenbar ihre Geschäfte im Silo schon erledigt hatten. Jede Gruppe wurde von einem Schweberobot geführt. Es ging in abzweigende Gänge hinein und per Antigravschacht nach oben oder unten, ein verwirrendes Labyrinth, in dem sie sich ohne ihren Führer und ohne Hilfe durch ihre Armbandgeräte hoffnungslos verirrt hätten. Benjameen beobachtete die verstrichene Zeit. Es dauerte exakt 43 Minuten, bis sie am Ziel waren. „Hier ist die Kasse", sagte der Robot. „Ihr müsst warten, bis ihr an der Reihe seid. Natürlich stehe ich euch danach wieder zur Verfügung."
„Nett von dir", sagte Tess seufzend. Sie blickte auf die mindestens zwei Dutzend Wesen, die in einer Warteschlange vor der Tür zum Kassenraum standen.
Noch einmal zwei Stunden mussten sie warten, dann endlich war die Reihe an ihnen. Sie gingen durch die Tür und sahen sich einem riesigen Spinnenwesen gegenüber - wie erwartet einem Ito, wie sie ihn von der Transmitterstation her kannten. Benjameen ließ die drei anderen an sich vorbei und schloss die Tür. „Bitte?", fragte das Spinnenwesen mit zischender, aber verständlicher Stimme. „Was kann ich für euch tun?"
„Wir sind neu hier", sagte Tess. „Wir möchten eine Unterkunft mieten."„Das wollen sie alle. Für wie lange?"
„Das wissen wir noch nicht", gab Tess zu. „Es hängt mit unserer ... unserer Aufgabe zusammen."
„Ihr seid Händler?", fragte der Ito. „Ihr sucht Arbeitskräfte? Fast jeder Händler, der hierher kommt, ist auf der Suche nach Arbeitskräften für die unterschiedlichsten Verwendungen im ganzen Trapitz-System. Der Großteil aller zweihunderttausend Sklaven wird zu diesem Zweck bereitgehalten, verkauft, manchmal angefordert oder versandt."
Zweihunderttausend!, dachte Benjameen. Das übertraf noch bei weitem ihre Schätzungen. „Du hast Recht", sagte Tess. „Wir sind Großhändler, die auf dem Markt der Ito nach Arbeitskräften für unsere Auftraggeber suchen. Dazu brauchen wir Zeit und deshalb eine Unterkunft mit allem, was wir zum Leben benötigen." Der Ito musterte mit seinen acht Spinnenaugen nacheinander Tess, Benjameen, Grek und Norman. Besonders lange blieb sein Blick auf den Maahk gerichtet. „Aus statistischen
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