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2156 - Stimme des Propheten

Titel: 2156 - Stimme des Propheten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kauten mit ihren Knochenleisten darauf herum.
    Am auffälligsten war das dicke, fleischige Nas-Organ, das entfernt an den Rüssel eines See-Elefanten erinnerte; nur an ihm konnte man die Stimmung eines Herreach erkennen. Die Hauptstraßen entlang zogen sich die Ladengeschäfte mit darüber liegenden Wohnungen; Alaska stellte fest, dass nicht wenige Herreach Karren hinter sich herzogen, auf denen sie Waren sammelten und tauschten. Egal, ob es sich um Lebensmittel, Werkzeug, Baumaterial, Kleidung oder Haushaltswaren handelte; es herrschte ein reges Feilschen und Tauschen. Nur selten einmal wechselte ein Galax den Besitzer. Am erstaunlichsten war die Ausgeglichenheit. Trotz des lebhaften Treibens erhob sich nie eine Stimme, es gab kein Geschrei, keinen Streit, auch kein lautes Gelächter. Die eher unmelodiös wirkenden, leicht rauen Stimmen der Herreach waren als gleichmäßig dahinmurmelndes Hintergrundgeräusch zu vernehmen, das nur selten ins Stocken geriet. Der übliche Großstadtlärm fehlte, nicht einmal die Händler boten ihre Waren lautstark an.
    Von einer Massenhysterie war hier nichts zu bemerken. Alles ging seinen gemächlichen Gang, wohl wie jeden Tag.
     
    *
     
    „Mir fällt etwas auf", sagte Monkey plötzlich. „Als ich das letzte Mal hier war, hingen in allen Fenstern und Türen Kristalle. Nun tragen die Herreach sie auch bei sich." Alaska achtete erst jetzt darauf: Viele Herreach trugen feingeschliffene, vielfarbig strahlende Kristalle an einer bis zur Brust reichenden einfachen, grobgliedrigen Kette um den Hals, andere drehten sie scheinbar spielerisch in den Händen. „Ich hatte es für Schmuck gehalten, eine neue Mode, denn bisher waren sie meines Wissens nach an Schmuck nicht interessiert."
    „Nein, das bedeutet mehr, vielleicht eine Form des Aberglaubens, die durch das mysteriöse Massensterben entstanden ist", vermutete Monkey. „Das ist möglich." Alaska wurde nachdenklich. „Es wirkt alles so friedlich und harmlos, aber offensichtlich brodelt es gewaltig unter der Oberfläche."
    „Genau darum sind wir ja hier." Alaska stimmte zu. Er steuerte den nächsten Händler an, bei dem eine ganze Traube Herreach stand, und sprach sie direkt an. „Ich bin Alaska Saedelaere, einer der Unsterblichen von Terra", stellte er sich vor. „Ich bin zu Besuch hier und möchte einer Sache auf den Grund gehen. Darf ich einige Fragen stellen?" Die meisten, aber nicht alle Gesichter wandten sich ihm zu, teilweise mit leicht aufgeplusterten Nas-Organen. Alaska konnte spüren, dass er hinter den verspiegelten Brillen aufmerksam gemustert wurde. Seltsam, wie sehr er sich zu diesen Wesen hingezogen fühlte.
    Der Aktivatorträger glaubte fast ein fernes Wispern der Haut zu vernehmen. Sie konnte inzwischen kleinere Aufträge erledigen, da sie fähig war, sich für wenige Minuten von ihrem Wirtskörper zu trennen. Allerdings ließ sie sich nur sehr ungern dazu zwingen und entfernte sich nie mehr als ein paar Meter. Bezog sich die Haut etwa auf eine Verwandtschaft zu den Herreach? Immerhin verehrten die Herreach den verbrecherischen Cantrell-Mutanten und Mörder Kummerog als ihren Gott. Die Haut wiederum war einst auf Kummerogs Körper gewachsen, bevor er sie abgestreift hatte. Das aber wussten die Herreach nicht, sie sollten es auch nie erfahren. Alaska wich unwillkürlich zurück, als einer der Herreach seinen Finger ausstreckte und offensichtlich die Haut berühren wollte. Sie wand sich raschelnd um seinen Hals. „Was ist das?", fragte er. „Es wirkt so ... vertraut."
    „Es ... es stammt von Trokan", antwortete Saedelaere zögernd. „Wir haben es vor langer Zeit bei Ausgrabungen entdeckt." Er hoffte, dass die Herreach nicht die wenigen Trivid-Berichte über ihn kannten, wo sehr viel über die Herkunft der Haut spekuliert worden war. Offiziell kannte kein Terraner die Herkunft der Haut, man hatte dieses Thema stets als Geheimnis behandelt. Spekuliert wurde allerdings in gewissen Foren, in denen sich allerdings auch allerlei Verschwörungstheoretiker tummelten. „Stammt dieses Ding aus den Ayindi-Archiven?", fragte ein anderer Herreach.
    Da es nicht viel über die Historie ihrer Welt zu lernen gab, vergaßen die Herreach selten, was sie in der Schule erfahren hatten. Selbst der einfachste Bauer wusste, dass das Öffnen der Archive im Prinzip das Zeitrafferfeld zum Zusammenbruch gebracht hatte. „Ja", log Alaska erleichtert. „Also, können wir uns unterhalten?" Die Herreach sahen sich an. „Es geht um die

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