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2181 - Die Liebenden der Zeit

Titel: 2181 - Die Liebenden der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Renaturierung des Planeten Tulacame.
    Le Anyante murmelte einen knappen Befehl. Die Wohnung veränderte sich; das Mobiliar, die Wände, alles, was nur einen Hauch von Technik ausstrahlte, schien plötzlich nicht mehr zu existieren. Stattdessen blickte sie auf eine endlose, von Farben beherrschte Weite. Die Blumenfelder waren reif, der Wind wirbelte den Blütenstaub in dichten Wolken auf. Dazwischen das Blau der Seen, ein Paradies, das für kurze Zeit jeden seelischen Schmerz vergessen ließ.
    Deshalb hatte sie Morstam als Partner genommen: Seine mehr als zehn Jahrtausende alten Aufzeichnungen hielten die Erinnerung an eine schönere Zeit in ihr wach. Le Anyante schrie auf. Wehmut und Trauer hielten sie trotz allem fest im Griff. Obwohl Varantir sie anwiderte, hatte sie sich der ökologischen Gesellschaft angeschlossen. Weil der Architekt mit dem Rückbau der Fabriken Ziele vertrat, die auch sie lieber heute als morgen verwirklicht sehen wollte.
    Mittlerweile hatte sich die Gesellschaft zur Massenbewegung entwickelt. Es ging darum, die Fabriken an anderer Stelle aufzubauen, vielleicht im Orbit um Tulacame. Die technischen Mittel dafür waren längst vorhanden, und dass die Produktion der Zeitbrunnen für einige Jahrhunderte stocken würde, musste den Algorrian die Heimat wert sein.
    So ästhetisch schön die gläsernen Fabriken sein mochten, so sehr schränkten sie dennoch die Freiheit ein. Keiner schien darüber nachgedacht zu haben. Weil die Arbeit im Kosmokratenauftrag wichtiger war als alles andere. Vielleicht hatte es wirklich eines Winks des Schicksals bedurft, die Algorrian zur Besinnung zu bringen. Nichts, was geschieht, geschieht ohne Grund. Zu dieser Überzeugung war Le Anyante gelangt, und das half ihr zugleich, die zwangsläufig häufiger werdenden Begegnungen mit Curcaryen zu überstehen. Die ökologische Gesellschaft war zum Zentrum ihres neuen Lebens geworden, und nicht nur Varantir, sondern sie ebenfalls, hatten bereits ein derart hohes gesellschaftliches Gewicht erreicht, dass sie sogar in Regierungskreisen ernst genommen wurden. Vielleicht noch tausend Jahre, glaubte Le Anyante zu wissen, dann war die Gesellschaft mächtig genug, die Regierung abzulösen und ihre Absichten durchzusetzen.
    Viele Algorrian wollten die Fabriken schon heute nicht mehr, etliche zogen sogar die Art und Weise ihrer Tätigkeit für die Kosmokraten in Zweifel. Die Ungewissheit machte ihnen zu schaffen. Weil niemand wirklich erfuhr, was mit den technologisch extrem hoch stehenden Erzeugnissen von Tulacame wirklich geschah. Für welche Zwecke wurden die Genialität und die Schaffenskraft Hunderttausender Algorrian wirklich eingesetzt? Missbraucht, argwöhnte der eine oder andere schon hinter vorgehaltenen Händen. Le Anyante wusste nicht, was sie wirklich davon halten sollte.
    Schweißgebadet schreckte sie auf. Es bedurfte einiger tiefer Atemzüge, bis sie sich ihrer Umgebung bewusst wurde. Sie hatte schlecht geträumt. Von Varantir, wie konnte es anders sein, aber diesmal war er ihr sehr nahe gekommen - näher, als sie je geglaubt hatte. Und das Entsetzliche daran war, dass sie seine Berührungen nicht nur geduldet, sondern sogar als prickelnd empfunden hatte. Zum Glück nur ein Traum. Le Anyante starrte in die nebelverhangene Ebene hinaus, in die sich ihre Wohnung während ihrer Anwesenheit verwandelte. Wenige Tage noch, dann kehrte Morstam zurück. Er hatte für solche Spielereien kein Verständnis.
    Anyante wusste nicht, was geschehen würde. Nur, dass sie es in dem gläsernen Käfig ohne das Gefühl der Freiheit nicht mehr aushielt. Morstam konnte ihr das nicht bieten - und Curcaryen? Sie fröstelte. In den letzten Wochen hatten sie mehr miteinander zu tun gehabt, als ihnen lieb gewesen war. Curcaryen reagierte immer noch so unbeherrscht und ruppig wie damals. Er trat um sich, schlug und biss sogar. Aber er hatte - anders als in ihren Träumen - nicht wieder versucht, sich an sie zu drängen. Was Anyantes Argwohn von neuem schürte, er hätte seinerzeit aus rein sexuellen Motiven ihre Betreuung erwirkt.
    Ihr Traum war ekelhaft gewesen. „Ich hasse dich!", schrie Anyante außer sich vor Zorn. Der Schrei hallte in vielfachem Echo zurück. Vielleicht, dachte sie entsetzt, bin ich es heute, die ihn haben will, die einmal im Leben wissen will, wie es ist, begehrt zu werden... Und danach? Sie würde Tulacame verlassen und vor sich selbst davonlaufen. Doch zum Glück klafften zwischen solchen Gedanken und der Wirklichkeit

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