2181 - Die Liebenden der Zeit
Algorrian waren entwaffnet worden, viele hatten ihr Leben verloren. Sie selbst wäre lieber tot gewesen als auf so demütigende Weise eingesperrt. Aber die Roboterwaffe hatte sie nur vorübergehend paralysiert. Nun wartete sie, ohne zu wissen, auf was. „Le Anyante ..." Eine zwingende, Ehrfurcht gebietende Stimme schreckte sie auf. Sie sah sich um, aber da war nichts, ihr Blick verlor sich scheinbar in der Unendlichkeit. Es gab keinen Horizont, keine Mauern, nur grenzenlose Leere. „Du bist wie alle anderen der Verschwörung angeklagt. Du hast Angehörige deines Volkes gegen die Hohen Mächte aufgebracht, hast sie veranlasst, unaufschiebbare Arbeiten ruhen zu lassen, und damit den Auftrag eines Schwarms behindert ..."
„Ich rede nicht mit Unsichtbaren", unterbrach sie trotzig. „Was du Freiheit nennst, hat vielen Algorrian den Tod gebracht. Dieser Verlust ist nicht sofort zu ersetzen." Jetzt lachte Anyante. „Ich habe meinesgleichen nicht getötet!", rief sie. „Es waren die Kosmokraten, die endlich ihr wahres Gesicht zeigten... Sie sind Mörder und Sklavenhalter." Ihr Fell sträubte sich, sie fletschte die Zähne und knurrte angriffslustig - und keilte unkontrolliert mit den Hinterbeinen aus, als ein fremdes Wesen vor ihr Gestalt annahm. Und nicht nur das. Zu ihrer Rechten stand Curcaryen Varantir, stolz, erhaben und herausfordernd, trotz der energetischen Fesseln, die ihn an jeder Bewegung hinderten. Neben ihm alle Mitglieder des Komitees.
Ihnen gegenüber vier Roboter und zwischen ihnen der eindrucksvolle Fremde. Er war so groß wie ein Algorrian lang, überragte also jeden von ihnen um eineinhalb Handspannen. Sein Äußeres erinnerte an zwei rückständige Völker in Xantharaan, die auf nur zwei Beinen aufrecht gingen und nur zwei Arme besaßen. Auf einem kurzen Hals saß zudem ein annähernd ovaler Schädel. Der Körper dieses Wesens schimmerten warmem Bronzeton. Das vollendete Zusammenspiel von Muskeln und Sehnen unter der glatten Haut faszinierte Anyante vorübergehend. Auf seltsame Weise schien der Fremde - sie assoziierte ihn als männlich, ohne jedoch sagen zu können, weshalb - geschlechtslos zu sein. Seine Augen, deren Blick sie schier durchbohrte, waren künstlich wie die der Roboter neben ihm, strahlten dennoch unbändiges Leben aus. Überhaupt haftete ihm eine Ausstrahlung an, wie Le Anyante sie nie zuvor gespürt hatte; eine bedrohliche Aura. Sich diesem Geschöpf zu widersetzen, schien undenkbar.
Erst nach einer Weile identifizierte Le Anyante den Fremden als Roboter. Vielleicht war er der Kommandant einer der blauen Walzen, sie wusste es nicht.
Auf jeden Fall war er der Vorsitzende eines absurden Gerichts über die gefangenen Algorrian. „Eine Farce!", brüllte Curcaryen außer sich und am Rand seiner Beherrschung angelangt. Zum ersten Mal glaubte Le Anyante, ihn wirklich verstehen zu können. „Das Volk der Algorrian will sein Schicksal selbst bestimmen", fügte sie hinzu. „Wir sind keine Sklaven Hoher Mächte, egal, ob Kosmokraten oder Chaotarchen."
Der Roboter starrte sie an. Der Blick seiner Augen wurde eisig. „Du hast das Urteil selbst gesprochen; die Wahl, die du zu haben glaubst, wurde euch niemals eingeräumt. - Hiermit befinde ich die Angehörigen der Regierung von Tulacame des Verrats und der Rebellion für schuldig. Das Urteil kann für alle Beteiligten unter Anbetracht sämtlicher Faktoren nur Tod lauten. Es wird von mir sofort vollstreckt." Le Anyante wollte protestieren. Aber gleichzeitig schien sich der Körper des Roboters in ein optisches Negativ seiner selbst zu verwandeln. Das Letzte, was die Algorrian in diesem Leben wahrnahm, war ein blendend heller Energiestrahl.
Was ist das Leben wirklich? Illusion oder ein böser Traum? Sind wir nur Energiequanten im Fluss eines mehrdimensionalen Rechnerblocks, die von fremden Mächten manipuliert werden? Ich wünsche mir, eingreifen zu können. Vielleicht, eines fernen Tages, falls das auf ewig so weitergeht... Dies ist mein viertes Leben. Seit unserer Hinrichtung durch den Roboter der Kosmokraten bis. zu meiner neuen Bewusstwerdung sind 8026 Jahre vergangen. Curcaryen wurde ebenfalls wiedergeboren. Sind wir wirklich unsterblich? Erst jetzt erkenne ich, wie erschreckend diese Tatsache ist. Ob Fluch oder Segen, muss die Zukunft erweisen. Es ist ein schreckliches neues Leben; Tulacame liegt in Agonie. Die Roboter der Kosmokraten beherrschen den Alltag, ersticken jede Individualität. Reisen sind untersagt - gerade jetzt, da
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