2184 - Orakel in Gefahr
in den gewaltigen Schattenwurf des Horts. Kiv Aaterstam blieb plötzlich stehen. Er starrte auf die Lebkuchenhäuser, deren Türen offen standen. Dahinter wimmelte es. Augenblicke später quollen Unmengen Krun ins Freie. Stumm und reglos sahen die Jankaron zu. Keines dieser Wesen war zu groß. Sie passten alle durch die Tür.
Die Schüsse waren keinen Kiloyabaal mehr entfernt. Das peitschende Knallen der Energiewaffen versetzte die Krun in einen Zustand hysterischer Erregung. Sie prallten gegeneinander, stürzten und blieben zappelnd und mit dem Astwerk rudernd liegen. Sie stießen schrille, fiepende Töne aus, die Roxo an Sterbelaute von Mäusen erinnerten. Er balancierte die Mumie auf seiner Schulter aus und hob die Arme. „Haltet ein!", rief er laut. Die Lebkuchenhäuser schluckten geradezu den Schall. Dennoch reagierten die Krun. Sie waren klein, gerade mal einen halben Yabaal groß. Ihre Kronen luden nicht so wuchtig aus, und ihre Körper besaßen kein Blätterkleid. Dafür verfügten sie über mehrere Dutzend biegsame Äste und Zweige, an deren Enden filigrane Greifwerkzeuge mit jeweils vier Fingern saßen.
So viele Hände meisterten im Verlauf eines Tages wohl ein gewaltiges Arbeitspensum. Diese Hände waren ebenso gut in der Lage, Lebkuchenhäuser zu bauen, Maschinen zu entwickeln, Roboter und sogar Raumschiffe herzustellen. „Es sind die Kinder und die Halbwüchsigen", staunte Itchi Cultega. „Wer hätte das gedacht."
„Je nachdem, wie du den Maßstab setzt, erhältst du ein anderes Bild", meinte Roxo. „Vielleicht sind das ja die Erwachsenen, und die Sha Reitha und Mentsa sind die Uralten ihres Volkes." Es spielte keine große Rolle, wie er fand. Er trat vor, so dass ihn alle sehen konnten. „Flieht nicht zum Tempelbaum!
Die Gründerwurzel ist das Ziel des Angriffs. Verlasst die Stadt in einer anderen Richtung!"
Die Baumwesen begriffen, was er meinte. Stille breitete sich über die Gasse aus. Die Krun strömten in Richtung des Zentrums. Die vier Jankaron folgten ihnen. Sie machten sich klein, um nicht sofort aufzufallen.
Wenn sie es bis zur ersten Straße schafften, die nach Westen führte, hatten sie schon halb gewonnen. Roxo Quatron reckte immer wieder den Kopf in die Höhe. Er sah die anrückenden Valenter als Erster. „Zurück in die Häuser!", gellte sein Warnruf. Er bog ab, rannte geduckt durch den offenen Vorgarten.
Im Laufen nahm er den Leuchter von der Schulter. Er schob ihn durch die Tür, zwängte sich quer durch die Öffnung, bis die filigranen Verzierungen dem Druck nicht mehr standhielten. Sie bröckelten ab. Ein Duft von Gewürzen lag übergangslos in der Luft. Er raubte Roxo beinahe den Atem. Vor seinen Augen zogen trübe Schleier entlang. Halb blind robbte er davon. Seine Finger ertasteten die Gestalt am Boden, es war der Leuchter. Auf Knien rutschte der Jankaron weiter, zog den Guyar mit sich zu dem hellen Fleck auf der Hinterseite des Raumes. Sein Sehvermögen kehrte überraschend schnell zurück. Der Fleck war ein Fenster, aber es war viel zu klein. Als Kind hätte er hindurchgepasst. Vergebens hielt Roxo Quatron nach einer zweiten Tür Ausschau.
Inzwischen hatten Itchi, Kiv und Vett die Türöffnung weiter vergrößert. Die kleinen Krun drängten hastig nach. Sie passten zu zweit hindurch. „Einen Hinterausgang, gibt es so was?", fragte Roxo laut. Seine Worte gingen im schrillen Fiepen der jungen Krun unter. Sie hüpften zu den Fenstern, schlüpften behände ins Freie und setzten ihre Flucht fort. Aber noch immer drängten weitere durch die Tür nach. Draußen produzierten die Valenter ein Energiegewitter. Dem Zischen der Energiewaffen folgte ein Knallen und Krachen sich entladender Blitze. Roxo Quatron legte verwundert den Kopf in den Nacken. Das waren tatsächlich Schüsse in die Luft. Die Valenter feuerten nicht auf die wehrlosen Krun.
Etwas tropfte von der Decke herab. Es roch süßlich. Der Luftzug trieb dem Jankaron eine Rauchschwade ins Gesicht. Sie stank nach verkohltem Kuchen. Das Halbdunkel im Innern des Hauses wich in Sekundenschnelle einem diffusen Hellrot. Der Lichteruption folgte ein Knistern wie von Kienspänen eines jankarischen Lagerfeuers. Das Dach brannte. Die riesigen Lebkuchentafeln, deren Festigkeit keine Dachbalken erforderte, kokelten kurz, ehe sie das Feuer in wilder Glut entfachten. Die Valenter brauchten nur die Häuser anzuzünden, alles andere erledigte die Hitze. Roxo schob mit dem Stiefel den Guyar weiter in die Ecke. Er riss den
Weitere Kostenlose Bücher