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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unverschuldeter Zustand meiner einzelnen Bestandteile ist, die ich schon wieder zum Gehorsam bringen werde!“
    Er wußte ebenso wie ich, daß die Dinarun aus mehreren Familien bestanden, jede wenigstens fünf Personen zählend, und im Besitz ganz bedeutender Herden waren. Darum hatte er sich das Lager derselben ganz anders vorgestellt, als wir es jetzt sahen, und sich unseren Empfang auch ebenso ganz anders gedacht. Diese Enttäuschung schien aber keineswegs deprimierend, sondern ganz im Gegenteil sogar kräftigend auf ihn zu wirken, denn als er einen Blick über die ganze rund umher bemerkbare Ärmlichkeit geworfen hatte, begann er mit dem ganzen, lieben Gesicht zu lächeln und sagte:
    „Wie schön, wie wirklich schön ich es hier finde! Gefällt es dir nicht auch, Sihdi?“
    „Nein!“ antwortete ich.
    Ich konnte das sagen, weil wir in diesem Augenblicke unbeobachtet waren.
    „Nicht? Was bist du doch für ein sonderbarer Mensch! Mir gefällt es außerordentlich. Weißt du, warum?“
    „Nun?“
    „Weil ich sehe, daß diese Leute arm sind, so arm, daß es mich erbarmt! Wir werden gebraucht, Sihdi; wir werden gebraucht! Das macht mich froh! Du weißt, daß ich tausendmal lieber gebe, als daß ich nehme. Nehmen kann auch der Faule und der Kranke! Aber wer geben und dem anderen nützlich sein will, der muß tätig sein und sich zusammenraffen. Als ich die Dinarun vorhin für reich hielt, war ich schwach. Jetzt sehe ich, daß wir ihnen helfen müssen, nun schau, was ich tue!“
    Er wollte aus der Sänfte heraus, ohne sich unterstützen zu lassen. Ich war noch nicht abgestiegen, drängte mein Pferd zu ihm hin und warnte:
    „Nicht unvorsichtig, Halef! Du bist – – –“
    „Was bin ich?“ fiel er mir in die Rede. „Nicht mehr schwach, sondern stark bin ich. Da, paß auf! Willst du es etwa hindern?“
    Er wandte sich blitzschnell auf die andere Seite hinüber, stieg über den Rand der Sänfte, hielt sich am Sattelhorn fest, glitt von dem Kamel herab und kam zu mir herüber.
    „Nun? Was sagst du jetzt?“ fragte er. „Bin ich noch immer krank?“
    „Sogar sehr!“ antwortete ich, indem ich mich vom Pferd schwang. „Das, was du tust, kann man nur im Fieber tun!“
    „Fieber? Fällt mir gar nicht ein! Hier hast du meine Adern. Greif hin, soviel du willst!“
    Ich tat, was er wollte. Sein Puls schlug matt, aber regelmäßig – ein wahres Wunder! Seine Augen glänzten und sein Gesicht strahlte, aber nicht in Fieberhitze, sondern vor Freude.
    „Nun?“ fragte er.
    „Halef, sei vorsichtig!“ warnte ich. „Du bist jetzt einen Augenblick frei, aber es wird – – –“
    „Was wird?“ unterbrach er mich. „Du meinst, jenes alte, zahnlose Weib werde wiederkommen? Mag sie! Sie wird auch wieder gehen müssen! Jetzt aber laß uns essen und mit dem Scheik der Dinarun verhandeln. Du siehst, daß er sich darauf vorbereitet hat.“
    Ja, man hatte sich auf unser Kommen eingerichtet. Die Luft trug den Duft bratenden Hammelfleisches von den Feuern zu uns herüber. Einige Frauen breiteten Decken aus, auf denen die Speisenden sitzen sollten, und stellten daneben Gefäße mit Wasser, welches aus einer bergseits hervorfließenden Quelle geschöpft worden war.
    Nafar Ben Schuri kam, um uns zum Essen einzuladen. Halef erklärte sich sofort bereit und folgte ihm. Mir wurde himmelangst um den kleinen Freund. Typhus – – – und gebratener Hammel, vielleicht sogar der fürchterlich fette Schwanz desselben, welcher den Gästen stets geboten wird, weil er als das beste Stück des Bratens gilt! Das konnte sein Tod sein!
    Ich nahm mir gar nicht Zeit, erst unsere Pferde abzusatteln, sondern führte sie hin zur Stelle, wo gegessen werden sollte, pflockte sie dort an und setzte mich zu dem Scheik und Halef nieder, welcher gar nicht säumte, die Hände zu falten und mit einem lauten „Be ism lillahi“ das Essen einzuleiten.
    Der Scheik legte ihm wirklich das dickste, vom Fett triefende Schwanzstück vor, und Halef nahm es an. Ich wollte ihn daran hindern; da aber sah er mir einige Sekunden lang still in das Gesicht. Er sagte kein Wort dazu; aber dieser Blick bedeutete mehr als alle Worte: Er verbat es sich, als kranker, unselbständiger Mann behandelt und – – – blamiert zu werden. Wie ich ihn kannte, mußte ich nun still sein. Er war jetzt Scheik der Haddedihn und Gast der Dinarun. Das wollte er sein, und ich hatte mich zu fügen!
    Ich tat dies nur mit Anwendung aller meiner Selbstbeherrschung. Dies macht mich

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