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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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der Lockenkopf sein Handy gefunden? Wussten Rajid und die tansanischen Agenten schon, dass er zuletzt mit einem Stabsoffizier der US Air Force telefoniert hatte?
    Ich bin tot, dachte Ostwald erschreckt.
    Er verwünschte den Tag, an dem er nach Casablanca gekommen war. Eins wusste er: Mit Gnade konnte er nicht rechnen. Er war hier in einen Bereich, in dem er nichts zu suchen hatte. Er oder ich. Omar hatte keine andere Wahl: Der Lockenkopf musste sterben.
    Ostwald spannte seine Muskeln an, huschte dicht über dem Boden in eine Nische zwischen zwei Regalen und wartete darauf, dass der Wächter an ihm vorbeikam.
    Kurz bevor es so weit war, pochte sein Herz derart laut, dass er glaubte, es würde ihn verraten. Doch der Mann im Affenjäckchen hörte nichts. Er huschte an der Nische vorbei. Ostwald holte aus und schlug zu.
    Dumm war nur, dass der Lockenkopf genau in dem Moment den Kopf drehte. Seine Reaktion war bewundernswert: Er ging blitzschnell in die Knie.
    Ostwalds Hand zischte über den Kopf des Mannes hinweg. Dann fuhr etwas sengend Heißes über seine Schläfe. Die Knie gaben unter ihm nach. Ihm wurde speiübel. Dann erst hörte er den Knall. Blut lief in seine Augen.
    Kopfschuss, dachte er. Gütiger Gott. In seinem Hirn ging das Licht aus.
    ***
    Taraganda, Juni 2524
    Obwohl Lays Eloquenz so begrenzt war wie ihre englische Grammatik, hatten sie und Rulfan in der Nacht zuvor das Verschwinden der Taragander ausführlich debattiert.
    Resultat: Der Stamm hatte in diesem Gebiet keine organisierten Feinde, die er fürchten musste. Raubkatzen überlegten es sich in der Regel dreimal, ob sie es wagten, sich mit den Zilverbaks anzulegen. »Kein Tier mutig genug, sich anlegen mit unser Stamm«, hatte Lay radebrecht.
    Doch warum hatten die Zilverbaks das Fort verlassen?
    Bruchstellen in den Pfahlhäusern, frische Erdhügel und Bodenspalten erweckten den Anschein, dass die Erde in der näheren Umgebung Taragandas vor kurzem gebebt hatte.
    Rulfan pirschte von einem Indiz zum nächsten. Zarr rutschte wie ein Hund auf allen Vieren mit der Nase am Boden entlang und verfolgte Spuren, die Menschen nicht sahen. Irgendwann verspürte Rulfan Durst und nahm den Wassersack, den sie mitgebracht hatten. Leider hatte Lay, die in der Küchenhütte das Mittagsmahl zubereitete, den letzten Rest in den Grießbrei gekippt, der auf dem Feuer brodelte.
    Rulfan nahm den leeren Wassersack und begab sich an den Teich, um ihn zu füllen. Da der Durst ihn heftig plagte, kniete er sich zuvor hin und trank Wasser aus der hohlen Hand. Dabei fiel ihm auf, dass das Gewässer seicht – einen halben Meter tief? – und feinsandig war. Es durchmaß etwa zehn Meter. In der Mitte wuchs ein kleiner Schilfwald, in dem sich etwas verfangen hatte, das gläsern aussah…
    Rulfan kniff die Augen zusammen. Irgendwo hinter ihm hörte er Zarr etwas rufen. Als er sich umdrehen wollte, packte ihn ein plötzlicher Schwindel. Der Wassersack entfiel seiner Hand und klatschte ins Wasser. Lay kam aus der Küchenhütte gestürzt. Zarr gestikulierte. Was…? Drohte ihnen Gefahr? Was hatte Zarr entdeckt? Lay winkte Rulfan zu, der Mühe hatte, nicht umzufallen. Zarr lief nun wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen durch das offene Tor.
    Lay rief »Rulfan! Rulfan, komm!« und folgte ihm.
    Im Nu waren sie verschwunden.
    Rulfan wäre schon deswegen gern mit ihnen gegangen, um nicht allein zu sein. Er sah sich plötzlich von Dämonen umzingelt, die fast nur aus Reißzähnen bestanden. Sie sprangen aus dem Wasser und schnappten nach seiner Kehle. Er sprang mit einem Schrei auf, zückte seinen Säbel und schlug um sich. Doch die Biester waren zu zahlreich. Er musste die Flucht ergreifen!
    Um sich schlagend, zog er sich zurück. Doch die Dämonen waren gewandt! Sie sprangen aus dem Stand zwei Meter hoch in die Luft und wichen ihm aus. Sie verfolgten ihn und schnappten ständig nach seinen Waden. Rulfan trat fluchend aus. Er rannte durchs Tor hinaus und suchte seine Freunde. Leider fand er sie nicht; also schlug er sich, von Kreischen und Gackern verfolgt, seitwärts in die Büsche.
    Er fiel in den Dreck, rappelte sich auf, riss die Dämonen, die sich an ihn klammerten, ab und köpfte sie im Dutzend. Seltsamerweise nahm ihre Zahl nicht ab.
    Rulfan schrie um Hilfe, doch er hörte nur ein Winseln. Seine Sinne versagten. Er war außer sich. Angst schnürte seine Kehle zu. Sein Herz wummerte. Sein Mund war trocken. Vor seinen Augen kreisten Spiralnebel. In seinen Ohren war ein Chaos

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