2202 - Der Hyperschock
mir. Zumindest erkennt er mich an, er stellt sich in diesem sehr persönlichen Moment zu mir, und das ist mehr, als ich je erwarten durfte. „Ich mache dir keinen Vorwurf ... Vater." Zum ersten Mal ist es heraus.
Und ich gebe es zu, ich bin stolz darauf. Ich, der Sternenbastard. In vitro herangezogen. Ich habe keine Mutter, aber einen Vater, das spüre ich in diesem Moment, und es ist tröstlich.
Dann stelle ich die Frage, die schon lange in mir brennt: „Erzählst du es mir nun?"
Perry weiß, worauf ich anspiele - auf den Zeitpunkt meiner Zeugung, meiner Entstehung. Er starrt aus dem Fenster, den Blick in weiten Fernen.
Ebenso wie ich muss er nun noch einmal alles durchleben, vielleicht mit einem ähnlichen Bedauern. „Ich spreche zum ersten Mal darüber", fängt er an. „Niemand weiß davon, auch nicht meine besten Freunde.
Ich habe selbst lange nicht mehr daran gedacht. Es war vorbei, dachte ich."
Errichtet seine Augen auf mich, und der Blick kommt mir seltsam vertraut vor. So habe ich mich selbst schon im Spiegel gesehen, in Momenten wie diesen, die das Innerste nach außen kehren. Ich weiß, dass auch er sich in dieser Sekunde in mir erkennt. „Ascari übte von Anfang an eine magische Anziehungskraft auf mich aus", fährt mein Vater fort. „Sie hatte mehrmals versucht, mich zu verführen. In der Calditischen Sphäre dann, als wir ganz -allein waren und nichts tun konnten, war es alles ganz anders, wie ... neutral, ohne den ganzen Hintergrund, die Verpflichtungen. Wir ließen für einen Augenblick alles hinter uns, und so führte eines zum anderen."
Er hebt die Hände. „Du weißt sicher, dass meine erste Frau Thora eine Arkonidin war. Manchmal erinnerte Ascari mich an sie. So schön, so stolz. Ich denke, es kam eine Menge zusammen.
Ich kann es nicht erklären. Es geschah einfach."
Für einen kurzen Moment ist ein Leuchten in seinen Augen, als er noch einmal in die Vergangenheit zurückkehrt. Es muss zumindest in jenem Moment schön gewesen sein, vermutlich leidenschaftlich ... Ja, auch das tröstet mich. „Hast du sie geliebt?", frage ich. „Nein. Sie mich ebenso wenig."
„Hast du es bereut?", stelle ich dieselbe Frage wie er zuvor. „Nein", gibt er ehrlich zu, so wie ich. „Nicht eine Sekunde. Aber Ascari.
Vielleicht kam sie nicht darüber hinweg, dass sie die Kontrolle verloren hatte, ich weiß es nicht. Jedenfalls gab es danach keine Basis mehr zwischen uns. Wir waren galaxienweit voneinander entfernt."
Ich reibe grübelnd meinen Kinnbart. „Vielleicht hat sie dich nur benutzt."
Er schüttelt den Kopf. „Nein, ganz sicher nicht. Das war nicht geplant. Es wäre sonst ganz anders verlaufen."
Ich denke, er hat Recht. Wahrscheinlich war meine Mutter zunächst tief schockiert, als sie merkte, dass sie schwanger war. Und dann erst reifte in ihr der Plan, mich als Waffe zu benutzen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, tut sie mir fast Leid. Sie ist armselig.
Und ich habe dummerweise ihren starken emotionalen Trieb geerbt, den aggressiven Wunsch nach Rache.
Hätte sie je gedacht, dass sich ihre Waffe gegen sie selbst richten würde?
Perry erzählt mir mehr über sich, vor allem sein Verhältnis zu meiner Mutter, in doppeldeutigem Sinne: Es ist nicht leicht für ihn. Diese ganze Situation muss ihm wie ein Alptraum vorkommen, aber- er hält sich erstaunlich gut. Professionell.
Dennoch, je länger wir uns unterhalten, desto mehr spüre ich, wie bewegt er ist. Die Gedanken müssen sich in seinem Kopf schier überschlagen, und er wird ebenso wie ich verzweifelt darüber nachdenken, wie es nun weitergehen soll. .Das ist dann auch die wichtigste aller Fragen, die ich nun stellen muss, nachdem wir alles geklärt haben: „Was machen wir nun?"
„Wir befinden uns in einer sehr prekären Lage", antwortet Perry. „Du bist Zündstoff, solange du auf freiem Fuß bist. Es kann sich ein Konflikt mit Arkon daraus entwickeln, und die LFT ist dem Kristallimperium militärisch nach wie vor unterlegen. Während in der LFT niemand deine Herkunft kennt, ist sie auf Arkon an höchster Stelle nur allzu bekannt."
„Es wäre nicht das erste Mal, dass wegen einer Familienstreitigkeit ein Krieg entfacht wird", murmle ich. „Ich sehe ehrlich gesagt keinen Ausweg.
Habe ihn nie gesehen. Denn ich musste hierher kommen."
„Darüber bin ich mir im Klaren", antwortet mein Vater. „Aber ebenso bin ich mir darüber im Klaren, dass du mich um Asyl gebeten hast, und auf Grund der besonderen Situation kann und
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