2203 - Die neuen Sonnen
eigentlich bei den Terranern will." Er wandte sich an mich. „Was sind deine Pläne? Welche Motive leiten dich?"
Ich stützte meine Ellenbogen auf den Tisch und beugte mich vor. „Das Kristallimperium macht Jagd auf mich. Ich will nicht Bostichs Häschern in die Hände fallen."
„Ist das alles?", erkundigte sich der Arkonide. „Hast du keine Pläne für die Zukunft?"
„Ich will ehrlich sein", antwortete ich. „Zunächst einmal möchte ich mir meinen Vater ansehen. Den Mann namens Rhodan habe ich mein Leben lang studiert, aber als Mensch ist er mir fremd. Außerdem ist er möglicherweise meine persönlichste Bindung. Ich war eine Waise, jetzt habe ich einen Vater."
Frag nicht nach meiner Mutter!
Ich ließ keinen Zweifel daran, dass Rhodan sich in meinen Augen erst qualifizieren musste. Wie sollte ich ihm sonst Vertrauen entgegenbringen? Er war ein Terraner!
Ich nannte alle Dinge schonungslos beim Namen. Dass ich bei den Terranern offizielles Asyl genoss, war bekannt.' Schließlich wussten die Verantwortlichen an Bord der LEIF ERIKSSON von meiner Tat und mussten davon ausgehen, dass mich die Arkoniden jagten.
Ich begriff zum ersten Mal, dass es auch seine Vorteile hatte, als Mann zweier Welten aufgewachsen zu sein.
Ich war ein Bastard - und deshalb durfte ich mich auch wie einer benehmen.
Ich war keiner, der sich auch nur einen Augenblick lang vor Autoritäten duckte.
Als wir den Besprechungsraum verließen, legte Mal Detair mir die Hand auf den Unterarm. Ich schüttelte sie unwirsch ab.
„Du hast es so gewollt", sagte er. „Natürlich musste er seine Vaterschaft öffentlich machen. Es hätte dir klar sein müssen, als du beschlossen hast, ihn aufzusuchen und einzuweihen. Du hast ihn erst in diese Lage gebracht. Er hatte gar. keine andere Wahl."
Ich glaubte mich verhört zu haben. „Ich habe ihn in diese Lage gebracht? Das war er selbst. Ohne ihn gäbe es mich nicht!"
„Du weißt, wie ich es meine ..."
Sicher wusste ich das, aber ich war verwirrt. Einerseits war ich stolz darauf, dass Perry Rhodan sich zu mir bekannt hatte - wenngleich bisher nur im engsten Kreis. Andererseits hatte er lediglich Schadensbegrenzung betreiben wollen.
Ich hatte mich lange genug mit ihm beschäftigt, um zu wissen, wie er dachte.
Mein Asyl ... meine Anwesenheit in der Zentrale ... Irgendwann wären Gerüchte kursiert, und dem hatte er vorbeugen wollen.
Wer war diese Person, die sich überall ins Rampenlicht stellte und die niemand kannte? Rhodans Sohn!
Ich gehörte jetzt offiziell in eine Reihe mit Thomas Cardif, Suzan, Roi Danton, Eirene und Delorian Rhodan. Alle Kinder Rhodans waren illustre Gestalten gewesen, deren Leben nicht ohne Tragik verlaufen war.
Vor allem die drei Söhne. Ich war der vierte ...
Cardif hatte seinen Vater gehasst. Er starb durch spontane Zellwucherung, als er im Auftrag der Antis erst Rhodans Zellaktivator und dann seine Position als Erster Administrator des Solaren Imperiums übernehmen wollte ...
Roi Danton war als Michael Reginald Rhodan geboren worden. Er war in seiner Jugend ausgerissen, um 'nicht länger im Schatten seines Vaters stehen zu müssen, und hatte sich heimlich zum König der Freifahrer hochgearbeitet. Später hatte er für seine Verdienste um die Menschheit einen Aktivator bekommen und war in die Führungsspitze aufgestiegen ...
Delorians Schicksal war am eigenartigsten. Sein Vater hatte ihn nie zu Gesicht bekommen. Er war während der Odyssee der SOL zur Welt gekommen und hatte sich als wahres Kuckucksei erwiesen - oder als Wechselbalg ...
Wenn ich an seine Rolle bei der Entstehung der Superintelligenz ES in fernster Vergangenheit dachte, schwindelte mir noch immer.
Delorian Rhodan hatte die Existenz der Superintelligenz erst ermöglicht!
Und nun ich, Kantiran ...
Seit meiner Kindheit hatte ich auf niemanden Rücksicht nehmen müssen. Ich war immer gut mit mir zu Rande gekommen.
Meine Pflegeeltern waren einfache Leute gewesen, die mich zur Treue gegenüber dem Imperium erzogen hatten.
Aber als ich von meiner Herkunft erfuhr, war plötzlich alles anders geworden.
Meine leibliche Mutter hatte sich als Katastrophe für mich herausgestellt, die mir die Liebe meines Lebens genommen hatte.
Und ich hoffte, dass mich mein Vater, ein Unsterblicher, nicht ebenso verriet.
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich ihn nicht zur Rede gestellt hätte?
Wenn schon einsam, dann gleich richtig, überlegte ich. „Gefühle sorgen nur für Probleme" - so hatte jahrelang
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