221 - Feindliche Übernahme
geschaffen?«
»Ich… weiß nicht. Ja, ich denke schon. Ich… ein Sohn der grünen Götter… das ist der Hammer.«
»Auch wenn du nicht anders kannst, als deine Aufgabe wahrzunehmen, möchte ich dich noch einmal daran erinnern, dass du mich und vor allem Daa’tan nach Kräften unterstützt. Er ist ebenfalls ein Kind der grünen Götter, wenn auch anderer Natur, und er wird deine Hilfe brauchen. Ich bin sehr froh, dass ich dich hier gefunden habe. Es gibt nämlich nicht sehr viele Modelle auf diesem Planeten.«
Mombassa neigte den Kopf. »Ich versprech, dass ich mein Leben für euch geben werde. Wenn’s sein muss, erobere ich die Fliegenden Städte alleine.«
»Gut. Darf ich eine Bitte äußern, Mombassa?«
»Wieso bitten, wenn’de mir alles befehlen kannst, Gott Grao?«
»Ich würde gerne die beiden Stücke des grünen Götterhauses haben. Gibst du sie mir?«
»Aber natürlich, Gott Grao. Wenn’s dich freut. Willste dir ‘ne Wohnung draus machen?«
»Nein. Dazu bräuchte ich mehr. Hast du noch mehr von den Kristallen?«
»Nein, leider nicht. Hätt ich geahnt, dir zu begegnen, Gott Grao, hätt ich selbstverständlich des ganze Haus mit mir rumgeschleift.« Er brach die Kristalle aus den Augenhöhlen des Lioonschädels und überreichte sie Grao feierlich.
Der Daa’mure nahm sie entgegen. Er würde sie später daraufhin untersuchen, ob noch Fragmente des fremden Daa’murengeistes darin gespeichert waren. Einstweilen stülpte er einen Hautlappen seines wandelbaren Körpers aus und verbarg die beiden Kristallsplitter darin.
***
Am Weißen Nil, Anfang April 2524
Während Nefertari weiter nach Süden ritt, dachte Aruula über deren Vorwürfe nach. War sie tatsächlich zu weich? Nein.
Oder doch? Sie war eine Kriegerin und tötete, wenn es nicht anders ging, ohne Gewissensbisse. Im Kampf allerdings nur oder in Notwehr. Eine Mörderin war sie nicht. Und sie achtete Werte wie Treue, Freundschaft und Ehre hoch. Das hatte mit Weichheit nichts zu tun.
Andererseits hatte sie sich schon öfters dabei ertappt, dass sie es Daa’tan gegenüber an der nötigen Strenge fehlen ließ.
Wo sie früher kompromisslos gehandelt und ihren Willen durchgesetzt hatte, verhielt sie sich ihm gegenüber zu oft nachgiebig und milde. Färbten diese Muttergefühle unbewusst auch auf andere Situationen ab? Aruula erkannte plötzlich, dass sie sich noch nie so sehr als Frau gefühlt hatte wie in den letzten sechs Jahren, seit sie Mutter war.
Trotzdem: Sie war nicht schwächer geworden. Weiblicher vielleicht, das schon. Und damit eben ein bisschen anders als früher.
Ließ sich in dieser neu erwachten Weiblichkeit auch der Grund dafür finden, dass sie das Lager des Padischahs von El Assud nicht mit Abscheu, sondern mit spontan erwachter und dann ungezügelter Gier geteilt hatte? Oder war es seine Ausstrahlung gewesen, und dieser betörende Geruch, der ihr alle Zurückhaltung geraubt hatte?
Heute, mit dem nötigen Abstand, verstand sie nicht mehr, was sie an ihm gefunden hatte. Und schließlich hatte sie Saad ja auch im Kampf getötet, ohne mit der Wimper zu zucken.
Also hatte sie nichts von ihrer Härte eingebüßt. Aruula war fast erleichtert, als sie dieses Fazit ziehen konnte.
Vier Tage ritt Nefertari am Nil entlang, ohne dass etwas Aufregendes passierte. Zwei größere Schiffe kamen flussaufwärts an ihr vorbei und in der Wüste bemerkte sie zwei einsame Kamshaa-Reiter. Mehr Menschen begegnete sie nicht.
Sie stach kleinere Fische aus dem Wasser, briet sie auf heißen Steinen und trank aus dem Fluss.
Aruula stellte mit Respekt fest, dass sie von der Königin durchaus noch etwas lernen konnte. Die ständige Angst, die Beduuns könnten sie einholen, erwies sich als unbegründet.
Keiner tauchte mehr auf. Wahrscheinlich war nach dem Tod ihres Clanchefs und der Heilerin das große Chaos ausgebrochen und die Beduuns hatten anderes zu tun, als die Geflohene zu verfolgen.
Da Nefertari darauf drängte, mehr über Aruula zu erfahren, erzählte ihr die Kriegerin aus ihrem Leben vor Maddrax, aus ihrer Vorstellungs- und Götterwelt. Wudan spielte eine zentrale Rolle in ihren Berichten. Und natürlich Orguudoo. Aber mit dem, was Nefertari eigentlich hören wollte, rückte sie noch nicht heraus.
Ich kann es erst tun, wenn wir Daa’tan gefunden und an seinem Tun gehindert haben, sagte sie ehrlich. Denn dies ist meine Rückversicherung, dass du nicht plötzlich dein Versprechen vergisst und die Richtung änderst.
Am fünften Tag
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