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2212 - Menschheit im Aufbruch

Titel: 2212 - Menschheit im Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ihr sehr drastisch die Folgen einer wirtschaftlichen Katastrophe erklärten.
    Nur der Blue beteiligte sich nicht an der Diskussion. „Ich mache mir um mein Volk mehr Sorgen als um die Terraner", gestand er zögernd. „Ihr fallt doch stets auf die Füße."
    „Weil wir wissen, wofür wir uns einsetzen", sagte Solk.
    Der Blue verzog die Mundöffnung im schlauchförmigen Hals. Zugleich kniff er die beiden Augen der linken Kopfhälfte zusammen und wiegte den Schädel. „Das wissen andere Völker ebenso. Ich versuche vergeblich, euch zu begreifen. Dabei lebe ich seit zehn Standardjahren auf Terra. Bald werde ich nach Gatas zurückkehren." Er zog die wulstigen Lippen noch weiter auseinander und entblößte sein Mahlgebiss. „Bald?", fragte Solk irritiert. „Ich würde mich keinem Transmitter mehr anvertrauen, selbst wenn er über ausreichend Energie verfügt. Und ein Raumschiff ...?"
    Gelassen neigte der Blue den Kopf. Aus den vorderen zwei Augen fixierte er sein Gegenüber. „Warum sagst du nicht einfach, wir testen einen Transmitter? Oder: Wir starten ein Raumschiff – es wird schon schief gehen. Das erwarte ich von einem Terraner."
    Othaft starrte den Tellerkopf an. Dann schweifte sein Blick weiter. Vergeblich suchte er den Himmel nach Fluggleitern ab. Er fragte sich, was er als Einzelner unternehmen sollte. Seine Arbeit wäre so vielversprechend gewesen wie ein Regentropfen, von dem erwartet wurde, dass er den Gobi-Park bewässerte.
    Es war AL Kammerers Schicksal, das ihn belastete. Der Freund hätte nicht zu sterben brauchen, wenn ein Medoteam rechtzeitig erschienen wäre. Seine Kiefermuskeln verkrampften, als er in stummem Zorn die Zähne zusammenbiss.
    „Wir kommen vom Hanse-Ring", legte der Blue klar. „Dort ist alles schon ein Stück weiter als hier.
    Erst gab es Nahrungsmittel und Wasser, seit kurzem auch wieder begrenzt Energie. Inzwischen wird die Rohrbahn in Gang gebracht."
     
    *
     
    Solk Othaft floh vor sich selbst. Er starrte auf die vorbeihuschende Tunnelwandung, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Nur beiläufig registrierte er, dass die sonst üblichen Trivid-Programme nicht eingespiegelt wurden.
    Vor dem Canopus-Boulevard tauchte die Röhrenbahn an die Oberfläche empor. Ein heftiger Sturm wirbelte Laub und Unrat vor sich her.
    Außer ihm gab es noch ein Dutzend Fahrgäste. Sie starrten ihn an. Solk Othaft verließ den Wagen an der nächsten Haltestelle. Er fröstelte und schlug sich den Kragen höher. Es war entschieden zu kalt für die Jahreszeit. Außerdem regnete es leicht.
    In der Ferne glitten zwei Bodenfahrzeuge dahin. Container waren auf ihren Ladeflächen aufgetürmt.
    Solk folgte ihnen. Die Prachtstraße von einst wirkte trist und grau; sie lag nach wie vor im Dämmerschlaf.
    Keine schrille Leuchtreklame, keine Holos, die sich plötzlich aufbauten. Stattdessen rauften Vögel kreischend um ein Beutestück. Sie ließen sich von dem Mann nicht stören, der gegen den Sturm ankämpfte. Von irgendwoher erklang das Kläffen eines Hundes.
    Solk fühlte sich leer und ausgebrannt. Niemals hätte er geglaubt, dass sich die Zivilisation von einem Tag auf den anderen so verändern könnte. Die wirtschaftlichen Folgen hatte er noch gar nicht bedacht: Seine Geldangelegenheiten hatte bislang der kleine Heimsyntron koordiniert, die Ausgaben waren zudem über den Bankchip geregelt worden, den er im linken Handrücken trug. Nur wenn er die Hand ballte, zeichnete sich die flache Erhebung des Biochips unter der gespannten Haut ab.
    Der Gedanke, sein Kontostand könnte von der Erhöhung des Hyperphysikalischen Widerstands gelöscht worden sein, ließ ihn jäh innehalten. Überprüfen konnte er das, indem er das nächste Einkaufszentrum aufsuchte und irgendetwas erwarb. Eine nur potenzielle Möglichkeit, solange die Luxusshops auf dem Boulevard geschlossen waren.
    Fahrzeuggeräusche schreckten ihn auf. Nicht weit vor ihm bog ein Lastenschweber aus einer Seitenstraße ein. Die große Ladefläche war mit einfachen Bänken versehen worden, und sie waren bis auf den letzten Platz besetzt.
    Solk begann zu laufen, doch er holte das Fahrzeug nicht ein.
    Zur Rechten, hinter den kahlen Fassaden, sah er das obere Drittel der Solaren Residenz. Er blinzelte, schaute wieder hin – und verstand erst allmählich, was ihn irritierte. Da war der Lichtschein aus dem Innern, der die Seitenflügel umfloss wie eine sanft blaue Aura. Die dunklen Punkte dazwischen, die sich nur langsam bewegten, schienen Gleiter zu sein. Sie

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