2212 - Menschheit im Aufbruch
Tages gibt es alles kostenlos, sogar den Sekt. Es geht wieder aufwärts!"
Dass sie seinen Überschwang nicht teilte, schien ihn nicht zu stören. Minuten später drückte er Shada ein Bratenstück in die Hand, das sich in der Packung selbsttätig erwärmte. Sie aßen schweigend, und die anderen an den Fahrzeugen hantierenden Arbeiter gesellten sich zu ihnen. Sie hatten die erste warme Mahlzeit seit Tagen. Danach kreisten tatsächlich zwei Sektflaschen.
„Eine Spende der LFT", sagte jemand grinsend.
„Das darf schon sein. Wir machen hier schließlich die Drecksarbeit."
„Wir versuchen, unsere Welt am Leben zu erhalten", widersprach Shada. „Das hat mit Dreck nichts zu tun, Pirkas. Also weiter! Und keine Müdigkeit vorschützen."
Nicht einmal eine halbe Stunde später wurde Shada gemeldet, dass das mühsam zusammengebaute Kraftwerk in Betrieb gegangen war.
„... keine Sicherheitsprobleme. Hier unten ist wieder alles hell; die Leistung reicht aus, um die Bandstraßen anzufahren."
„Noch nicht", wehrte die Logistikerin ab. Ein Blick in die Runde zeigte ihr, dass soeben der zweite Gleiter mit einer Brennstoffzelle ausgerüstet wurde. Zufrieden nickte sie. „Ich lasse die Gravitrafspeicher aus den Fahrzeugen ausbauen und nach unten schaffen. Sie sind leer – aber wenn ich die letzten Informationen vor dem Zusammenbruch richtig interpretiere, können wir sie mit geringer Kapazität wieder aufladen. Zwanzig oder dreißig Prozent Leistung sind besser als gar nichts und reichen aus, um Antigravkräne und andere Hilfsmittel in Gang zu bekommen. Ich kann mir vorstellen, dass die Betreiber der Lebensmittellager über derartige Unterstützung hocherfreut sein werden. Danach bauen wir weitere unserer Kleinreaktoren zusammen. Wir werden die nächsten Tage und Nächte in drei Schichten durcharbeiten."
„Transmitter 4/B ist aktiv – Leute, wer hat die Kiste hochgefahren? Die Strecke ist wegen eines Hypersturms gesperrt, und das gilt, verdammt noch mal, für jeden!"
Feuerrot im Gesicht, die Fäuste in die Hüfte gestemmt, blickte der Leitende Ingenieur um sich. Er sah Kopfschütteln und betretene Gesichter.
Ein düsteres, rötlich schwarzes Wabern spannte sich zwischen den beiden Säulen. 4/B war keiner der hintereinander geschalteten Frachttransmitter, sondern diente dem Personenverkehr. Umso erschreckender erschien die Veränderung, die mit dem Empfangsfeld vor sich ging. Energetische Eruptionen blähten sich wie Protuberanzen auf und stießen eineinhalb Meter weit in die Halle vor.
Der Leitende Ingenieur kam näher. „Du hast 4/B gewartet!" Seine Stimme vibrierte vor Erregung.
Für einen Moment hatte es den Anschein, als wolle eine verzerrte Gestalt materialisieren. „Medoroboter zur Transmitter Station!", brüllte eine laute Stimme durch die Halle. „Medoroboter zur ..."
„Das Gerät war abgeschaltet", behauptete Solk Othaft schwach. Er zweifelte fast schon an sich selbst.
Aber so konnte er sich nicht täuschen, er ... Alarm heulte auf. Gleichzeitig wogte die Energiewand Blasen werfend. Konturen zeichneten sich ab, die Umrisse einer menschlichen Gestalt, dann brach das Wabern auf. Solk kannte den Mann, der gegen die Energien ankämpfte. Beinahe schien es, als wolle ihn der Hyperraum zurückhalten. „Al", brachte er ungläubig hervor. „Al, was ist los?"
Wachen hatten sich im Halbkreis aufgebaut, sie hielten schwere Strahlwaffen in den Armbeugen.
„Nicht schießen!" Solk machte einen Schritt nach vorn, dann einen zweiten. Al wandte sich ihm zu, und noch während der Bewegung zehrte ihn die Energie auf. Seine Wangen fielen ein, die Haut wurde spröd und rissig, dann brachen die Knochen durch. Ein Totenschädel starrte Othaft entgegen.
Er schrie, wie er nie zuvor geschrieen hatte ...
... und blickte verwirrt um sich. Er brauchte einige Atemzüge, um zu verstehen, dass er sich nicht in der Transmitterstation aufhielt – es würde vielleicht niemals mehr eine funktionsfähige Transmitterverbindung geben -, sondern immer noch in der Wohnung, die er sich mit Alex geteilt hatte.
Sein Blick schweifte über den langflorigen Teppich. Er hatte bislang nicht die Kraft gefunden, das angetrocknete Blut zu entfernen. Deutlich zeichnete sich ab, wo Al selbst zwei Tage nach seinem Tod noch gelegen hatte. Kein Medoteam war gekommen. Solk hatte so etwas nie erlebt. Alle Kommunikationsverbindungen tot, nicht ein einziges Trivid-Programm, keine Gleiter in der Luft und nur hin und wieder in der Ferne ein landendes
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