2213 - Der Traum von Gon-Orbhon
Humanoiden. Sie schwebte dicht über der Wasserfläche. Mondra wusste sofort, um wen es sich handelte. Um den Gott Gon-Orbhon!
Der Gott Gon-Orbhon war ein furchtbares, gewaltiges, vor allem aber allmächtiges Wesen.
Seine Augen waren verschlossen, würden sich aber irgendwann in naher Zukunft öffnen, und dann würden seine Blicke töten und alles auslöschen, was lebte.
Sie begann zu träumen. Als sie dabei war, allmählich in einem Meer aus Schwerelosigkeit zu versinken, vernahm sie die Stimme einer Frau: Ich habe geträumt!
Sie sah sich zurückversetzt in die Menge, die sich versammelt hatte, um dem Medium des Gottes Gon-Orbhon zuzuhören. Eine hochschwangere Frau reckte ihre Arme in die Höhe. Sie war es, die rief: „Ich habe geträumt!"
Mondra schreckte auf. Sie wehrte sich gegen das Bild. Sie wollte die Augen öffnen, doch es gelang ihr nicht. Eine schwere Hand schien auf ihrem Gesicht zu liegen und die Lider zu halten. Wieder meinte sie, das Gesicht Imberlocks zu sehen. Die blauen Augen blickten sie zwingend an, wollten sie nicht aus ihrem Bann lassen. „Nein!" Sie riss sich los, öffnete die Augen und blickte verwirrt um sich. Sie brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, wo sie war. Mit einem zornigen Knurren auf den Lippen stand sie auf, riss sich die Kleider vom Leib, ließ sie achtlos auf den Boden fallen und eilte in die Hygienekabine, um erneut zu duschen. Sie fühlte sich besser, als sie das warme Wasser auf der Haut fühlte, und ihr Wohlbefinden steigerte sich, als sie es am Ende auf eiskalt stellte. Ein spitzer Schrei entrang sich ihren Lungen, als sie das kalte Wasser fühlte. Im ersten Moment wollte sie ihm ausweichen, doch dann konnte sie gar nicht genug davon bekommen.
Ihr Geist klärte sich, und sie versuchte nüchtern und in der Art der geschulten TLD-Agentin, die sie ja einmal gewesen war, das Geschehene zu analysieren.
Sie verließ die Dusche, trocknete sich ab. Während sie ihre Kleider wieder einsammelte, richteten sich ihre Gedanken auf Bre Tsinga. Sie wollte nicht so einfach hinnehmen, wie die Freundin sich verhielt. Irgendetwas stimmte nicht, und sie wollte herausfinden, was es war.
Mondra stutzte. Du gehst immer davon aus, dass Bre sich verändert hat, sagte sie zu sich selbst. Wieder meinte sie, einen eiskalten Hauch zu verspüren, der ihren Rücken streifte. Und wenn du selbst es bist, die sich verändert hat? Was ist, wenn Bre die Zusammenarbeit verweigert, weil du eine andere geworden bist, weil sie spürt, dass du unter den Einfluss von Carlosch Imberlock geraten bist, ohne dir dessen bewusst zu sein? Sie ist stark. Ihr passiert so etwas nicht. Sie weiß sich zu wehren.
Mondra ließ sich in die Polster eines Sessels sinken, legte die Hände vor das Gesicht und horchte in sich hinein.
Ihr Magen verkrampfte sich, und ihr wurde übel. Sie legte sich auf die Seite, zwang sich, ruhig zu atmen.
Allmählich ging es ihr besser. Die quälenden Gedanken aber blieben.
Immer wieder hatte sie die Nähe Carlosch Imberlocks gespürt. Sie hatte die Vision eines über einem See schwebenden Humanoiden gehabt, den sie für den Gott Gon-Orbhon hielt. Sie konnte nicht ausschließen, dass sie zu einem Medium dieses Gottes geworden war.
Dazu passte, dass sie sich dessen nicht bewusst war, denn nur dann handelte sie in seinem Sinne, ohne sich gegen seinen Einfluss zu wehren.
Auf der einen Seite empfand Theorod Eysbir seine Situation als grotesk, auf der anderen Seite raubte sie ihm den letzten Nerv. Ausgerechnet ein Retrorevierl Seit Tagen saß er in einer Zelle des Polizeireviers fest, die sich nicht abschließen ließ.
Welche vollkommen übergeschnappten Stadtplaner hatten eigentlich als Stützpunkte der Sicherheitskräfte kleine Flachbauten aus Kalksteinimitat und mit Stahlplastgittern in allen Fensteröffnungen, einer Pseudoholzveranda und einem großen Schild, auf dem „Jail" stand, errichten lassen? Das hatte - wenn er sich richtig an den Geschichtsunterricht erinnerte - nicht einmal ansatzweise etwas mit der Vergangenheit dieser Region in der Weite des asiatischen Kontinents zu tun, sondern war eher ein Relikt einer vorzeitlichen Epoche nordamerikanischer Geschichte.
Er würde die nächstbeste Syntronik danach fra... Verdammt! Es gab keine Syntroniken mehr, zumindest keine funktionsfähigen. Was schließlich wohl auch der Grund dafür war, dass keine Prallschirme vor den Zellen errichtet wurden und keine holografischen Gitterstäbe davor erschienen und das Ambiente des
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