222 - Angriff auf die Wolkenstadt
Luftschiff. Ich habe keine Lust, im Magen dieser Aasfresser zu landen.«
Sie räumten ihre Sachen zusammen und stapften zurück zur Roziere. Die schmatzende Lupa ließen sie bei ihrer Beute zurück. Als Rulfan die Gondelluke öffnete, blickte er sich nach seiner pelzigen Gefährtin um – und entdeckte die winzige Rauchsäule am nördlichen Horizont. »Sieh dir das an!« Er hielt Matt am Arm fest.
Beide spähten über den See hinweg nach Norden.
»Irgendwo am Rand der Wüste brennt etwas«, sagte Matt Drax.
»Wollen wir es uns nicht anschauen?«, fragte Rulfan. »Noch ist es hell genug.«
***
Elloa zog sich Lederhandschuhe über und griff nach der Zange.
Deren Backen glühten und rauchten. »Was haben die Götter dich sehen lassen?« Sie kniete vor der an den Amboss gefesselten Seherin nieder und öffnete die Glutbacken der Kneifzange. »Rede endlich!«
»Was ich gesagt habe…« Die Greisin begann zu zittern.
»Du und der König zwischen Rosen…«
Elloa setzte die Zange am rechten Daumen der Seherin an und drückte zu. Die bucklige Greisin bäumte sich auf und kreischte. Es roch nach verbranntem Fleisch. Osamao grinste, sein Großonkel Imyos verzog das Gesicht und verließ angewidert die Schmiede.
Draußen vor dem Werkstattzelt lauschten die Krieger der Huutsis und Wawaas dem Geschrei der Gefolterten. Einige hielten sich die Ohren zu. Irgendwann mischte sich ein Schrei der Königin in das Jammern der Seherin. Gleich darauf verstummte die Greisin von einem Augenblick auf den anderen ganz.
Wenig später trat Elloa an Osamaos Seite aus dem Werkstattzelt. Sie wusste jetzt, was sie wissen wollte, und ihre Miene war wie aus altem Efrantenknochen geschnitzt. Mit einer knappen Handbewegung scheuchte sie zwei Krieger in das Zelt. »Holt ihre Leiche und verscharrt sie irgendwo außerhalb des Heerlagers!« Sie wandte sich an die wartenden Maschiinwarte und Schmiede. »Ihr könnt jetzt weitermachen!«
Mit Osamao und Imyos zog Elloa sich in ihr Zelt zurück.
Das Entsetzen über die wahre Vision der Seherin steckte ihr in allen Knochen. Sie zitterte. Doch nicht nur vor Entsetzen, sondern auch vor Wut. Sie war fest entschlossen, alles zu unternehmen, um diese Schreckensvision nicht Wirklichkeit werden zu lassen.
»Ihr beiden seid meine treusten Krieger«, sagte sie zu Osamao und Imyos. »Wenn wir das Joch des neuen Königs nicht abschütteln, wird er das gesamte Heer in den Untergang führen. Seid ihr bereit, an meiner Seite gegen den Wahnsinnigen zu kämpfen?«
Beide Hauptleute nickten energisch.
»Dann sollt ihr jetzt meine Kundschafter sein«, sagte Elloa.
»Geht zur Wolkenstadt des Kaisers. Bietet ihm ein Bündnis eurer Königin an und warnt ihn vor dem verrückten weißen Pflanzenmagier…«
***
Ein Efrant mit zwei Reitern stapfte an der Spitze der Patrouille durch den Uferwald. Er zog eine der beiden leichten Dampfdruckkanonen hinter sich her, die der kaiserliche Spähtrupp mit sich führte. Der Wald wurde immer dichter, je weiter sie nach Süden vordrangen. Der mächtige Dickhäuter trat eine breite Bresche ins Unterholz. Durch sie folgten zwei gepanzerte Vogelreiter dem Efranten, hinter den beiden Gepanzerten ritten Prinz Akfat, Tala und Yann Haggard auf Laufvögeln.
Hauptmann Yabandu auf seinem Vogel führte das Mittelfeld der Marschkolonne an, das Gros der knapp zwanzig Fußsoldaten, alles hundertfach erprobte Späher und zähe, ausdauernde Läufer. Bis zu hundertzwanzig Kilometer konnten sie zwischen einem Sonnenaufgang und einem Sonnenuntergang zurücklegen.
Die Nachhut der schwer bewaffneten Patrouille bildete der zweite Efrant mit meistens drei Reitern. Er zog die zweite Dampfdruckkanone hinter sich her.
Sie kamen schnell voran. Als der Tag sich neigte und der Abend heraufdämmerte, erkannte Tala vertraute Geländeformationen, Fluss- und Bachläufe, an denen sie schon gefischt und die sie unzählige Male überquert hatte, und einzelne Urwaldriesen, die sie schon seit ihrer frühen Jugend kannte und in deren Wurzelgeflecht sie oft übernachtet hatte.
Sie hatten die Waldregionen am Seeufer erreicht, in denen die Jäger und Soldaten der Hauptstadt regelmäßig jagten und patrouillierten. Wimereux-à-l’Hauteur war keine hundert Kilometer mehr entfernt.
Yann Haggard trieb seinen Reitvogel immer wieder dicht an den der schönen Leibgardistin heran. Diese Frau zog ihn magisch an. Er plauderte munter darauf los, erzählte von seinen zahllosen Reisen, prahlte mit seinen speziellen Gaben und
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