2221 - Die Sekte erwacht
es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie wirbelte herum und rannte zu den Frauen hinüber. „Eine Steinechse!", schrie sie. „Eine Doppelrumpf-Steinechse. Weg! Schnell weg! Sie ist schon ganz nah!"
Die Frauen blickten sie mit großen Augen an und begriffen nicht. Erst als sie ihre Worte wiederholte, erfassten einige, was sie meinte. „Solche Steinechsen gibt es nur im Zoo von Terrania!", rief Gsella. „Dort sind sie in Energiekäfigen eingesperrt.
Sie können nicht heraus."
„Es sei denn, die Syntronik hat versagt und ist nicht rechtzeitig genug durch eine Positronik ersetzt worden", erwiderte Mondra.
Jetzt endlich begriffen alle und wandten sich zur Flucht. Die ehemalige TLD-Agentin rannte mit ihnen. Sie kämpfte sich an den anderen vorbei an die Spitze der Gruppe, um den Tunnel zu beleuchten, sodass alle sehen konnten, wohin sie liefen.
Dabei war ihr klar, dass sie so gut wie keine Chance hatten.
Wenn sie es tatsächlich mit einer Doppelrumpf-Steinechse zu tun hatten, konnten sie nicht entkommen. Diese Tiere, die von einem Planeten aus dem weiteren Zentrumsgebiet der Galaxis stammten, waren ungeheuer schnell, wenn sie angriffen. Sie überrannten ihre Opfer einfach und zerquetschten sie unter ihren gewaltigen Körpern, um den dabei entstehenden Brei anschließend mit einem speziellen Organ aufzusaugen.
3.
„Gon-Orbhon wird die Lebenden in zwei Klassen scheiden - in jene, die nach ihrem Tode würdig sind, Gon-Orbhon zu dienen, und jene, die einfach verlöschen werden!", rief der dunkelblau gekleidete Carlosch Imberlock der versammelten Masse zu, die ihm in einem der vielen Parks von Terrania lauschte.
Er war ein guter Redner, der seine Zuhörer zu fesseln wusste. Eines seiner wirksamsten Mittel, die Aufmerksamkeit zu erhalten und zu steigern, waren die Pausen, die er nach wichtigen Aussagen einlegte. Nach solchen Pausen warteten seine Zuhörer geradezu atemlos darauf, dass er fortfuhr und den Spannungsbogen zu Ende brachte, den er bis dahin aufgebaut hatte.
Als er wieder eine solche Pause einlegte, ertönte plötzlich der volle, klare Tenor eines Mannes, der auf der Kuppe eines kleinen Hügels stand und ein außerordentlich populäres Lied sang. Dank des Überraschungsmoments, der Sprechpause und der schönen Stimme zog er die Aufmerksamkeit aller von Carlosch Imberlock ab und stand binnen kürzester Zeit im Mittelpunkt des Interesses.
Dies gefiel dem Prediger nicht. Gleichwohl: Soviel er auch gegen den Sänger wetterte und ihm baldige Verdammnis und völliges Verlöschen voraussagte, seine Worte verhallten im Wind. „Singt mit mir!", rief der Mann auf dem Hügel der Menge zu. „Kommt, seid fröhlich und glücklich. Singt!"
Als er nun fortfuhr, stimmten viele mit ein. Sie wiegten sich im sanften Rhythmus der Musik, und eine Atmosphäre fröhlicher Entspannung breitete sich aus. Der Sänger hatte das Lied geschickt gewählt. Es sprach die Menschen und ihre Gefühle an.
Carlosch Imberlock schrie und schimpfte, kam jedoch gegen den Sänger nicht an, zumal nun etwas geschah, womit wohl niemand gerechnet hatte. Nicht einmal Clarian.
Wie aus dem Nichts heraus tauchten zwei Männer auf, die mit modernen Instrumenten versehen waren. Sie stellten sich zu ihm auf den Hügel und begleiteten ihn. Die Menge begann zu jubeln und zu applaudieren. Aus dem Trivid waren diese beiden Musiker allen bekannt: Gliol spielte ein Streichinstrument, das über einen positronischen Verstärker verfügte, während Ammakon ein Tasteninstrument mitgebracht hatte, mit dem er ein ganzes Orchester ersetzen konnte.
Gliol allein, den man den Specht nannte, konnte ein Massenpublikum mit seinem Spiel in Begeisterung versetzen.
Clarian wusste, dass er in letzter Zeit mit Ammakon verhandelt, aber noch nie mit ihm zusammen gespielt hatte.
Der gemeinsame Auftritt der beiden war eine Weltpremiere. Das wussten auch die Zuschauer, und entsprechend war ihre Reaktion.
Clarian war sicher, dass irgendjemand wenigstens einen der vielen Trivid-Sender der Stadt benachrichtigen würde, sodass früher oder später mit einem Aufnahmeteam zu rechnen war. Aufgezeichnet wurde der gemeinsame Auftritt ohnehin, denn von zehn Zuschauern hatten wenigstens sechs eine Kamera dabei, mit deren Positronik bestechend gute Aufnahmen möglich waren.
Auf kaum einem Gebiet waren so viele syntronische gegen positronische Module ausgetauscht worden wie gerade auf dem Sektor der Kameras. Seit Monaten war eine der Fabriken Doffran Goricelleins allein mit der
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