223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
als sie neben ihrem unerschütterlichen Beschützer stand.
Während der Geistliche weiter zu den beiden sprach, dachte Madeleine darüber nach, wie froh sie war, dass ihre beste Freundin in dem guten, soliden Bart die Liebe ihres Lebens gefunden hatte. Zugleich verspürte sie aber auch Neid auf Sophie, der fast schon schmerzte.
Die bescheidene Einrichtung der Kirche passte zu den Mitgliedern dieser Gemeinde – Geschäftsleute, Händler und andere ihrer Art, Menschen, die sich nützlich machten. Sie fühlte sich an die Kirche in ihrer eigenen Gemeinde erinnert, wo ihre Gouvernante ihr böse Blicke zuwarf, wenn sie wieder einmal unruhig war. Als Kind hatte sie während des Sonntagsgottesdienstes nie still sitzen können. Heute hätte sie alles dafür gegeben, eine solche Ruhe in jener Kirche auf dem Land noch einmal erleben zu dürfen. Wäre sie zu den Predigten ihres Vikars gegangen, hätte sie womöglich dieses sündige Leben vermeiden können.
Sophie hustete, worauf Bart sie so voller Liebe und Sorge ansah, dass Madeleine vor Rührung beinahe schon wieder die Tränen kamen.
„Wirst du sie lieben und ehren, in guten und schlechten Zeiten …“, hörte sie den Geistlichen fragen.
Ihr Blick wanderte zu Devlin, der mit Linette an der Hand vorn am Altar stand. Nie zuvor hatte er so blendend ausgesehen. Er trug einen schlichten tabakbraunen Cut. Wenn man von dem exzellenten Schnitt absah, konnte man seine Kleidung nicht von der unterscheiden, die Bart und die anderen anwesenden Männer trugen. Seine Garderobe war so gewählt, dass sie nicht vom glücklichen Brautpaar ablenkte.
Madeleine seufzte leise, denn Devlin wirkte so, wie sie ihn in ihren Wunschvorstellungen immer wieder sah: wie ein gewöhnlicher Mann, mit dem sie in einem Cottage ein einfaches Leben führte. Dabei war es unsinnig, davon zu träumen oder es sogar zu erhoffen, denn bald schon würde sie ihn niemals wiedersehen.
Linette zog ihre Hand zurück und streckte beide Arme in die Luft, woraufhin Devlin sich automatisch bückte und sie hochnahm. Madeleine spürte einen Kloß im Hals. Wie würde ihre Tochter reagieren, wenn Devlin nicht mehr für sie da war? Er war doch längst ein Teil ihrer Welt geworden.
„… bis dass der Tod euch scheidet?“
„Ja, ich will“, antwortete Bart mit kraftvoller Stimme.
Madeleine stellte sich vor, wie Devlin vor dem Altar stand und das gleiche Versprechen gab. Natürlich würde es eine prachtvollere Kirche sein, vielleicht St. George’s. Aber würde die Braut genauso wie Sophie Unschuld und unterdrückte Leidenschaft ausstrahlen? Würde Devlin sie mit der gleichen ungläubigen Freude ansehen wie Bart?
Nein, sie ertrug es nicht, darüber nachzudenken.
Devlin drehte sich kurz zu ihr um, und sie sah den Schmerz in seinen Augen.
„Und damit erkläre ich euch zu Mann und Frau“, schloss der Geistliche und hob die Stimme, als könne man ihn in den hinteren Reihen nicht mehr hören. „Sie dürfen die Braut küssen.“
Sophie zwinkerte, Bart lief rot an, während er sich zu der zierlichen Frau hinabbeugte und sie lange und liebevoll küsste.
Nach der Zeremonie begab sich die kleine Gruppe von der Kirche aus zu einem Gasthaus ganz in der Nähe. Devlin hatte für ein standesgemäßes Hochzeitsfrühstück einen Salon reservieren lassen, der Sophie und Bart die Möglichkeit gab, sich zu entspannen. Es gab Schokolade, Schinken, gekochte Eier, feines Gebäck, Konfekt und Teller mit Beeren und Sahne. Devlin erwies sich als hervorragender Gastgeber, der immer dann für einen Lacher sorgte, wenn Madeleine glaubte, sie werde jeden Moment in Tränen ausbrechen. Sogar Sophie lächelte, auch wenn manche von Devlins harmlosen Bemerkungen sie erröten ließen.
Außerdem hatte Devlin dem jungen Paar für die Nacht ein Zimmer reserviert, in dem Wein und Delikatessen auf sie warteten. Er wollte ihnen auch eine Hochzeitsreise schenken, doch Bart hatte dankend abgelehnt. Keiner von ihnen konnte irgendwo Verwandte besuchen, und Reisen an unbekannte Orte würden Sophie nur ängstigen.
Beim Abschied drückte Madeleine ihre Freundin fest an sich. Auch wenn sie sich schon am nächsten Tag wiedersehen würden, bedeutete diese Hochzeit dennoch, dass die Beziehung zwischen ihnen nie wieder so sein würde wie zuvor. Sophie klammerte sich einen Moment lang an sie und flüsterte ihr ins Ohr: „Danke, Maddy. Ich bin ja so glücklich.“
Die langen Schatten des Abends tauchten das
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