223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
Ihre Blicke trafen sich, und erst nach einem Moment schaute sie weg, während ihm allmählich heiß wurde.
„Dann wirst du dich heute früh zu Bett begeben?“, fragte er. Der Gedanke daran, dass Serena in der weißen Bettwäsche wie ein Engel wirkte, sorgte nur dafür, dass ihm noch hitziger zumute wurde.
„Ich bin nicht müde“, erwiderte sie. „Aber ich habe genug von Lärm und Menschen und Tratsch. Gehst du heute Abend aus, Ned?“ Erwartungsvoll sah sie ihn an.
Worauf hoffte sie? Dass er blieb? Oder dass er ging? O nein, er würde ihr nicht den Gefallen tun und das Feld räumen.
„Ich bevorzuge es, den Abend in Ruhe zu verbringen. Das weißt du, Serena.“
Sie legte den Kopf schräg und schürzte die Lippen. „Du warst in den letzten Wochen auch sehr oft ausgegangen.“
War ihm etwa eine andere Wahl geblieben? Einen Bogen um Feiern und Bälle zu machen hieß zugleich, Serena und Devlin unbeobachtet zu lassen.
„Ja, um ein Auge auf meinen Bruder zu haben“, gab er verkniffen zurück und trank einen Schluck Wasser.
Seine Antwort schien sie zu enttäuschen. Kurze Zeit später zog sie sich zurück, strich aber beim Hinausgehen mit den Fingerspitzen flüchtig über seinen Rücken. Das Gefühl hielt noch an, nachdem sie längst das Zimmer verlassen hatte.
Nach dem Essen zog Ned sich in sein Zimmer zurück und nahm eine Karaffe Brandy mit. Kaum hatte er das Schlafzimmer betreten, legte er sein Halstuch ab. Sein Kammerdiener kam zu ihm und half ihm aus Jacke und Weste, hängte die Kleidung auf und ließ Ned auf dessen eigenen Wunsch allein.
Er zog die Schuhe aus und machte es sich in dem abgewetzten Ledersessel bequem, der schon so lange in diesem Zimmer stand, wie Ned zurückdenken konnte. Seine Hand schmerzte höllisch, als er das Glas Brandy hochnahm, das er sich eingeschenkt hatte. In einem Zug trank er das Glas aus, verschloss die Karaffe wieder mit dem Stöpsel und lehnte sich zurück. Er hoffte, der Brandy würde ihn bald einschlafen lassen.
Tatsächlich erfüllte das hochprozentige Getränk seinen Zweck, da er schon bald eindöste und zu träumen begann. Es waren beängstigende Träume, in denen er Serena und Devlin sah und in denen er sie beide verlor.
„Ned? Ned?“, hörte er auf einmal eine leise Stimme.
Er machte die Augen auf und schoss förmlich aus seinem Sessel. Serena stand vor ihm, ihr blondes Haar und das dünne weiße Nachthemd leuchteten im Schein eines Kerzenleuchters, der hinter ihr auf der Anrichte stand.
„Was ist denn passiert?“, rief er, überzeugt davon, dass etwas Schreckliches geschehen sein musste, wenn sie aus freien Stücken zu ihm ins Zimmer kam.
Sie fuhr sich durch ihr langes Haar. „Es war so schlimm, Ned.“
„Was? Was war schlimm?“ Er konnte nicht anders, sondern musste die Hand nach ihr ausstrecken.
Serena fiel ihm förmlich um den Hals. „Der Traum“, sagte sie leise. Sie zitterte am ganzen Leib. „Ich konnte dich nirgends finden. Du warst fort.“
Ned ließ sich wieder in den Sessel sinken und zog seine Frau zu sich auf den Schoß. Sie legte den Kopf an seine Schulter und weinte leise.
„Schhht, meine Liebe“, versuchte er sie zu beruhigen. „Ich bin ja hier.“ Seine Hände strichen über ihr Haar, während er den Rosenduft einatmete, der sie stets umgab. Sie fühlte sich zart und warm an, und seine Lenden sehnten sich so sehr nach ihr, dass er es kaum noch aushielt. Wenn sie nicht bald in ihr Zimmer zurückkehrte, würde er keine Gewähr dafür übernehmen, wie lange er sich noch beherrschen konnte.
Schließlich atmete sie wieder ruhiger. Ned wusste nicht, ob sie bei ihm bleiben oder besser gehen sollte. „Glaubst du, du kannst jetzt wieder ins Bett gehen?“, fragte er vorsichtig.
„Nein, bitte nicht“, rief sie und packte ihn am Hemd. „Kann ich heute Nacht nicht bei dir schlafen? Ich will nicht allein sein.“
Als er sie in sein Bett legte und sich auszuziehen begann, hätte er schwören können, dass Serena lächelte.
18. KAPITEL
W ir sind heute hier zusammengekommen …“
Die sonore Stimme des Geistlichen hallte durch die kleine Kirche. Madeleine liefen Tränen über die Wangen.
Sophie sah so wunderschön aus wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Vermutlich war Farley wegen ihrer Schönheit auf sie aufmerksam geworden, doch zu der Zeit, als Madeleine sie kennenlernte, war ihr Gesicht stets von Angst gezeichnet. Nun dagegen strahlte Sophie,
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