2232 - Wiedergeburt
hat, dann muss ein Hyperquant, ins Standarduniversum projiziert, hier als entsprechende konventionelle Wechselwirkung samt ihren Ausdrucksformen – Welle, Teilchen – erscheinen, sich >materialisieren< oder ganz allgemein manifestieren."
Eine andere von Arno Kalup vertretene These besagt, dass alle Materie im Kosmos Ausdruck einer Hypermatrix sei, die letztlich für Information oder, wenn man so will, bewusstes Sein stehe. Im Kleinen die Teilbewusstseine von Einzelindividuen, als komplexe Ganzheit im holistischen Sinne das hinter allen stehende kosmische Bewusstsein. Unsere Körper seien folglich nichts anderes als die verstofflichte Form von Information – das platonische „phenomenon", das sich in unserem Wahrnehmungssystem Manifestierende.
Oder, um ein Beispiel Kalups zu gebrauchen: „Das eigentliche Wesen ist Wasser im chemischen Sinne; die Freiheitsgrade des jeweiligen Kontinuums bestimmen den physikalischen Aggregatzustand.
Masse wäre demnach Eis – verfestigt und starr –, Energie flüssiges Wasser – schon freier beweglich, aktiver, genau wie der dynamische Aspekt von Energie –, und Dampf steht für die hyperphysikalische Form – Symmetrie, die keine Auszeichnung kennt, aber alle als Potenzial in sich birgt."
Verstehe. Dampf, mit dem größten Freiheitsgrad, kennzeichnet beim Symmetriebruch die niedere Struktur. Aus allseits frei beweglichen Wasserdampfmolekülen bilden sich Tropfen mit räumlich kompakter Form; und beim Eiskristall wird die achsengerechte Struktur offensichtlich, analog zu den Achsen von Raum und Zeit in unserem Kontinuum. Und das heißt...
Konsequent zu Ende gedacht: Die Hyperkonfiguration eines Individuums manifestiert zwar einen Körper in Raum und Zeit, kann aber bei passenden Voraussetzungen die Freiheitsgrade höherer Symmetrie nutzen. Nichts anderes habe ich getan.
Ich bin beeindruckt. Du hast mit Hyperquanten herumgespielt! Wow... Ich nehme an, das war immer noch ähnlich verpönt wie zu meiner Zeit?
Klar. Aber niemand wusste davon. Ich hatte mir eine Enklave geschaffen, in der ich meine Projekte die meiste Zeit ungestört verfolgen konnte, ohne dass mir jemand hineinredete. Wie ich es mir damals gewünscht habe ... Also hatte ich – hattest du Erfolg. Das freut mich.
Aber wie sind wir gestorben? Ich nehme an, du hast die Verwandlung, den Reinkarnations-Prozess, nicht bewusst ausgelöst?
Nein ... wiewohl ich mich dunkel erinnere, zwischen Leben und Tod geschwebt zu sein, für eine unbestimmte Zeit. Mein Körper war weitgehend kaputt; wie es dazu gekommen war, weiß ich nicht mehr.
Es hätte eine Möglichkeit gegeben, in meine frühere Existenzform zurückzukehren, jedoch verstümmelt, geistig wie körperlich stark beeinträchtigt. Daher habe ich schließlich den anderen Ausgang gewählt.
Im Zweifelsfall fürs Risiko. Das kenne ich. Ich hätte nicht anders gehandelt. Wer nicht wagt, gewinnt nicht. Um wiedergeboren zu werden, muss man sterben, Punktum!
Ist damit alles gesagt? Können wir...
Noch nicht ganz. Wieso vermag ich mich frei im System zu bewegen, du hingegen nicht? Und wo befinden sich die übrigen Teilaspekte unserer Persönlichkeit?
Im Augenblick des Todes wurden Teile meiner Gehirnmasse in die biologische Komponente einer dafür präparierten Biopositronik transmittiert, um einen Anker für die ÜBSEF-Konstante zu schaffen.
Dieser Anker bist du!
Exakt.
Aber du konntest unter diesen Umständen nur einen Teil deiner Erinnerungen „mitnehmen". Die wolltest du dir später über die vorsorglich abgelegten Sicherungskopien zurückholen. Ich war doch wohl nicht die einzige?
Du vermutest richtig.
Was ist mit den anderen passiert?
Das ist der zweite Grund für unsere Gedächtnislücken. Relativ kurz nach meiner Palingenese in der Biopositronik wurden durch äußerliche Einflüsse – ich nehme an, als Folge von Kampfhandlungen– etliche Module des Netzwerks beschädigt oder zerstört. Und zwar, bevor die anderen, dort aufbewahrten Konstrukte sich auf den Weg zum Nukleus, also zu mir, machen konnten. Bist du sicher, dass ich die einzige bin, die durchgekommen ist?
Hundertprozentig. Leider. Ich könnte sie orten, so, wie ich dich geortet und mittels des Maulwurf-Programms hierher gelotst habe. Doch da ist nichts.
Schön blöd. Ausgerechnet ich, der längst veraltete Prototyp, bin alles, was dir blieb ...
Eventuell lassen sich noch einige Splitter, sich nicht ihrer selbst bewusste Relikte, in den Weiten des Systems auffinden, sobald ich mobil bin.
Weitere Kostenlose Bücher