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2232 - Wiedergeburt

Titel: 2232 - Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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entzünde sich der Docht einer Kerze; als flackere eine winzige Flamme auf.
    Aber nein, das sind ganz falsche Wörter. Wasser kann doch nicht brennen!
    Sagen wir ... sagen wir, der Strahl verwandelt Kohle in Diamant. Wo erdige Schwärze herrschte, funkelt nun geschliffener Edelstein.
    Ja. Das beschreibt das Unbeschreibliche ein wenig besser.
    Ich befinde mich innerhalb des Horts, der Zitadelle, des Allerheiligsten. Ich sehe mich um, und wohin mein Blick fällt, dort wird Licht. Prismen und Tropfen, Eiszapfen und Schneekristalle flimmern und flirren, in allen Farben aller Spektren.
    Ein schönes Wort ist das, „Spektrum", nicht wahr? Synonym für Bandbreite, Palette, Reichtum, Vielfalt...
    Ich erschrecke, als ich realisiere, dass dies nicht meine Gedanken sind. Sie fließen mir zu, von außen.
    Doch dieses Außen gehört gleichwohl zu mir, ja es stellt in gewisser Weise sogar mein Innerstes, den Kern meines Selbst dar ... Ich bin verwirrt, spüre Panik heiß in mir auflodern, die all die erhabene Kühle zu schmelzen beginnt, will mich instinktiv abschotten. Gemach, gemach. Langsam, meine Liebe. Lass uns Zeit. Wir haben fast alle Zeit der Welt... „Wer ist wir?", will ich schreien. Würde ich auch, wenn ich noch einen Mund besäße. Gleich. Mach weiter. Ganz ruhig. Entschuldige mein ungestümes Drängen, ich wollte dich... uns nicht verstören. Ich warte nur schon so lange, so lange ... Du machst es ganz richtig.
    Bleib dabei. Bitte. Zögernd, fast ängstlich führe ich fort, was ich begonnen habe. Wo ich hinsehe, blühen Lichter wie Blumen. Erst waren es nur wenige isolierte schimmernde Tupfer in der Dunkelheit. Jetzt aber vereinen sie sich, verschmelzen zu strahlenden Blütenteppichen. Die Schatten werden immer weniger, schwinden dahin wie schmutziger Schnee in der Sonne.
    Bis nur noch Licht ist, heitere Helle, spiegelblank changierend, ohne zu blenden.
    In der Schule und später im Institut haben sie uns immer wieder mit pseudon-dimensionalen Vexierbildern gequält, „Eine gute Übung für das subräumliche Vorstellungsvermögen", nannten sie das.
    Sie zeigten uns Holos, die scheinbar nur aus geometrischen, sich ins Unendliche replizierenden Mustern bestanden. Wir mussten lernen, darin etwas anderes, Über-, Unter– oder Nebengeordnetes zu erkennen.
    Rudimentärste Abweichungen, die sich zu einem Bild formten, das man nur wahrnehmen konnte, wenn man nicht hinsah, sondern auf eine ganz bestimmte Weise daneben ...
    Yolindi hat das gehasst. Torre, der später mein Mann wurde und noch später mein Feind, übertraf mich meistens in dieser Disziplin. Was Wunder, er war stellvertretender Abt des Klosters, während ich nur...
    Diese Erinnerung ist schmerzlich. Ich will mich damit nicht befassen. Über Augen, die ich schließen könnte, verfüge ich nicht. Doch muss ich jede dampfende Zahl lesen, jede wässrige Gleichung nachrechnen?
    Keineswegs. Wer oder was sollte mich zwingen?
    Bitte. Bitte halte durch, höre nicht auf. Wir sind schon so nah dran ... Verzeih, dass ich insistiere. Du wirst verstehen. Nichts gebiert mehr Ungeduld als die Ewigkeit. Nur wen der Hauch des Grenzenlosen gestreift hat, der kann erfassen, was Sehnsucht nach Endlichkeit bedeutet. Das wird mir zu hoch und zu intensiv. Ich wende mich ab, sehe nicht länger hin. Sehe vorbei; daneben.
    Und aus all dem Glanz und Geglitzer schält sich ... ein riesenhaftes Gesicht.
    Starr ist es, unbewegt wie eine Totenmaske. Fremd und furchtbar vertraut.
    Das bin ich, sagt die Stimme in meinem äußersten Innersten. Das wirst du gewesen sein.
    Komm zu mir, fleht sie. Steh zu mir, zu deiner Vergangenheit, die für dich – jetzt noch – ferne Zukunft meint. Ohne dich kann ich auf Dauer nichts ausrichten; ohne mich würdest du hier drinnen nicht lange bestehen können.
    Ich weiß genau, dass dein, mein, unser angeborener Widerspruchsgeist sich damit schwer tut.
    Vereinige dich dennoch mit mir. Bitte. Wir haben keine andere Chance. Ich überlege. Nein, sage ich dann.
    So einfach geht das nicht. So bin ich nicht gestrickt, das weiß ich ganz genau. Und wenn du ebenfalls ich bist, bringst du dafür Verständnis auf.
    Ersticktes Schweigen antwortet mir. Er – sie – es – ist mürrisch, das weiß ich, weil es ich ist. Ich wäre mürrisch.
    Zuerst will ich Antworten. Mir ist klar, dass alles Wissen meines anderen, offensichtlich älteren Ichs ohnehin auf mich übergehen wird, wenn wir verschmelzen. Aber ich will es vorher kennen. Mich erinnern.
    Richtig. Du musst dich

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