2248 - Friedenskämpfer
dem angegriffenen System weilten. „Wenn ich mich geirrt habe, werden wir beide nicht überleben." Diese Aussage des Schutzherrn steigerte die Nervosität des Motana ins Unerträgliche.
Gon-Orbhon, eben noch entspannt, zuckte jetzt mit den Gliedern. Sein Gesicht wirkte verkniffen. „Das riecht nach einer Falle", stellte der Kybb-Offizier in dem Moment fest und hob witternd die vorspringende Mundpartie. „Diese wenigen Schiffe können nicht die gesamte Streitmacht der Besch're gewesen sein."
„Ortung?"
„Keine weiteren aktiven Raumer im System."
Der Kommandant zögerte sichtlich. „Wir ziehen uns zurück! Sofort!" Das klang, als müsse er sich jedes Wort abringen. „Aber ..." Im einen Moment wollte der Offizier widersprechen, seine Hand zuckte sogar bis zur Waffe - doch beinahe gleichzeitig spreizte er die Finger als Zeichen seines Einlenkens. „Ich verstehe!", bestätigte er.
Zeitgleich mit dem Flaggschiff drehten mehrere andere große Raumer ebenfalls ab. In den offenen Funkkanälen herrschte plötzlich Tumult. Rückfragen und Proteste überstürzten sich. Dann verloren die ersten Kybb die Nerven. Mehrere Schlachtschiffe eröffneten das Feuer auf die abdrehenden eigenen Einheiten. Ein kurzes, aber heftiges Gefecht entwickelte sich, in dessen Verlauf sogar mehrere große Kybb-Raumer vernichtet wurden.
Zwei Stunden später hatten sich alle Angreifer aus dem System zurückgezogen.
Stöhnend richtete sich Gon-Orbhon in seinem Sessel auf. Sein Blick war nach wie vor trüb, und er zitterte leicht. „Ich beherrsche es noch nicht völlig", sagte er stockend. „Ich hätte die Opfer vermeiden können."
Der Motana schluckte krampfhaft. „Das ... war dein Werk, Herr?" Er hatte es gewusst, aber dennoch nicht verstehen wollen. Entgeistert schaute er den Schutzherrn an. „Wir werden diesen unseligen Krieg beenden", erwiderte Gon-Orbhon. „Ich werde noch sehr viel Zeit brauchen, meine Kräfte zu kontrollieren, aber wir werden es schaffen." Schwankend richtete er sich auf. „Diese Aufzeichnung ins Archiv. Zugriff nur für die Schutzherren und die Schildwachen."
„Ich halte das nicht für den richtigen Weg!" Lyressea bemühte sich, ruhig und sachlich zu bleiben, obwohl ihr das in Tagg Kharzanis Nähe nach wie vor schwer fiel. Zudem unterdrückte sie ihre Unsicherheit. Kharzani war bis heute eine düstere und schwer zugängliche Persönlichkeit geblieben, und nur seine Erfolge bewiesen, dass es richtig gewesen war, ihn zum Schutzherrn zu weihen. „Ich verstehe deine Bedenken, Lyressea." Kharzanis Höflichkeit war wie eine unüberwindbare Mauer. Die Schildwache glaubte nicht, dass Probleme dieses graue Skelett überhaupt berührten. Vielleicht wäre er andernfalls schon an den ersten Schwierigkeiten zerbrochen, die ihn wirklich erreichten. „Es ehrt dich, dass du dir Gedanken machst, die einer Schutzherrin würdig wären. Vielleicht eines Tags ..." Wie gern hätte sie jetzt seine Augen gesehen, doch sie lagen im Schatten. „Ohne dich und deine Geschwister, Lyressea, schlüge das Herz des Ordens nicht mehr."
„Ohne ES und das Paragonkreuz", wollte sie widersprechen, doch sie schwieg lieber und verdrängte ihre Zweifel. Die Aura eines Schutzhelm war für ihre Niederschwellen-Telepathie nicht zu überwinden, ohne dass der Betreffende den Versuch sofort als offenen Misstrauensbeweis gewertet hätte. Andererseits hatte sie sich längst mit dem Unheimlichen abgefunden. Sie musste Tagg Kharzani akzeptieren, wie er war, er hatte sich seine Gestalt nicht aussuchen können. „Feinde zu Freunden zu machen, Lyressea", fuhr Kharzani fort, „ist eine erhebende Erfahrung. Gon-Orbhon hat diese Erfahrung ermöglicht. Mehr als neunhundert Jahre lang hat der Tod in den Satellitengalaxien reiche Ernte gehalten, haben Leid und Vertreibung vieler Völker das Leben bestimmt, aber nun ist das alles vorbei. Vor uns liegt eine gute Zeit."
„Hoffentlich", rutschte es der Schildwache heraus. Sie konnte nicht einmal erkennen, ob Tagg Kharzani auf ihre Skepsis reagierte. Viel hätte sie dafür gegeben, seine Gedanken zu kennen.
Ihren Auftrag als Schildwache hatte sie immer auch als Auftrag verstanden,' negative Entwicklungen zu verhindern. Dazu gehörte, dass sie sich einen umfassenden Überblick verschaffte und über alles informiert war. Doch das wurde zunehmend schwieriger, je weiter die Schutzherren von Jamondi ihr Gebiet ausdehnten. Sie hatte nicht einmal Gon-Orbhons Mutantenfähigkeiten frühzeitig erkannt, sondern erst aus
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