225 - Kalis Kinder
Sicherheitsbedürfnis war in den letzten Jahren enorm gestiegen.
Punja kam herein. Angst und Unsicherheit standen in den Augen der Paakstani. Sie schob den Ärmel hoch und hielt ihm ihren nackten Arm hin. »Guhru, ich möchte von dir wissen, was das ist.«
Stirnrunzelnd betrachtete er die drei handtellergroßen Wunden auf dem Unterarm Punjas. Sie sahen aus, als hätte jemand die Haut dort abgezogen. Das rohe Fleisch war zu sehen. Eine klare Flüssigkeit hatte sich auf den Wunden gebildet. Swamui durchfuhr es siedend heiß. An die katastrophalen Nebenwirkungen, die die Salbe haben sollte, hatte er seit vielen Jahren nicht mehr gedacht. War es jetzt so weit? Nach nur sechs Jahren?
Swamui bewahrte erstmal die Ruhe. »Erzähl mir, Punja, was du gemacht hast. Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?«
»Nein, danke.«
»Dann setz dich wenigstens.«
Dieses Angebot nahm sie an. »Was ich gemacht habe, Guhru? Nichts, außer gerade diesen Unterarm besonders intensiv mit deiner Salbe zu behandeln. Denn hier hatte ich die schlimmsten Brandwunden. Und jetzt… jetzt …«
Swamui lächelte. »Mach dir keine Sorgen, Punja. Das ist nichts Schlimmes, das bekommen wir schnell wieder in den Griff. Tu mir aber bitte den Gefallen, niemandem davon zu erzählen. Ich werde dich morgen Vormittag höchstpersönlich behandeln. Sei um ungefähr diese Zeit in Kliniktrakt B 4. Ich werde auch da sein. Gut?« Er lächelte sie aufmunternd an.
»Ginge es nicht gleich? Die Wunden schmerzen fürchterlich. Ich glaube, da ist keine Haut mehr drauf.«
»Leider nicht. Ich muss erst die notwendige Salbe zubereiten. Lass dir vom Oberhilar einen Saft gegen Körperschmerzen geben, dann geht das schon.«
Punja nickte. »Also gut, wie du meinst, Guhru. Ich werde es sicher noch bis morgen aushalten, wenn du mir die Heilung garantierst.«
»Das tue ich.«
Nachdem die Pakstaani gegangen war, setzte fieberhaftes Denken bei Swamui ein. Wie ein Tyger schritt er auf und ab.
Was sollte er tun? Es durfte nicht bekannt werden, was mit Punja geschah. Sein Geschäft würde von heute auf morgen zusammenbrechen.
Nach einer halben Stunde des Zögerns und Zauderns kam er dann doch zu einem Entschluss. Er ließ Karadan rufen. Seit Mahar vor gut einem Jahr auf der Jagd nach zwei Tygern im Rachen des einen geendet war, leitete Karadan seinen Sicherheitsdienst. Sie war zwar nicht die einzige Frau unter seinen Soldaten, aber ganz sicher die härteste und skrupelloseste. Mahar hatte sie bereits zu seiner Stellvertreterin ernannt; Swamui hatte sie schließlich in ihrer Position als neue Gen’ral bestätigt.
Karadan trat ein. »Du hast mich rufen lassen, Herr.« Sie war groß und wirkte fast mager. Auf ihren weiten Reisen als Söldnerin war sie irgendwann in Kovlam gelandet und geblieben. Swamui fröstelte vor ihrem kalten, erbarmungslosen Blick, auch wenn ihm Karadan den Bluteid geschworen hatte und ihm somit treu und bedingungslos ergeben war.
»Wir müssen reden, Karadan. Ich habe einen Auftrag für dich.«
***
Es war kurz nach der Tageswende. Die schmale Mondsichel warf nur wenig Licht auf die Erde, die Wohnanlagen des Klinikkomplexes lagen in tiefen Schatten. Beste Voraussetzungen also für die drei durch die Gärten huschenden Gestalten, unentdeckt zu bleiben.
Vor einem großen Haus, das in tiefer Dunkelheit lag, blieben sie stehen. »Los jetzt«, flüsterte Karadan, die sich wie ihre Begleiter in schwarze Kleidung gehüllt hatte. Mit einem Generalschlüssel öffnete sie die Eingangstür und schlüpfte in das Zimmer dahinter. Ihre Begleiter folgten ihr auf dem Fuße.
Da sie nicht wussten, wo Punja schlief, öffneten sie vorsichtig jede Tür und lauschten in die finsteren Räume hinein. Bereits im dritten hörte Karadan jemanden im Schlaf sprechen. Da sich ihre Augen längst an die Finsternis gewöhnt hatten, nahm sie die Umrisse des Bettes wahr. Mit zwei geschmeidigen Sätzen stand sie daneben und drückte der Schlafenden die Hand auf den Mund.
Die Schlafende? Das hier war ein Mann! Wahrscheinlich ein Hausdiener oder ein Verwandter. Auf jeden Fall bestand eine große Wahrscheinlichkeit, dass er ebenfalls von den verräterischen Wunden wusste. Kurz entschlossen zog Karadan ein Messer und rammte es in sein Herz. Das kurze, rasch erlöschende Seufzen war wie Musik in ihren Ohren.
Weiter. Karadan öffnete den Raum nebenan. Auf einem Stuhl am Fenster bewegte sich etwas. »Was ist los, Dahar?«, fragte eine weibliche Stimme.
Punja. Sie konnte offensichtlich
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