2251 - Das Land unter dem Teich
nach einer Verneinung. „Sie meinen die Stelle, von der aus ich euch Rückendeckung gegeben habe."
Während sie dorthin gingen, versuchte Rhodan sich das damalige Leben des Shoziden vorzustellen. Keine Heimatwelt mehr, keine Wesen um sich, wie man selbst eines war - und dann bei den Schota-Magathe landen, ein Fremder nicht nur in einer fremden Welt, sondern in einem fremden Element. Rhodan stellte sich einen kompakten dunkelbraunen kleinen Burschen auf einer Eisfläche vor, in Tierfell gehüllt. Ab und zu tauchte in dem Eisloch vor ihm, das er mit einem Knochenhammer offen hielt, die Schnauze eines Schota-Magathe auf und brachte ihm einen Fisch. War es so gewesen? „Hier", sagte der Shozide. Die Stelle, an der Rorkhete zunächst Position bezogen hatte, war nicht weiter auffällig. Dornengestrüpp, Kissen von Moosen und Flechten, verdrehte, gebogene Wurzeln, Kolonien von winzigen, fahl leuchtenden Pilzen. „Da", merkte Lyressea jedoch auf, vor einer von Dornengestrüpp überwucherten Stelle abseits des Weges.
Rhodan starrte in das Halbdunkel. Er richtete seinen Orter darauf. „Nichts."
Lyressea ließ sich nicht beirren. „Ich nehme eine Störung wahr, eine Verdichtung - etwas jedenfalls."
„Lasst mich mal." Rorkhete sengte das Gestrüpp kurzerhand mit dem Strahlergewehr weg. Daumengroße Käfer kamen über den Weg geschwirrt.
Nur ein Teil der Pflanzen verschwand. Der Rest erwies sich als hartnäckig.
Rorkhete senkte das Gewehr. „Eine Projektion."
„Und was für eine", sagte Rhodan. Vor ihren Augen verästelte sich das stehen gebliebene Gestrüpp. Zweige streckten sich zitternd vor, bildeten Blätter aus. „Sie füllt die Lücke. Eine >intelligente< Projektion. Lyressea, warte!"
„Sorgt euch nicht." Sie trat vorsichtig in das Gestrüpp. Sie durchschritt es wie Luft - und trat auf einmal ins Leere, fing sich ein Stück tiefer wieder. „Stufen. Hier ist der Zugang.
Ich wusste es."
Rhodan hob die Brauen. Dies war alles andere als ein gewöhnliches Hologramm - dessen Ursprung hätten seine Geräte eigentlich auch anmessen müssen. Im Grunde war es genau wie im Lande Keyzing auf Baikhal Cain - nur handelte es sich hier eben um Pflanzen und nicht um Eis.
Er folgte Lyressea. Blätter bedeckten die Stufen, in den Winkeln zog sich Erde hoch.
Kerbtiere wimmelten. Die Treppe endete in einem dunklen Gang. Als Lyressea ihn betrat, leuchteten Teile der Wände auf. Vor ihnen lag ein Rampengang. Er führte abwärts und war sauber, steril. Nein. Sauber nicht. Eine zentimeterdicke Staubschicht bedeckte den Boden. Rhodan sah nach hinten, zu der schmutzigen Treppe. Merkwürdig - wie abgeschnitten lag der türlose Gang da. Keine Insekten, kein Laub, keine zerfallenen Fasern, nichts. Hatten sie eine Art Scanner durchschritten, der sie als zugangsberechtigt ansah? Wären sie anderenfalls desintegriert worden? Irgendwo musste dieser graue Staub ja herkommen. Dieser Gang hätte von Spinnweben wimmeln müssen, von verrottetem Pflanzenmaterial; hier hätte sich alles Mögliche einnisten müssen ...
Sie folgten den Rechtskurven des geschwungenen Ganges. Sie waren vielleicht zwanzig Meter tief, da endete er in einem wallenden goldfarbenen Leuchten - einem energetischen Feld. „Ähnlich wie bei deinem Asyl auf Baikhal Cain", sagte Rhodan. „Die Orter dürften nichts anzeigen." Er sah auf seine Instrumente und nickte. Die Natur des Feldes war nicht zu bestimmen. „Rorkhete?"
„Bestätige das."
„Ich verstehe das nicht", sagte Lyressea und spähte durch den energetischen Vorhang. „Hier müsste sich eigentlich Catiaanes Asyl befinden. Aber da ist nichts zu sehen."
Man kann hindurchsehen? Das ist mir neu. Rhodan zückte seine Stablampe und trat neben die Schildwache. Das Licht durchdrang den Vorhang problemlos. Eine Aushöhlung schälte sich aus der Dunkelheit.
Rhodan pfiff. Der Boden der Aushöhlung war von ihrer Seite des Vorhangs aus nicht einmal zu sehen. Und in gerader Linie waren es bis zur anderen Seite bestimmt zehn Meter. Nach unten hin bauchten sich die Wände aus. Platz genug für eine Asylkapsel. Nur war eben keine da.
Zwischenspiel: Aus Nesses Halo-Briefen
Na ja, und so redete ich mit der Präsidententochter, und wir freundeten uns miteinander an. Was ich ganz zu Anfang an ihr wahrgenommen hatte, es stimmte. Sie war traurig und verloren. Sie war ein ausgesetztes Kind - auch wenn sie damals innerhalb eines luxuriösen Anwesens ausgesetzt worden ist und es ihr „an nichts fehlte", wie es hier so
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