2254 - Der ewige Gärtner
Sollte sie sich wirklich so geirrt haben? Hatte sie sich an eine falsche Hoffnung geklammert?
Hatte Gimgon doch keinen Hinweis hinterlassen? Hatte er so wenig daran geglaubt, dass sich das Blatt im Kampf gegen die Kybb einmal wenden würde?
Sie erschrak heftig, als sich eine Hand auf ihren Arm legte. Sie hatte HORST HOFFMANN niemanden eintreten hören. Jetzt sah sie in Perry Rhodans ernstes Gesicht. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht", sagte der Terraner. „Du hast nichts gefunden, nicht wahr?"
Sie schüttelte den Kopf, trotzig, von plötzlicher Wut erfüllt. Sie erschrak vor sich selbst, als sie mit harter Stimme hervorstieß: „Nein, nichts. Aber ich gebe nicht auf! Wir werden im Dom übernachten. Morgen suchen wir weiter!"
Morgen, das wusste sie, konnten die Kybb schon hier sein.
Zephyda stand am Fenster, durch das sie in den Innenhof hinabsehen konnte. Es war dunkel geworden. Ein leichter Wind strich über die Beete und wiegte die Sträucher und Stängel der Blüten, die sich geschlossen hatten. „Was siehst du?", fragte Atlan. „Nichts", antwortete sie. „Nicht einmal Schatten. Aber dort draußen ist jemand."
„Wie willst du das wissen?", fragte der Arkonide. „Es ist dunkel und regnet in Strömen.
Bei diesem Wetter würde sich kein Hund aus seinem Schlupfloch trauen."
„Ich weiß nicht, was ein Hund ist", sagte die Motana-Herrscherin. „Aber jemand ist da.
Jemand schleicht dort draußen herum. Ich spüre es."
Atlan kannte sie lange genug. Wenn sie es sagte, war es auch so.
6.
Heute Orrien Alar wusste zuerst nicht, was ihn aus seiner Versenkung in die Vergangenheit gerissen hatte. Ein Geräusch? Sein Hunger, der sich jetzt doch stärker bemerkbar machte?
Das war es nicht. Er war noch benommen, als er aufstand. Er hielt die Chronik an, als ihm plötzlich einfiel, was ihn in die Gegenwart zurückgeholt hatte. Später würde sie an dieser Stelle weiter berichten. Für jetzt hatte er genug gehört, um schwermütig zu werden. Noch mehr konnte er nicht auf einmal ertragen.
Die Samenkapsel.
Er war so von Unruhe erfüllt, dass seine Hände leicht zitterten, als er das Kästchen nahm und öffnete. Da lag sie, die letzte Kapsel, sein größter Schatz, die größte Hoffnung. Wenn auch sie keinen Keim trieb, würde es endgültig keine Zukunft geben, für die es sich für ihn zu leben lohnte. Bisher hatte er den Gedanken daran immer zurückgewiesen, aber jetzt, nach den durch die Chronik neu aufgerissenen Wunden, war ihm klar, dass der Erfolg oder das Scheitern seines letzten Versuchs auch über sein eigenes Leben entschied. Wenn der Same nicht keimte, würde kein neuer Trummstam wachsen, es würde keinen neuen Orden geben - und keine Aufgabe für ihn.
Der Wald musste dann ohne ihn auskommen. Der ewige Gärtner, seine Zeit war vorbei.
Er würde seinem Leben ein Ende setzen, so, wie er es schon einmal hatte tun wollen, vor vielen, vielen Jahren. Damals war er verzweifelt gewesen, doch jetzt war es anders. Jetzt war es die letzte Konsequenz, keine Laune des Augenblicks.
Er hatte immer Angst vor dem Augenblick gehabt, in dem er die letzte Kapsel in die heilige Erde des Domhofs legen würde. Sie quälte ihn auch jetzt und versuchte, ihn wieder in Zweifel zu stürzen. Doch Alars Entschluss war gefasst. Die Welt veränderte sich. Etwas ging vor. Ein Schiff war gelandet, ein ISchiff aus der Vergangenheit, und es hatte Wesen gebracht, von denen eines so stark an die ehemaligen Schildwachen erinnerte, dass es kein Zufall mehr sein konnte.
Die Enttäuschung über den letzten Fehlschlag war noch tief in ihm und ließ ihn ein letztes Mal zögern. Aber wenn nicht jetzt der Augenblick für den letzten, den allerletzten und über alles entscheidenden Versuch war, dann niemals mehr. Er wusste es. Er spürte es.
Und er würde es tun. Jetzt gleich.
Orrien Alar nahm die Kapsel an sich und stieg mit ihr die Leiter hinauf. Als er das Dach der Wurzelhütte öffnete, empfing ihn der gewohnte Regen, aber das störte ihn nicht. Er war die Nässe gewohnt.
Es war dunkel geworden. Der Wald schwieg. Es war ein anderes Schweigen als sonst, wenn die Nacht kam. Die Welt hielt wieder den Atem an. Es war ihm, als sähen ihn tausend Augen an. Der Wald, die Welt spürte, was er zu tun vorhatte. Sie spürte seine Entschlossenheit.
Der ewige Gärtner ging schnell, um es hinter sich zu bringen. Er wollte den Zweifeln und der Angst vor dem endgültigen Fehlschlag keine Chance geben, sich seiner wieder zu bemächtigen.
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