2254 - Der ewige Gärtner
vielmehr, an sein Funkgerät zu gehen und in den Sternenozean hinauszuhören.
Orrien Alar erfuhr nichts Neues. Die Kybb und Tagg Kharzani arbeiteten immer noch an der Inbetriebnahme der DISTANZSPUR. Manchmal fielen in ihren Funksprüchen die Begriffe Ferntransmitterstrecke und Fiktivtransmitterprinzip - und er hörte Daten, mit denen er noch viel weniger anfangen konnte. Trotzdem hielt er sie in seiner Chronik fest.
Es dauerte nun schon Jahre. Offenbar bissen sich die Feinde die Zähne an ihrem Projekt aus. Alles drehte sich darum.
Der Gärtner ging jeden Tag zum Dom, um die Beete zu pflegen. Er schnitt die Stauden und bereitete die empfindlichen unter den Pflanzen auf den hereinbrechenden Winter vor.
Als nichts mehr zu tun war, blieb er in seinem Wald und widmete sich den Bäumen und Tieren, bis er sich zum langen Schlaf in sein Wurzelheim zurückzog.
Ein neuer Frühling kam. Voller Energie kehrte Orrien Alar in die Welt zurück, begrüßte seine Freunde, die schon ihre ersten Blätter entfalteten, und ging zum Dom Rogan. Zwei, drei Tage arbeitete er an den Anlagen, erfreute sich an den neuen Austrieben der Pflanzen, lockerte die Erde und schnitt abgefrorene Triebe zurück, aber das war es auch schon. Die Arbeit war jeweils in ein paar Stunden getan. Und nachdem alles fertig war, brauchte er nicht einmal die. Die Büsche und Kräuter wuchsen von allein.
Bald reichte es, wenn er nur alle paar Tage kam, und schließlich wurden Wochen daraus.
Vorbei waren die Zeiten, in denen er allein mit der Pflege von Uralt Trummstam etliche Stunden am Tag beschäftigt gewesen war. Es gab ihn nicht mehr. Sein Leichnam war entfernt, der Innenhof leer. Orrien Alar begriff, dass er im Domhof überflüssig geworden war. Ein Gefühl der Bitterkeit stieg in ihm auf. Der Elan, der ihn erfüllt hatte, schwand dahin.
Einmal wagte er sich in den Dom selbst hinein, was er seit der Eroberung durch die Kybb und auch nach deren Abzug nicht mehr getan hatte. Er wollte sich dort so wie früher um die Pflanzen kümmern, die die Hallen und jene Räume schmückten, zu denen er Zutritt hatte. Aber selbst das war ihm nicht mehr gegönnt. Die Pflanzen waren natürlich längst abgestorben. Er hatte es erwartet und sie beseitigen wollen, aber das hatte der Dom schon von sich aus getan, so, wie er sich auch selbst sauber hielt. Der Gärtner verstand nichts von der Technik, die dies ermöglichte. Es war immer so gewesen und würde wahrscheinlich auch immer so bleiben, bis in alle Ewigkeit.
Orrien Alar blieb mehr und mehr in seinem Wald, und sein Gemütszustand verschlechterte sich von Tag zu Tag. Er pflegte die Bäume und spielte mit den kleinen Tieren. Sie waren alle seine Freunde. Er verstand ihre Sprache und konnte mit ihnen reden, aber das war nicht das, was er brauchte. Es gab ihm keine Erfüllung. Er konnte mit ihnen reden, aber sich nicht Hilfe erhoffen. Er war für sie da, aber umgekehrt konnten sie ihm nicht helfen, wenn er Fragen hatte und nach Antworten suchte. Er brauchte jemanden, der ihm zuhörte, wirklich zuhörte und vor dem er seine Sorgen ausschütten konnte.
Der ihm sagen konnte, welchen Sinn sein Leben noch besaß, nachdem die Schutzherren verschwunden waren und der Dom leer stand. Früher hatte er sich mit den Motana unterhalten können, die im Dom lebten und oft in den Wald kamen, aber sie waren mit den Herren verschwunden. Uralt Trummstam - er hatte ihn verstanden, wenn er Sorgen hatte. Alar glaubte ganz fest daran. Nichts war mehr da von allem. Er hielt die Beete in Schuss und tat das Nötigste, bis der Sommer vorbei war und der Herbst ins Land zog. Es regnete fast unaufhörlich. Mit jedem Tag wuchs in Orrien Alar der Wunsch, eine neue Samenkapsel in den Boden zu legen, aber er schob es hinaus. Und als er sich endlich dazu durchgerungen hatte, war es zu spät. Der erste Schnee fiel, und es begann nachts zu frieren. Er konnte jetzt nichts mehr tun. Er musste bis zum nächsten Frühling warten. Dann aber wollte er einen neuen Trummstam wachsen sehen. Mit diesem Gedanken legte er sich zum Winterschlaf.
Als er diesmal erwachte, fand er den Wald verwüstet. Ein schwerer Sturm hatte getobt und Bäume gebrochen oder umgeworfen und entwurzelt. Die Welt sah aus wie ein Schlachtfeld, und Orrien Alar hatte bis in den Sommer hinein zu tun, um die größten Schäden zu beseitigen und die Wunden zu heilen. In dieser Zeit ging er nur einmal zum Dom, um das zu tun, was er sich vorgenommen hatte. Er legte eine neue Samenkapsel in den Boden
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