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2254 - Der ewige Gärtner

Titel: 2254 - Der ewige Gärtner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zu fassen und er, der noch nie einem lebenden Wesen ein Haar gekrümmt hatte, drehte ihm mit einem wütenden Ruck den Hals um! „Bitte, lebe doch!" Tränen flössen über sein Gesicht und fraßen sich in die lehmige Haut, auf der sich Blasen gebildet hatten und aufplatzten, als er ganz vorsichtig eine Hand auf die Brust des Freunds legte. Sie war kalt. Alar heulte in einer Aufwallung von Hilflosigkeit auf und trat noch einen Schritt näher. Seine Arme legten sich um den von ihm geformten Körper, und sein Mund näherte sich dem anderen, um ihm das Leben einzuhauchen, das von selbst nicht in ihm erwachte. Er wollte seinen Herzschlag hören. Er wollte spüren, wie der Saft des Lebens in ihm zu fließen begann.
    Der Freund zerfiel. Er zerbröckelte in seinen Armen. Orrien Alar stieß einen grauenvollen Schrei aus und taumelte zurück. Ungläubig, fassungslos starrte er auf den Haufen Erde, der vor ihm lag und von einem plötzlich einsetzenden Hagelregen in den Bach gespült wurde.
    Orrien Alar stand lange da, für viele Stunden, und sein Kopf war leer. Später wusste er nicht mehr, wie er zurück zu seiner Hütte gekommen war. Der Wald schwieg. Die Bäume versuchten erst gar nicht, ihn zu trösten. Sie konnten es nicht, oder er hatte die Fähigkeit verloren, sie zu hören.
    Nichts und niemand konnte ihm mehr helfen. Es war vorbei.
    Er hatte nicht nur kein Leben erschaffen können, sondern er hatte sogar eines genommen.
    Orrien Alar vegetierte in seiner Wurzel dahin. Wenn es ihn überkam, klagte er seiner Chronik sein Leid. Manchmal sah er in ihr seinen Freund, den einzigen, den er jemals haben würde. Aber er wusste, dass er sich auch damit selbst betrog.
    Immer öfter ertappte er sich bei dem Gedanken, dass es besser gewesen wäre, mit Uralt Trummstam zu sterben, als die Ewigkeit endete.
    Er hatte sie überlebt, aber hatte das überhaupt so sein sollen? War nicht auch seine Zeit vorüber? Was sollte er denn eigentlich noch hier? Die Ewigkeit war lange vorbei.
    Mit solchen und anderen düsteren Gedanken ging er in den Winter. Im Frühjahr erwachte noch einmal ein schwacher Lebensfunke in ihm. Er zwang sich zu essen und öffnete das Kästchen; legte ohne große Hoffnung eine neue Samenkapsel in die heilige Erde des Domhofs, und als diese nicht keimte - nicht keimen wollte -, noch eine und noch eine, bis er nur noch fünf übrig hatte.
    Er fand keinen Schlaf mehr und magerte erneut ab. Mit jedem Tag kam er dem Tod ein Stück näher. Wenn er seine Wurzel überhaupt noch verließ, glich er einem Gespenst, einem Schatten, der sich durch den Wald schleppte manchmal auf allen vieren.
    Schließlich kam es so schlimm, dass er nicht auf den nächsten Winter warten wollte, den er in dieser Verfassung garantiert nicht überleben würde. Er hörte das Klagen der Bäume, der Welt nicht mehr, sosehr er sich auch anstrengte. Vielleicht hatte sie ihn ausgestoßen, weil er zum Mörder geworden war. Seine Sinne waren taub geworden. Er hatte nur noch einen Gedanken, eine brennende Sehnsucht: den schnellen und schmerzlosen Tod.
    Es dauerte bis zum Abend, bis Orrien Alar es bis zu dem Strauch geschafft hatte, der voll violetter Beerentrauben hing, die ihn erlösen sollten. Am Ende war er nur noch gekrochen, ausgedörrt, bereits jetzt mehr tot als lebendig. Er wusste, dass er aus eigener Kraft nie wieder seine Hütte erreichen konnte, und er wollte es auch gar nicht. Er würde hier draußen liegen bleiben und die Nacht nicht überleben. Sein Tod würde langsam und qualvoll sein, eine Hölle aus Schmerzen, qualvollen Erinnerungen und Selbstvorwürfen.
    Nein, das wollte er nicht durchstehen müssen.
    Er lag vor dem Strauch und hob eine zitternde Hand, streckte sie nach einer der violetten Beeren aus, von denen er wusste, dass sie tödlich waren. Vor allem wirkte ihr Gift schnell. Er hatte Tiere daran verenden sehen und stets einen weiten Bogen um den Busch gemacht. Einige Male hatte er sogar überlegt, ihn zu entfernen. Aber auch er gehörte zum Wald, er war ein Teil der Welt, und nichts war in der Welt ohne Grund. Alles erfüllte einen Zweck, auch wenn dieser nicht oder nicht gleich erkennbar war. Er hatte den Busch stehen lassen, und jetzt war er froh darüber. Er würde seinen Zweck erfüllen Alars Finger kamen der Frucht viel zu langsam näher. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er sie endlich erreicht hatte. Noch einmal mobilisierte er seine ganze, allerletzte Kraft und schloss seine Finger um sie. Er riss sie mit einem Ruck ab, der

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