2267 - Ich, Gon-Orbhon
sollte ich einsetzen?
Den Eiszeit-Generator? Die Dürremaschine? Das Epidemotron?
Moment, Gon-Orbhon, warnte meine innere Stimme. Halte ein. Sei nicht blöd. Der Rektor hat dich nicht auf diese Exkursion geschickt, damit du das Naheliegende tust.
Jeder Halbdepp konnte mit den Möglichkeiten meines Raumschiffs das ganze Sonnensystem umkrempeln. Von mir verlangte die XIX. Kosmität eine bessere Lösung. Eine elegantere.
Denn auf Eleganz hatten sie mich getrimmt.
Sowohl Nick, in Bezug auf Angriffsund Abwehrbewegungen, als auch Professor Koppa, was Gleichungen und Kongruenzen betraf.
Alle 144 Mitglieder des Lehrkörpers ersehnten nur eines: dass bei mir der Knoten platzte. Was infolge meiner Intervention aus den hiesigen Kreaturen entstehen, würde, war zweitrangig. Selbige entsprachen Bakterien in einer überzuckerten Nährlösung, Syntron-Konstrukten in einer allzu komfortabel simulierten Realität.
Das gesamte traurige Szenario erfüllte einen wesenhaft übergeordneten Zweck. Ich, Gon-Orbhon, sollte hier mein wahres Geschick erkennen. In mir selbst, nicht in den mächtigen Aggregaten der Raumyacht lag die Lösung versteckt.
Ich überprüfte den bisherigen Gedankengang, befand ihn für korrekt - und stieg aus.
Mit den beiden eiförmigen Robotern, die meine Leibgarde und wohl auch Bewachung bildeten, verließ ich das im Orbit geparkte Schiff. Von einer Prallfeldsphäre geschützt, drangen wir in die Atmosphäre ein und erreichten nach wenigen Minuten die Oberfläche.
Wir flogen eine der Streusiedlungen an. Die kleinwüchsigen Eingeborenen lungerten wie üblich herum, sich in Dreck und Wollust suhlend.
Ich pickte mir einen heraus, der besonders gern - und besonders schlecht -grölte, kleckste und sich vor anderen zum Narren machte. Dem folgte ich, nachdem er der kindischen Zerstreuungen müde geworden war, in seinen Unterschlupf, wo ich den Deflektorschirm abschaltete. Der Primat erschrak, als ich so plötzlich für ihn sichtbar wurde. Doch fing er sich erstaunlich rasch wieder. „Willst'n du?", grunzte er. „Ich bin vom Himmel herabgestiegen", antwortete ich mit Hilfe meines Translators, „um dich reich zu beschenken."
„Dufte. Leg's da drüben auf den Stein."
„Es handelt sich um ein ideelles Geschenk. Du wurdest auserwählt, als König über deine Artgenossen zu herrschen."
„Und?"
Ich erläuterte ihm mit einfachen Worten das Prinzip einer hierarchischen Gesellschaft. An deren Spitze, wie ich mehrfach betonte, er selbst stünde. „Soll'n das bringen?"
„Du kannst völlig uneingeschränkt tun und lassen, was du willst. Weil alles weitum dir gehört."
In mitleidigem Tonfall, als wäre ich der geistig Minderbemittelte von uns, versicherte er mir, dass dem ohnehin so sei. Alle besäßen alles sowie alle nur erdenklichen Freiheiten. „Genau das macht den Unterschied aus", belehrte ich ihn: „Wenn du König bist, gehört das ganze Reich dir allein -und nur du bestimmst, was zu geschehen hat!"
„Stinke. Soll'n das bringen?"
„Die anderen haben sich dir unterzuordnen, müssen dir widerspruchslos dienen, Männer wie Frauen. Verstehst du? Frauen. Alle Frauen! Keine darf sich dir mehr verweigern oder entziehen."
Er legte den Kopf schief, runzelte die niedrige Stirn. „Soll'n das bringen, wenn se nich will?"
Langsam begann er mich zu enervieren. Ich probierte einen anderen Weg. „Deine Kinder werden eine bessere Ausgangsposition haben als die übrigen. Und deine Enkel eine noch bessere. Und so weiter. Verstehst du?"
„Sicher. Dann sinne annern neidisch un' wem immer neidischer."
„Genau!" Ich atmete auf. Endlich begannen die jeder Hochkultur zugrunde liegenden Ideen von Eigentum, Erbfolge und Elite einzusickern. „Dann sinne annern ganz toll neidisch", wiederholte er. „Soll'n das bringen?"
Mir platzte der Kragen. Dies war keineswegs im übertragenen Sinn zu verstehen. Ein Schmerz durchschnitt meine Gurgel, als berste mein Kehlkopf.
Enthemmt brüllte ich Unmut und Verdruss hinaus. Jedoch, wie ich gleich darauf bemerkte, nicht bloß auf akustischem Wege. Sondern ich sandte, zusätzlich zu den Schallwellen, auch eine mentale Botschaft.
Der Primat brach in die Knie, plumpste auf sein Lager, wo er sich in embryonaler Haltung zusammenrollte, die Hände gegen die Ohren gepresst. Er wimmerte leise. Ein scharfer Geruch verriet, dass er sich vor Aufregung besudelt hatte.
Ich verstummte abrupt. Meine Gedanken aber tosten weiter, überschwemmten sein kleines Gehirn, spülten das bisschen
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