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2267 - Ich, Gon-Orbhon

Titel: 2267 - Ich, Gon-Orbhon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ihre Formenergie-Elemente in Kürze ersatzlos auflösen würden.
    Ich dachte erst, ich hätte mich verhört. Mehr als neunzig Prozent des Schiffes bestanden aus Formenergie! Was übrig blieb, erfüllte gerade einmal die Funktion einer Rettungskapsel. „Warum?", rief ich entgeistert. „Wir haben die erlaubte Entfernung zur Kosmität überschritten", antwortete die Yacht. „Durch dieses Geschehnis tritt 'ein Programm in Kraft, das dem Schutz des in mir manifesten Wissens vor Missbrauch durch Dritte dient."
    „Als autorisierter Kapitän befehle ich dir, das Selbstzerstörungs-Programm aufzuheben!"
    „Irrelevant. Es besitzt höchste Priorität. Niemand an Bord besitzt die dazu erforderliche Berechtigung."
    „Dann kehr sofort um und flieg zurück in den zulässigen Bereich!"
    „Irrelevant. Der einmal eingeleitete Prozess kann nur von der XIX. Kosmität gestoppt werden. Unsere Distanz ist jedoch zu groß, um die Kosmität vor der Annullierung zu erreichen. Du solltest jetzt einen Raumanzug anlegen."
    „Das werde ich nicht tun. Und da du mich nicht dem sicheren Tod im Vakuum aussetzen darfst, wirst du die Formenergie schön brav stabil halten."
    „Irrelevant. Der Anzug ist nur ein redundantes Sicherheitssystem vierten Grades. In der verbleibenden Kapsel bist du auch ohne ihn ausreichend geschützt. Es steht dir frei, ob du auf die Annehmlichkeiten einer Raummontur verzichtest oder nicht. - Noch zehn Sekunden."
    Meine Gedanken rasten. War ich schon wieder überlistet worden? Hatte ich ein weiteres Mal den Kürzeren gezogen?
    Oder ... gehörte sowieso alles nach wie vor zum Studienplan? Hatte nicht ich den Lehrkörper manipuliert, sondern er mich?
    Absolvierte ich in Wirklichkeit gerade eine weitere, eventuell sogar die Finale Prüfung?
    Ich bemerkte, dass ich stark transpirierte.
    Sehr weit hergeholt war der Verdacht nicht. Stellte nicht Rebellion gegen entzauberte Autoritäten eine wichtige Stufe zur Erlangung der Reife dar - ebenso wie das Aufbegehren in scheinbar aussichtsloser Situation?
    So musste es sein. Sie hatten mich schon wieder an der Nase herumgeführt, hatten mich genau dorthin gelotst, wo sie mich haben wollten. Überhaupt: Wo stand denn geschrieben, dass ich demnächst vor die Kosmokraten treten musste? „Zeit spielt eine gemeinhin stark überschätzte Rolle", hatte der Messingenieur erklärt. Die Hohen Mächte kalkulierten nicht in Tagen, sondern in Jahrhunderttausenden und -millionen.
    Der Lehrkörper hatte mich bemogelt, mir Zeitdruck vorgegaukelt, der gar nicht existierte!
    Die Stimme der Raumyacht war inzwischen in ihrem Countdown fortgefahren. „... vier..."
    Ich lehnte mich entspannt zurück, legte die Hände in den Schoß und verschränkte die Finger. Diesmal durchschaute ich den Bluff. „... drei..."
    Die Sicherheitsschaltung ergab keinen Sinn. Das in den Speichern des Schiffs versammelte Wissen mochte beträchtlich sein. Doch ich trug ungleich mehr in mir. „... zwei..."
    Etwas huschte, sacht wie ein Hauch, meinen linken Unterarm entlang. So schnell, dass ich mit dem Blick kaum folgen konnte, flössen die Spinnweben, die den Handschuh geformt hatten, über Oberarm, Schulter und Wange zum Ohr. „... eins ..."
    Ich fühlte, dass das Gespinst hineinschlüpfte, sich verzweigte und in meinem Schädel auszubreiten begann. Im selben Moment erkannte ich meinen Denkfehler. „... null."
    Es gab keine Ex- oder Implosion, nicht den geringsten Begleiteffekt. Völlig lautlos verschwand alles außer der Rettungskapsel.
    Und zugleich wurde auf einen Schlag alles gelöscht, was ich in der Kosmität gelernt hatte. Die Spinnweben verwehten und mit ihnen jegliche Erinnerung an die vielen, vielen Jahre meines Studiums.
    Nur zwei Termini wurden mir belassen. Ich. Gon-Orbhon.
    Interludium Der Findling Mit wachsender Faszination hatte das Specter den Bericht des Krypto-Mächtigen verfolgt. Es hätte sich niemals mit einem Geschöpf der Kosmokraten auf dieselbe Stufe stellen wollen. Dennoch sah es Parallelen zu seinem eigenen Schicksal.
    Die Einsamkeit des Einzelgängers, der seinesgleichen nicht kannte. Das Vermögen, seinen Geist gleichzeitig, in einer weit über herkömmliches Multitasking hinausgehenden Weise, viele verschiedene Aufgaben ausführen zu lassen. Die Gedächtnislücken ...
    Nicht zuletzt konnte das Specter sich sehr gut vorstellen, wie hart Gon-Orbhon gegenwärtig um die Integrität seiner Persönlichkeit kämpfte. Sein Bewusstsein geriet immer wieder in Gefahr zu zerstieben, gerade wegen der

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