2268 - Das Paragonkreuz
Gruppen beieinander, offenbar Wachen: die anscheinend überall in den Hyperkokons anzutreffenden, gut anderthalb Meter großen Wesen mit den kurzen, gedrungenen Beinen und dicht gesäten Stacheln über fast den ganzen Körper, die sie tatsächlich an aufrecht gehende Igel erinnern ließen. Nur die spitzen Gesichter mit den schwarzen, kalten und stechenden Augen und der Bauch waren frei. Es waren ausnahmslos Kybb-Cranar, also die „einfache" Spezies. Die normalerweise übergeordneten Kybb-Traken befanden sich mit Sicherheit im Innern des Forts und erfüllten höhere Aufgaben.
Auch hier trugen die Kybb-Cranar keine Kleidung bis auf einen kleinen Rückentornister mit breiten Gurten, einen Hüftgürtel mit Holstern rechts und links und schwere Stiefel.
Am gefährlichsten aber waren die diversen Ortungs-, Funk- und anderen Geräte an einem und die lange, stachelbesetzte Peitsche am anderen Arm. „Dort ist eine Lücke", flüsterte Zephyda und zeigte auf eine Gruppe von drei Kybb, die etwas zu weit vor der Mauer standen, schräg vor einem der stählernen Tore. „Groß genug für uns, um durchzuschlüpfen."
„Dann aktiviert jetzt die Deflektoren", sagte er. „Und schließt die Helme, damit wir uns gegenseitig sehen können."
Er machte es ihnen vor und wartete, bis sie ihm zunickten. Dann bewegten sie sich so lautlos wie möglich auf die drei Kybb und die schwarze „Mauer" zu.
Zwei Minuten später waren sie in der Festung. Die Kybb hatten sie weder geortet noch gehört. Die erste Hürde war genommen. „Weiter!", drängte Rhodan.
Er quälte sich seit ihrem Aufbruch mit der bangen Frage, ob sie nicht doch schon zu spät kamen und Sonder fan Dor bereits aus seiner Paralyse erwacht und den sicherlich nicht gerade sanften Verhörmethoden der Kybb-Traken ausgesetzt war. Er wusste nicht, wie stark der Widerstandswille des Priesters war, aber er hatte schon die stärksten Männer unter der Psychofolter zusammenbrechen sehen. Sie huschten in die nächste Deckung.
Nach etwa einer Stunde stand fest, dass Lyressea die zweimalige Verwandlung nicht erspart bleiben würde. Sie waren nach Rhodans Schätzung bis zu einem guten Drittel bis ins Zentrum der weitläufigen, kompakten Anlage vorgedrungen, ohne entdeckt zu werden. Manchmal wäre es fast geschehen gewesen, aber vor allem Zephydas Geschick und einer Portion Glück verdankten sie es, dass sie noch immer bewegungsfähig waren.
Trotzdem war nun ein Punkt erreicht, an dem es weder ein Weiterkommen gab noch einen Hinweis darauf, wo Sonder fan Dor gefangen gehalten wurde. Allerdings hatten sie Augen und Ohren offen gehalten und wussten genug, um Lyresseas Einsatz sinnvoll zu machen. Überall hatten sie Kybb-Cranar gesehen, die, wie vermutet, die niederen Arbeiten verrichteten. Und sie hatten gesehen, wie Kybb-Traken ihnen Befehle gaben oder sie kontrollierten. „Ich sage es noch einmal, Lyressea", flüsterte Rhodan der Schildwache zu. „Nur du kannst uns jetzt weiterhelfen. Du wirst die Gestalt eines Kybb-Traken annehmen und dich bei den erstbesten Kybb, die dir in den Weg laufen, nach dem Trakt erkundigen, in dem der Priester gefangen gehalten wird. Gib vor, ihn befragen zu müssen. Lass sie erst gar nicht zu Wort kommen und dich fragen, warum du es nicht weißt. Das Ganze kann weniger als ein, zwei Minuten dauern, mehr nicht. Traust du dir das jetzt zu?"
Sie wirkte gefasst. „Mach dir keine Sorgen, Perry." Sie versuchte tapfer zu lächeln. „Ich werde sie so zusammenstauchen, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, sich zu wundern."
„Gut", sagte er. Aber es war nicht gut. Rhodan machte sich jetzt schon Vorwürfe. In den ersten Stunden im Arphonie-Haufen hatte er Zephyda bis zum Zusammenbruch getrieben. War er nun dabei, das Gleiche mit der Frau zu tun, die ihm so viel bedeutete?
Sie warteten in ihrem Versteck, bis zwei Kybb-Cranar in den düsteren Korridor kamen, den sie einsehen konnten. Rhodan drückte der Schildwache noch einmal Mut machend die Schulter. Sie nickte und ging.
Sie verwandelte sich, noch bevor sie die Nische ganz verlassen hatte. Rhodan und Zephyda nahmen nur eine seltsam verwischte Szene wahr. Ein eisiger Wind schien über sie hinwegzustreichen. Dann stand da, wo eben noch eine blauhäutige Humanoide gewesen war, ein großer, gedrungener, hässlicher Kybb-Trake. Lyressea hatte den Deflektor im Moment der Verwandlung desaktiviert.
Von jetzt an hatten sie keinerlei Einfluss mehr auf ihre Gefährtin. Lyressea ging in ihrer Zweiten Gestalt herrisch
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