2274 - Motoklon Hundertneun
Luft war dünn an der Spitze der Hierarchie der Dunklen Polizisten. „Wir haben alle Zulieferungen an das Schloss Kherzesch ausgesetzt und kontrollieren vor Ort.
Die Containerstraßen wurden weitläufig stillgelegt..."
Unbeherrscht schlug Julcen mit einer Handflappe auf den Tisch. „Es kann und darf nicht sein, dass ein einziger Motoklon das Leben auf Kherzesch vollends zum Erliegen bringt!"
„Es kann nicht mehr lange dauern, bis wir ihn geschnappt haben", wagte einer der Unterlinge einen Einwurf. „Willst du das Tagg Kharzani tatsächlich mitteilen? Dass wir ihn bald haben?" Julcen knabberte am Firniskraut, das eine beruhigende Wirkung auf ihn ausübte - und ihn gleichzeitig in den Nächten wach hielt, wenn die Lux-Artisten brennend über den Himmel tanzten. Schlaf brachte stets die Erinnerungen, und dann brachen alte, kaum verheilte Narben auf ... „Nein", sagte der Gagaothe nach längerem Überlegen. „Wir übersehen eine bedeutende Komponente. Der Motoklon ist schließlich nicht allein hier. Er hat jemanden bei sich, der ihm Ideen gibt und sagt, was zu tun ist. Der Ablenkungen plant - und möglicherweise etwas ganz anderes im Schilde führt."
„Was kann für diese verruchte Carya Andaxi und ihre Verbündeten wichtiger sein, als den Einen zu beseitigen? Ist es nicht so, dass sie ihn, unseren alles geliebten Herrscher, vom Thron stoßen will, um selbst die Macht über das Kherzesch-System an sich zu reißen?"
„So wird es wohl sein", stimmte Julcen zu. „Aber muss es denn gleich der Eine selbst sein, auf den man es abgesehen hat? Was, wenn der Motoklon lediglich ein Zeichen setzen und eine Revolution anzetteln will? Wir wissen, dass das Volk insgeheim immer wieder murrt!
Wir wissen, dass der Pöbel nie zur Ruhe kommt..."
Erneut biss er vom gelb glänzenden Kraut ab, spürte sofort die besänftigende Wirkung. Wenn Aufstände zur Sprache kamen, drängten sich diffuse Feindbilder in sein Bewusstsein. Ängste, unbestimmt und nicht greifbar, die ihm willkürliche Schweißausbrüche bescherten und ihn in unbeobachteten Momenten aufschluchzen ließen ... „Wir sollten keine Möglichkeit außer Acht lassen", sagte er bestimmt. „Schickt die Seuchenvögte aus. Wer weiß, ob der Motoklon nicht Krankheitserreger in die Luft gesetzt hat, um die ganze Herrlichkeit Kherzeschs sprichwörtlich in einem Atemzug sterben zu lassen?"
Mehrere Kybb-Giraxx erhoben sich von ihren Plätzen, um den Anweisungen des Schwärzesten zu folgen.
Der Gagaothe gab weitere Befehle: „Durchsucht in Metropolebei-Hof jedes Haus, jeden Keller, jeden Dachstuhl! Statuiert Exempel! Besucht die Verdächtigen aus unseren Listen!
Aktiviert alle Schläfer! Ackert alte Dossiers durch! Ich will diesmal, dass der Untergrund nicht getroffen, sondern vernichtet, ausgerottet wird! Fragt im Zweifelsfalle nicht - sondern tötet! Meinetwegen sollen Hunderttausende von diesen nichtsnutzigen Kretins draufgehen - aber ich will sichergehen, dass der Motoklon keinen einzigen Verbündeten findet. Niemand soll wagen, ihm zur Seite zu stehen, ihm Unterschlupf zu gewähren."
Speichel schäumte auf die Tischplatte, während sich Julcen immer weiter für seine Anweisungen ereiferte. „Tötet alle Erstgeborenen, schändet die Frauen und foltert die Männer - mir ist es gleich! Ich will, dass man landauf, landab Angst hat. Richtige Angst! Und dann ...", er lächelte, „... wird mit Sicherheit jemand den Motoklon verraten, sobald es ihn zurück ans Tageslicht drängt."
11.
Langes Überlegen „Ich empfange einen ... Prioritätsruf!", sagte der Motoklon plötzlich. „Was hat das zu bedeuten?", fragte die Mediale Schildwache alarmiert. „Es handelt sich um ein Streufunksignal, das an alle meiner ... Art gerichtet ist. Wir sollen uns unverzüglich an einer der Kontrollstellen einfinden."
Lyressea beobachtete Hundertneun. Hatte man auf Graugischt eine Lücke in der Programmierung übersehen, würde der Klon aufgrund eines Dringlichkeitsbefehls erneut die Seiten wechseln? „Wie fühlst du dich dabei?", fragte sie vorsichtig. „Es ist unangenehm. Ich möchte es als Jucken im Kopf bezeichnen, wenn du mit diesem Bild etwas anfangen kannst."
„Aber du kannst widerstehen?"
„Ja." Er blickte sie an. Leise, fast unhörbar fixierten sie die leicht hervorstechenden Linsenoptiken, die er statt Augen im Gesicht trug. „Du machst dir Sorgen", konstatierte der Motoklon nüchtern. „Du hast Angst vor mir."
„Nein, so ist es nicht ..." Verdammt, warum
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