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2276 - Tanz auf dem Vulkan

Titel: 2276 - Tanz auf dem Vulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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veränderten sich unsere Träume. Anfangs, musst du wissen, träumte ich nie. Ich wusste nicht, was Träume sind, und ich vermisste sie nicht. Irgendwann begann ich zu träumen. Träume voller Schatten, Bewegungen, es waren vage Ahnungen ohne Substanz, aber sie wirkten beruhigend, entspannend und zugleich erregend. Und ganz plötzlich waren die Träume keine Schatten mehr, sondern ich träumte von anderen Schohaaken. Von dem, was die anderen hier im Dorf getan hatten. Was die dachten, sagten, fühlten. Begreifst du? Wenn ich einschlafe, bin ich sofort im Traum, und in diesem Traum bin ich ein anderer Schohaake. Immer ein anderer. Ich war Marreli, ich war Ukunurr und viele andere und erlebte, was sie erlebt hatten. Es war, als seien wir alle eins, aufgesplittert in mehrere tausend Fragmente."
    „Und das verwirrt dich", schlussfolgerte Myles. „Nein. Nein, es gibt mir ein Gefühl der Geborgenheit."
    „Dann begreife ich nicht, wo das Problem liegt."
    Orren schüttelte in einer menschlichen Bewegung den Kopf, sein grünes Strohhaar wippte dazu. „Wir träumen nur von dem, was wir am Tag zuvor erlebt haben. Kein Traum verrät uns etwas über unsere Vergangenheit, aber mit jedem Traum spüre ich die Traurigkeit, die Orientierungslosigkeit eines anderen Schohaaken. Das ist mehr, als ich verkraften kann. Ihre ganze Verzweiflung, es ist wie eine Last, die sie mir aufbürden. Ich ... kann das nicht. Und es wird schlimmer, je näher ich ihnen körperlich bin. Ich ..." Er verstummte.
    Myles legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter und öffnete den Mund, um jetzt, zum idealen Zeitpunkt, seine Idee vorzutragen, doch Orren sprang bei der Berührung auf, als habe ihn ein Stromschlag durchfahren. „Wo sind sie alle?"
    Myles hielt die Luft an. Orren sprach leise, ganz deutlich, sah ihm dabei in die Augen. „Wen meinst du?" Ihm taten mittlerweile die Knochen weh. Er saß in unbequemer Haltung auf einem kleinen Stuhl und versuchte, Orren Snaussenid zu helfen. „Alle. Die guten Seelen ... unsere ... Liebe und Glück ..."
    Myles nickte. „Ja, Liebe und Glück sind unsterblich und schwinden trotzdem oft. Menschen und Shohaaken sterben auch. Aber vielleicht gibt es jetzt eine Gelegenheit für dich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Du könntest deinen Träumen entkommen und vielleicht mehr über deine Vergangenheit erfahren. In der Sonne."
    Der Schohaake blinzelte verwirrt. „Sonne?"
    Myles musste sich zusammennehmen. Am liebsten hätte er Orren kräftig durchgeschüttelt. Er sprach nun sachlich; vielleicht half das dem Schohaaken auf die Sprünge. „Wir wollen herausfinden, was in der Sonne ist. Irgendein Objekt ... Wir rüsten eine Expedition aus, um es genauer zu untersuchen. Ich dachte ..." Er zögerte. „Ich dachte, du würdest gern mitkommen."
    „Inder Sonne ..."
    „Vielleicht können wir mehr über deine Herkunft erfahren. Ihr Schohaaken seid Aktionskörper von ARCHETIM. Was hat die Superintelligenz bezweckt, als sie euch schuf?
    Es ist immerhin eine Chance. Ich glaube, dass das Objekt in einer Verbindung zu ARCHE-TIM steht. Wenn du die Expedition begleitest, wirst du möglicherweise das Geheimnis deiner Herkunft lösen."
    Snaussenid schlang seine Arne um den Hals des Aktivatorträgers. „Nimm mich mit. Eine Chanqe ... Ich werde mitkommen. Die Liebe und das Glück ..." Große Tränen rannen ihm übers Gesicht. „Für immer verloren." Kraftlos sackte der Schohaake zusammen. „Du... nimmst mich mit", sagte er und fiel in Bewusstlosigkeit.
    Da haben wir noch eine Menge Aufbauarbeit vor uns, dachte Myles. Ich muss mir von Mondra erklären lassen, was Schohaaken so essen. Hoffentlich bekommt ihm, unsere Bordküche... sonst müssen wir eigens für ihn kochen
     
    5.
     
    Sol - Luna 28. Februar 1333 NGZ „Ich kann vor Aufregung nicht schlafen."
    Letzter Tagebucheintrag von Mungo Park (1771-1806), schottischer Arzt und Afrika-Entdecker, der als erster Europäer auf seiner ersten Reise (1795-1797) den Niger erreichte und auf seiner zweiten Reise (1805-1806) in den Bussa-Stromschnellen, 800 Kilometer vor seinem Ziel, dem Nigerdelta, durch Mörderhand ums Leben kam. „Ultra-Giraffe aktiviert. Noch kein Kontakt zum Objekt." Kyran Anterals näselnde Stimme durchbrach die angespannte Stille in der Zentrale der MUNGO PARK. Der hagere Venusgeborene wandte den Blick seiner hellblauen Augen keine Sekunde von den Anzeigen und Datenholos ab.
    Es war wie beim ersten Mal. Obwohl Myles genau wusste, was ihn erwartete und

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