2289 - Der eiserne Finger Gottes
an Einfällen. Warum behauptet Ihr nicht wenigstens, der Finger sei in Wahrheit ein verkümmerter Eisenbaum? Ein Mast, an dem Grachtovan eines Tages Segel befestigen und über die Erde schweben wird? Das Zeugungsglied eines vergrabenen Dämons?"
Es war der Moment der Entscheidung. Tum begriff, dass Geon-Durn nicht mehr zurückweichen könnte. Entweder tat er den letzten Schritt, den er nicht tun durfte, wenn er leben wollte - oder er verlor alles andere: nicht das Leben, aber seinen Ruf als Wissenschaftler. Und alle Ehre eines Edlen. Man würde ihn ausstoßen, ächten. Er hatte zu viel gesagt und zu wenig. Das Gesagte war nicht ungesagt zu machen. Er musste weitersprechen.
„Der Finger Gottes", sagte Geon-Durn laut, aber mit einem Zittern in der Stimme, „ist ein Sternenschiff."
„Ein was?" Sarrukhat ließ den beiden Wörtern ein tiefes Grollen folgen.
„Vor Tausenden von Jahren ist es hier gelandet!", rief Geon-Durn. „Es kam von einer anderen Welt, einer anderen Kugel innerhalb der All-Kugel. Es gab ..."
Aber nun konnte er nicht weitersprechen. Er wurde niedergebrüllt, verhöhnt, ausgezischt, von Geknurre und Grollen übertönt. Taban-Tselayu fasste sich mit übertriebener Gebärde an den Kopf und blickte mehrere andere an. Tum konnte nicht sehen, wer die Blicke erwiderte.
„Wir haben genug gehört. Mehr als genug." Sarrukhat räusperte sich. „Die Gastlichkeit des Hauses Taraon ist abgenutzt und aufgebraucht. Lasst uns gehen."
Geon-Durn stand reglos da, mit gefrorenen Gesichtszügen. Innerhalb weniger Atemzüge leerte sich der Herrensaal. Alle gingen schweigend und ließen nichts zurück als eisige Leere.
*
Zunächst hat unbedingt zu gelten, dass waga hedagra umpu (??? Mutmaßung eines früheren Abschreibers: Im Mittelpunkt strahlt Hitze). Gefliege wird unterbunden durch Beschwenis und Haftlichkeit der Fußung (wessen? Unserer? Der des Überlebenden?). Er sagte, er habe in alten Verläufen viel Steppengras unter den Tritten der Trottel welken sehen (trifft sicher zu, aber was soll das? Falsche Übersetzung? Fehlender Anschluss?). Pilin atzel babagrik tahuntel teggen. (So? Oder anders?) Magen und Gehirn funtrez budusch batsalid yax otseni. (Es ist zum Verzweifeln.)
Aus dem EISENBUCH, Kapitel 26
Bekenner, dachte er. Narr. Trottel. Was würde mein Vater sonst noch sagen?
Geon-Durn brauchte keine Anweisungen zu geben. Er wusste, dass er sich auf Tum-Tawalik verlassen konnte. Der Knecht würde die Karten zusammenrollen und mit den Büchern zusammen nach oben bringen, ins Denkzimmer. Und Tum würde dafür sorgen, dass die anderen Diener den Saal säuberten. In der Tür blieb er kurz stehen und wandte sich um. „Ich will heute nicht mehr gestört werden", sagte er. „Von niemandem und aus gar keinem Grund."
Tum verneigte sich. „Ja, Herr."
In der Diele blieb Geon-Durn einen Moment vor dem Skelett stehen. Das große Raubtier ... die Reißzähne, die Schneidezähne, der Schädel mit der fliehenden Stirn und der Nasenöffnung. Oft hatte er das Fleisch und die Züge seines Vaters in Gedanken über die Knochen gehängt, gestülpt. Nun war ihm, als kauerte dort eine heillose Vermischung von Sarrukhat und Taban-Tselayu.
Taban, der Edle. Tselayu, der Freund. Bruder Eisensucher, Gefährte vieler Stunden des Denkens und Feierns. Warum hat er mich in die Enge getrieben? Und warum habe ich Narr mich hinreißen lassen, alles zu sagen, zu bekennen?
Aber es war müßig, darüber nachzudenken. Müßig und unvermeidlich. Einen geworfenen Stein könnte man aufheben und zurückholen, gesprochene Worte nicht. Niemals. Was würden sie nun tun?
Ah, Urgroßvater, dachte er, mit einer beinahe zärtlichen Gebärde streichelte er den Schädel des Skeletts. Wenn ich deine Reißzähne hätte, könnte ich mich wehren; wenn ich deine Hinterbeine hätte, könnte ich all das hier aufgeben und auf allen vieren, brüllend vor Lust, in der Wüste verschwinden.
Aber seine Beine waren zu lang. Wie auf dem Bild über dem Skelett. Fluch der Jahrtausende aufrechten Gangs. Und die Zähne hatte man ihm gezogen wie allen Jugendlichen, wann das endgültige Gebiss kam. Nicht allen - Sarrukhat hatte seine Reißzähne mehrmals entblößt. Die Mond-Deuter hatten keine, aber die Hohen Priester: die im Tempel gezeugt und aufgezogen waren.
Und sie würden über ihn entscheiden. Nicht die Edlen, nicht die Mond-Deuter, nein, die Hohen Priester mit ihren Reißzähnen. Er bildete sich ein, sie in sein Fleisch eindringen zu
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