2299 - Ahandaba
unnötig hinaus, sondern triff sie nach reiflicher Überlegung dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Du liebst Atlan, nicht wahr?"
Sie nickte zögernd. „Aber ich habe so viel zu tun. Allein heute wartet noch eine Konferenz mit siebzehn Tagesordnungspunkten auf mich ..."
„Ausflüchte!" Mit einem aufrichtig warmherzigen Lächeln nahm Lyressea dem Wort die Schärfe. „Verschließe dich nicht vor der Realität, Zephyda. Atlan und du, ihr lebt in zwei verschiedenen Welten. Verschaffe dir Klarheit, ob du deine Welt aufgeben und in seine übertreten willst. Aber wenn du dich erst einmal entschieden hast, gibt es keine Rückkehr mehr.
Er wird seine Welt nicht aufgeben, das kann er gar nicht. Er lebt dort schon unendlich lange Zeit und ist ein Teil von ihr, ein lebenswichtiger sogar. Ist deine Liebe zu ihm stärker als die zu deinem Volk, allen Völkern des Sternenozeans, zum Ahandaba? Das ist die Frage, die du für dich entscheiden musst." Lyressea legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Und ich möchte dich bei dieser Entscheidung nicht beeinflussen. Ich möchte nur, dass du sie rechtzeitig triffst, damit dein Schmerz so gering wie möglich bleibt." Sie lächelte noch einmal, drehte sich um und ging.
Ich liebe Atlan, dachte Zephyda, während sie der Medialen Schildwache nachsah. Doch plötzlich kam ihr der Domhof nicht mehr sonnenhell vor, sondern von dunklen Wolken verhangen.
Nur der stetig wachsende Sprössling von Uralt Trummstam schien aus sich heraus Helligkeit zu verbreiten.
Missmutig musterte Zephyda den Prim-Direktor der Kybb-Traken. Seine kunstvoll gefertigten Arme rangen ihr schon lange keine Anerkennung, geschweige denn Faszination mehr ab, sondern kamen ihr wieder wie das vor, was sie wahrscheinlich auch waren: Widernatürlichkeiten.
Zumindest in meiner Kultur, versuchte sie sich selbst zur Ordnung zu rufen. In der ihren gelten sie als ganz normal.
Ihre schlechte Laune war nicht auf das seltsame Gespräch mit Lyressea zurückzuführen; das hatte sie höchstens noch verstärkt. Sie hatte sich schon eingestellt, als Gon-Orbhon sie gebeten hatte, an dem Gespräch mit dem Vertreter der Kybb teilzunehmen.
Sie bekam die Gefühle, die sie den Kybb entgegenbrachte, nicht in den Griff. Der Hass brodelte immer wieder von neuem in ihr, wenn sie einen der Stachelhäuter nur sah.
Ihre Mutter ... ihr Bruder ... ihre Schwester ... ihre Großmutter ...
Dabei hatte sie beim Sturm auf Jamondi geglaubt, diesen Hass überwinden zu können. Beim Angriff auf Tan-Jamondi hatte sie eingesehen, dass Rache und totale Vernichtung des verhassten Unterdrückers keine Lösung waren.
Zumindest hatte sie geglaubt, es eingesehen zu haben. Nie mehr zurück zu den alten Vorstellungen!, hatte sie gedacht. Alles hinter sich lassen. Nicht die eigenen Wurzeln vergessen, aber den Weg hinaus finden in eine neue Welt. Ist das Zukunft? Damals wollte sie nicht eher ruhen, bis es in diesem Universum keinen einzigen Kybb mehr gab. Sicher, sie hatte eingesehen, dass es die Kybb nicht gab. Die meisten von ihnen waren mit Sicherheit ähnlich harmlos wie eine Gruppe Motana beim Beerenpflücken. Aber es fiel ihr schwer, diese intellektuelle Einsicht mit emotionalem Leben zu erfüllen.
Immer, wenn sie einen Kybb sah ...
Sie gab sich einen Ruck. Wenn es ihr als Stellare Majestät der Motana schon so schwer fiel, zu einem normalen Umgang mit den Kybb zu finden, wie schwer würde es dann erst den anderen fallen, die unter ihrem Schreckensregime gelitten hatten?
Gleichzeitig erschreckte ihre Reaktion sie selbst. So etwas wie die Kybernetischen Nächte darf es in Jamondi, Arphonie, Parrakhon und den anderen Sternhaufen nie wieder geben, hatte Atlan gesagt. Hatte sie selbst gesagt. Aber was sonst hätte ihr Rachedurst herbeigeführt, wenn nicht eine zweite Blutnacht? Damals - und über Jahrtausende hinweg - die Motana, nun die Kybb?
Ich habe meinem Drang nach Rache nicht nachgegeben, sagte sie sich. Ich bin nicht wie die Kybb ...
Gon-Orbhon räusperte sich. Offensichtlich hatte der Schutzherr mitbekommen, dass sie nicht ganz bei der Sache war. Sie nickte, und er wandte sich an den Prim-Direktor. „Wir werden in wenigen Jahren schon gen Ahandaba ziehen, so schnell wie möglich, bevor unsere Völker in der für sie neuen Umgebung zu starke Wurzeln geschlagen haben. Die Milchstraße ist zwar noch die gleiche wie zuvor, aber es leben neue Völker hier, es gibt neue Reiche, neue Machtkonstellationen ..."
Fragend sah der Kybb ihn an. „Und
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