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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihre Augen auf mich. Von den ersteren Kreaturen will ich nicht reden; auch die Knaben gaben sich aus Ehrfurcht vor dem ‚Effendi‘ alle Mühe, nicht laut aufzulachen, aber in ihren Gesichtern lachte es um so deutlicher; mehrere kicherten. Das war schon aufrichtiger. Der aufrichtigste aber war ein lang aufgeschossener, wahrscheinlich etwas vorlauter ‚Hans in allen Gassen‘, der vor Wonne von seinem Esel sprang und, mit den Armen windmühlend, in ein schallendes Gelächter ausbrach, in welches erst die nur Kichernden und dann auch alle andern sich bewogen fühlten, einzustimmen.
    „Abgerutscht, abgerutscht!“ schrie der Schlingel, indem er einen Freudensprung tat und dabei in die Hände klatschte.
    Er schien der Anführer und Vergnügungsdirektor dieser lustigen Erinnyen zu sein, denn – „Abgerutscht, abgerutscht!“ ertönte es nun aus allen Kehlen, wobei alle Beine sprangen und alle Hände klatschten.
    „Herunter hat er gemußt, herunter!“ jubelte er vor.
    „Herunter hat er gemußt, herunter!“ triumphierte der ganze Chor ihm nach.
    „Und gesetzt hat er sich sogar, gesetzt, so wie ich hier!“
    Er ließ sich bei diesen Worten niederplumpsen. Im nächsten Augenblicke saß die ganze Räuberbande auf der Erde, und alles schüttelte sich vor Vergnügen und schrie dazu:
    „Gesetzt hat er sich sogar, gesetzt, so wie ich hier!“
    Natürlich lachte ich mit. Nun aber kam es schlimmer:
    „Dann stand er stolz wieder auf, mit einem solchen Gesicht!“
    Bei diesen Worten krebste sich der Naseweis langsam in die Höhe und ahmte nach, wie unbefangen ich hatte erscheinen wollen, aber so übertrieben, daß es auch für mich selbst eine Wonne war, ihm zuzusehen.
    „Dann stand er stolz wieder auf, mit einem solchen Gesicht!“ frohlockte es in allen Tonlagen, deren eine jugendliche Kehle fähig ist. Ein jeder erhob sich zunächst auf alle viere, balancierte sich dann langsam und vollends in die Höhe und versuchte hierauf, das vorgezeichnete Gesicht so treffend wie möglich nachzumachen. Der Eindruck keines Lustspiels, keiner Posse kann so hinreißend sein wie die Wirkung dieser improvisierten, höchst wohlgelungenen Burleske. Was ein anderer an meiner Stelle getan hätte, geht mich nichts an. Der Knabe war begabt, war originell. Ich fragte ihn:
    „Bist du wohl im Reiten ebenso schnell wie mit dem Mund?“
    „Noch schneller!“ versicherte er.
    „So? Dann höre, was ich dir sage, mein Junge! Ich sehe, daß ihr Wettrennen macht. Hier fangt ihr wieder an und reitet bis zur letzten Bucht hinunter. Wer zuerst ankommt, der erhält ein großes Pul-i-Säfid (Silbergelb) von mir. So steigt also wieder auf, und reitet los!“
    Da waren sie alle im Nu auf ihren Ziegenböcken und Eseln. Ich hob die Hand, und die frohe Hetze begann. Natürlich waren die Esel den gehörnten Rennern schon sehr bald weit voraus. Das gab ein tolles Schreien und Strampeln, um doch noch nachzukommen! Ich aber stieg vergnügt wieder auf und folgte langsam hintendrein. Das Seeufer machte weiterhin eine Biegung welche mir den Anblick der Rennenden entzog. Als ich diese Stelle erreichte und um sie gebogen war, sah ich gar nicht weit von mir das ganze ‚Feld‘ wieder eng beisammen. Man war abgestiegen und schien die Burleske hier zu wiederholen, wie ich an den Bewegungen bemerkte und an dem Gelächter, welches zu mir her scholl.
    Mich nähernd, sah ich den langen Improvisator am Boden sitzen. Er rieb sich hinten das Kreuz und machte ein unaussprechlich jämmerliches, elendes Gesicht. Um ihn herum fielen soeben alle seine Genossen nieder und riefen lachend durcheinander:
    „Er wollte auf, setzte sich aber wieder nieder!“
    Und einer von ihnen, der das Amt des Vorsprechers übernommen hatte, fuhr fort:
    „Nun scheuert er sich da in dieser Gegend!“
    Indem er dieses sagte, fuhr er sich mit beiden Händen nach dem Kreuz und begann, zu reiben. Die andern machten es ihm schleunigst nach und wiederholten lachend:
    „Nun scheuert er sich da in dieser Gegend!“
    „Und schneidet dabei folgendes Gesicht!“ fügte er hinzu, indem er das Mienenspiel des vom Esel Gestürzten nachahmte.
    „Und schneidet dabei folgendes Gesicht!“ repetierte die lustige Gesamtheit, indem auf den Gesichtern aber alle möglichen Übergangsstaffeln von der einfachen Betrübnis zur höchsten Verzweiflung zu sehen waren.
    In diesem tragikomischen Augenblick erreichte ich die jubelnden Bewunderer meiner Reiterkünste.
    „Was ist denn geschehen?“ fragte ich. Sie standen

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