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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hindernis? Wir sagen Allah, und ihr sagt Chodeh. Der Engländer sagt God und der Franzose Dieu. Aber es ist doch ganz gewiß derselbe Gott gemeint! Ich habe schon oft meine Hand geöffnet, um den Bau einer Moschee zu ermöglichen, denn sie ist ein Gotteshaus. Ich gab auch schon zum Bau einer Synagoge. Warum soll ich nicht auch für eine Kirche geben, in der man doch keinem anderen Gott dient? Oder würde meine Gabe Eure Kirche entweihen, weil Eure Verehrung eine etwas andere ist als die unserige? Würdet Ihr Euch weigern, einen Beitrag des Schah-in-Schah anzunehmen?“
    „Des Landesherren? Auf keinen Fall!“
    „So! Er ist Moslem, und ich bin auch einer, habe also das gleiche Recht! Es bleibt bei den tausend Tuman, und mit dem Schah werde ich in Eurem Interesse sprechen, sobald ich wieder zu ihm komme! Man nennt uns Schiiten unduldsam; wir sind es aber nicht, wenigstens die Gebildeten. Nur bitten wir um gleiche Toleranz!“
    Das war sehr freundlich, aber auch sehr energisch gesprochen. Er gab sich hier überhaupt ganz anders als drüben im wilden Westen. Hier wußte man, was er war und was er wollte; drüben hatte man das aber nicht gewußt. Daher damals das mangelnde, jetzt aber das scharf ausgeprägte Sicherheitsgefühl!
    Als wir dann beim Mittagsessen saßen, hörten wir im Hof Pferdegetrappel und schlürfende Kamelschritte, und ehe uns jemand meldete, wer es sei, wer kam da mit schnellen Schritten zu uns herein? Der Ustad! Unsere Freude war umso größer, als wir ihn nicht so schnell zurückerwartet hatten. Ich hielt diese rasche Wiederkehr für ein gutes Zeichen, und es stellte sich heraus, daß ich da ganz richtig vermutet hatte. Als die frohe Begrüßung vorüber war, sagte er:
    „Ihr werdet wißbegierig sein. Ich will euch antworten, ehe ihr fragt, einstweilen nur kurz und bündig: Es steht sehr gut und sehr schlecht, sehr gut für uns und sehr schlecht für die anderen. So! Damit habt ihr euch für jetzt zu begnügen, denn ich habe Hunger und setze mich gleich mit her!“
    Indem er es sagte, tat er es. Seine Stimmung war eine glückliche, eine heitere. Er sah so wohl und so munter aus, als ob er einige Jahre jünger geworden sei. Es ist etwas so köstliches um die Freude. Wollte man sie doch allen Menschen gönnen!
    Den Nachmittag brachten wir auf seinem Balkon zu, von welchem aus wir das lebhafte Treiben, welches im ganzen Tal herrschte, vorzüglich beobachten konnten. Wir waren nur zu dreien, er, Dschafar und ich. Er erzählte vom Schah, der gegen ihn sehr gütig gewesen war, in anderer Beziehung sich aber sehr streng gezeigt hatte.
    „Er weiß mehr, als ich dachte“, sagte er; „ja, er scheint sogar noch mehr zu wissen als wir selbst. Ich habe von ihm erfahren, daß es sich nicht nur um unsere Existenz, sondern auch um die seinige handle. Es wird ein allgemeiner Aufstand der Babi vorbereitet. Der erste Schlag soll hier bei uns fallen. Das Volk soll glauben, daß wir ihm gefährlich sind und daß der Schah ein Verräter am Glück seiner Untertanen ist, weil er in jeder Beziehung sich als unser Gönner zeigt. Man will sich als Retter des Vaterlandes aufspielen, indem man den ersten Hieb gegen uns richtet. Hierauf wird der Schah-in-Schah abgesetzt. Das weiß er, und zwar ganz genau. Nur hat er nicht erfahren können, wer sein Nachfolger werden soll.“
    Nach dieser Mitteilung sah uns der Ustad an, als ob er die höchste Überraschung bei uns erwarte. Dschafar aber sagte sehr ruhig:
    „Das wußte ich schon alles. Der Schah hat es mir erzählt.“
    „Und du, Effendi?“ frage der Ustad. „Auch du tust, als ob dir diese aufregende Nachricht höchst gleichgültig sei!“
    „Sie ist mir weder gleichgültig, noch überrascht sie mich. Ich bin nämlich in die Verschwörung eingeweiht, vollständig eingeweiht.“
    „Du, du?“ riefen beide zugleich.
    „Ja, ich! Ich weiß sogar, wer der Nachfolger des Beherrschers sein soll.“
    „Wer denn, wer, wer?“
    „Nur langsam! Ich weiß noch immer mehr. Wollt ihr vielleicht auch den Namen der neuen Kaiserin hören?“
    „Kaiserin – – –?“ fragten beide gleich erstaunt und wie aus einem Mund.
    „Nicht wahr, das klingt für Persien sonderbar, ist aber trotzdem Faktum. Wenn Euch ihr Name nicht genügt, so doch vielleicht ihr Bild. Ich besitze es nämlich.“
    Da sahen sie mich sprachlos an. Ich mußte lächeln und fuhr fort:
    „Der Schah hat zwar Recht, wenn er von einem Babiaufstand spricht, und doch ist es noch anders. Man hat nämlich die Babi nur

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