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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu dem Zweck mit herbeigezogen, um die Schuld, falls der Aufstand mißlingen sollte, ihnen in die Schuhe zu schieben. Auch ist man auf einige Forderungen der Babi zurückgekommen, weil sie den Zwecken der eigentlichen Macher gut entsprechen. So soll das neue Reich ein Wahlreich sein, in welchem 19, der heiligen Babizahl, neunzehn Hohepriester nach Ableben des alten den neuen Herrscher zu wählen haben. Die Haremswirtschaft hat aufzuhören, weil man Eingang in die Familie und Einfluß auf die Frauen haben will. Darum ist auch dem neuen Kaiser, wie jedem seiner Untertanen, nur eine einzige öffentliche Frau erlaubt, welche den Titel Kaiserin zu führen hat, nachdem sie von den Hohepriestern für ihn gewählt worden ist. Die erste Kaiserin ist schon gewählt. Ich trage sie hier in meiner Tasche.“
    Ich legte bei diesen Worten die Hand auf die Brusttasche meiner Jacke. Dort steckte nämlich das Bild Dschafars und der Schahsadeh Khanum Gul, welches ich im Birs Nimrud zu mir genommen hatte. Als wir von dem Ustad aufgefordert worden waren, mit zu ihm zu kommen, hatte ich mir gedacht, wovon wir sprechen würden, und war hinauf zu mir gegangen, um es mit herabzunehmen. Der Ustad kannte meine damaligen Erlebnisse ganz genau und also auch dieses Bild. Er mochte ahnen, daß ich es meinte, denn er warf einen besorgten Blick auf den Mirza. Dieser aber fragte im Ton der höchsten Spannung:
    „In deiner Tasche, Effendi? Darf man es sehen?“
    „Ein Fremder nicht; dir aber bin ich sogar verpflichtet, es zu zeigen.“
    „Verpflichtet? Wieso?“
    „Schau selbst!“
    Ich nahm es aus der Tasche und reichte es ihm hin. Er zog es mir aus der Hand, sah es an und – – – sprang sofort von seinem Sitz auf, als ob er von einer Natter gestochen worden sei. Dann ließ er die Hand mit dem Bild sinken, sah mich mit einem ganz eigentümlichen Blick an und fragte:
    „Effendi, bist du hierher gekommen, um mich abermals zu retten? Aus einer noch viel, viel größeren Gefahr, als alle die damaligen waren? Woher hast du dieses Bild?“
    „Aus dem Birs Nimrud, von dem ich dir ja schon erzählte. Es lag im Schatz der Sillan, und ich versteckte es, weil ich dich sogleich erkannte.“
    „Welch ein Glück, welch ein Glück für mich! Dieses Weib hat es hergegeben, um mich zu verderben, weil ich nichts mehr von ihr wissen wollte! Du lieber, lieber Freund, der du mir bist, wer mag da deine Hand geleitet haben! Man wollte jedenfalls beweisen, daß ich an der Empörung mit beteiligt sei. Denn nun weiß ich es: sie soll die Kaiserin und Ahriman Mirza der Kaiser sein! Ist es so oder nicht, Effendi!“
    „Genau so“, nickte ich.
    „Aber wie hast du das erfahren können? Du, du, der Fremde!“
    „Setz dich wieder her! Ich will es dir erzählen. Und nicht nur das allein. Du mußt nun alles erfahren, alles. Der Ustad wird es mir erlauben.“
    Nun weihte ich ihn in unsere Geheimnisse ein. Er hörte ruhig zu und zeigte selbst dann nicht die geringste Aufregung, als ich ihm mitteilte, daß und für wann sein Todestag bestimmt worden sei. Er öffnete vorn den Alkalok und das seidene Pirahen. Da sahen wir ein wunderbar gearbeitetes Panzerhemd schimmern.
    „Du siehst, Effendi“, sagte er, „daß Ahriman Mirza nicht der einzige ist, der die Notwendigkeit der Vorsicht kennt. Er trachtet mir nach dem Leben; das habe ich schon längst gewußt, und ich werde euch hierüber noch sehr Interessantes berichten. Neu ist mir nur, daß der Tag, an dem ich sterben soll, so genau festgesetzt worden ist. Ich bin an diesem Tag hier bei euch, Ahriman auch, der Mörder ebenso. Das ist eine Schalkhaftigkeit des Schicksales, für welche ich herzlich dankbar bin. Wer da noch vom starrsinnigen Fatum oder vom blinden Kismet sprechen kann, der ist ein Tor, der niemals klüger werden wird. Aber das beantwortet mir doch alles noch nicht meine Frage, woher du erfahren hast, wer Kaiser und wer Kaiserin werden soll!“
    „Ich hatte dir erst das Vorangehende zu sagen. Nun kommt die eigentliche Antwort, welche auch den Ustad interessieren wird, weil er noch nicht weiß, was sich während seiner Abwesenheit hier ereignet hat. Ihr sollt es jetzt hören.“
    Ich gab meinen Bericht, auch über den Traum, und verschwieg nichts, als nur den einen Umstand, daß mir Syrr gleich bei dem ersten Versuch gehorsam gewesen war. Die beiden Zuhörer folgten meinen Worten mit der größten Spannung, der Ustad still, Dschafar Mirza aber mit ganz besonderer Lebhaftigkeit. Als ich fertig war, tat es

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