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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nahmen wir hierauf den Umschlag her. Wir hatten bisher nur seiner äußern Seite Beachtung geschenkt. Als wir nun auch die innere betrachteten, da sahen wir allerdings, mit einer feinen Feder ganz an den äußersten Rand geschrieben, in kleinsten Buchstaben einige Worte gekritzelt, die jedem andern als dem Eingeweihten unbedingt entgehen mußten. Sie lauteten: „Durch den Dartschin in Korna von dem Ämir.“ Dartschin ist das persische Wort für Zimt.
    „Nun?“ fragte ich, über diese Entdeckung erfreut.
    „Ja; es scheint sich alles, was du schließest, bestätigen zu sollen“, antwortete der Ustad. „Ich habe nicht geahnt, daß man bei einem Spaziergang auf solchem Weg, an welchem fast nichts zu stehen scheint, so schöne und so wichtige Blumen sammeln könne. Es gibt jedenfalls bei den Sillan eine Vorschrift darüber, wo und wie solche Auskünfte beizufügen sind. Aber nun kommt die Hauptsache: Wer ist der, welcher ermordet werden soll?“
    „Ich hoffe, daß wir auch das finden werden.“
    „Mir scheint es unmöglich!“
    „Mir nicht. Es handelt sich jedenfalls um einen hochstehenden Herrn. Du bist am Hof bekannt. Du wirst die Namen aller hervorragenden Männer Persiens wissen.“
    „Die weiß ich allerdings. Aber einen Rafadsch Azrim kenne ich nicht. Dieser Name klingt so arabisch und so persisch, aber einen mir bekannten Mann, der ihn trägt, gibt es nicht.“
    „Vielleicht heißt er gar nicht so, sondern anders“, fiel da der Peder ein. „Auf dem Umschlag wurde doch auch Dartschin anstatt Esara el Awar gesagt!“
    „Aber Rafadsch Azrim ist kein Gewürz!“ erwiderte der Ustad.
    „Sollte da das Alphabet nicht helfen können?“
    Wir versuchten es; aber auch das war vergeblich. Da aber schien den Ustad ein plötzlicher Gedanke zu überkommen. Er nahm den Brief in beide Hände, las und rief dann aus:
    „Ich habe es! Wie leicht, aber auch wie gräßlich!“
    „Nun, wer ist's?“ fragte ich gespannt.
    „Lies selbst! Lies den Namen von hinten! So leicht! Wie konnten wir nicht hierauf kommen!“
    Er wollte mir das Schreiben geben; ich nahm es aber gar nicht, denn man brauchte die geschriebenen Worte nicht zu sehen, um zu wissen, daß der Name Rafadsch Azrim, wenn man ihn von hinten liest, Dschafar Mirza lautet.
    Da sahen wir uns alle drei nicht nur erstaunt, sondern höchst betroffen an.
    „Das ist doch nicht etwa Mirza Dschafar, mein Bekannter?“ fragte ich.
    „Doch!“ versicherte der Ustad.
    „Aber dieser war ja nicht Prinz!“
    „Er war es. Aber er setzte während seiner großen, mehrjährigen Studienreise den Mirza nicht hinter, sondern vor seinen Namen. Er glaubte Grund zu haben, jedes Aufsehen zu vermeiden. Er reiste im Namen des Schah-in-Schah, und das sollte niemand wissen.“
    „Was ist er jetzt?“
    „Er hat kein besonderes Amt. Er verzichtet auf alle Ehren und Würden. Er will sich nicht unter die reihen lassen, welche angeben, die Diener des Beherrschers zu sein und in Wirklichkeit nur seine Gegner sind. Aber er hat ihm sein ganzes Leben und seine ganze Kraft geweiht, und wo es gilt, das Volk von der Güte und von der Gerechtigkeit seines Herrn zu überzeugen, da ist er stets vorhanden.“
    „So muß ihn Ahriman Mirza hassen, wenn er ihn kennt!“
    „Ob er ihn kennt! Sie stehen einander gegenüber wie Feuer und Eis, wie Licht und Finsternis, wie Liebe und Haß wie Tugend und Verbrechen.“
    „Wo ist Dschafar Mirza jetzt?“
    „Ich weiß es nicht. Kürzlich war er in Teheran beim Schah, der sich jetzt in Isfahan befindet. Vielleicht ist er auch dort. Ich will dir nur sagen: Er ist mein Freund! Das ist genug! Ich muß ihn warnen! Sofort warnen!“
    Da legte ich ihm die Hand auf den Arm und sagte:
    „Nein! Du wirst ihn nicht warnen!“
    „Höre ich recht? Verlange von mir alles, nur das nicht!“
    „Ich verlange es!“
    Da trat er von mir zurück, sah mir mit ungewissen, fast zornigen Augen in das Gesicht und fragte:
    „Soll ich irr werden an dir, Effendi?“
    „Werde irr! Doch sei nicht unbedachtsam!“
    „Unbedachtsam? Es gibt hier nur eine einzige Bedachtsamkeit, einen einzigen Gedanken, einen einzigen Entschluß und eine einzige Pflicht für mich: meinen Freund zu retten!“
    „Das sollst du auch!“
    „Ohne ihn zu warnen?“
    „Ja. Denn wenn du ihn warnst, so ist er zwar für jetzt zu retten, für später aber wahrscheinlich verloren!“
    „Beweise es!“
    Da schüttelte ich bedauernd den Kopf und sagte:
    „Ich hörte aus deinem eigenen Mund, daß du mich liebst,

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