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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht fertig. Ich sehe noch mehr! Wann wurde der Säfir zum erstenmal erwähnt?“
    „Bei der Gefangennahme des alten polnischen Bimbaschi in den Ruinen. Da war er auch schon da.“
    „Sehr richtig! Er ist also schon vor Jahren und wiederholt im Irak gewesen. Er kennt die dortigen Sillan. Er mußte also auch Esara el Awar kennen, an den der Brief abgegeben wurde. Und nun kommt der Hauptpunkt: Schickt man einen Gesandten dahin, wo man sich selbst befindet?“
    „Nein; gewiß nicht!“
    „Ist also anzunehmen, daß der Ämir-i-Sillan zu derselben Zeit im Irak war, als sein Stellvertreter sich dort befand?“
    „Schwerlich!“
    „Hierzu kommt, daß es sich um höchst wichtige Dinge handelte. Die Vernichtung der Karawane des Kammerherrn, die Bestechung des Sandschaki von Hilleh und noch so manches andere erscheint mir jetzt in einem ganz andern Licht als damals. Ich werde später hierauf kommen. Aber das alles war so wichtig daß der Ämir-i-Sillan ganz gewiß persönlich gekommen wäre, wem er sich zu derselben Zeit in dieser Gegend befunden hätte. Ich bin also aus diesen und noch andern Gründen vollständig überzeugt, daß er es nicht selbst war, der diesen Brief in Korna abgegeben hat. Ich nehme vielmehr an, daß dies von dem Säfir besorgt worden ist.“
    „Wenn du das in dieser Weise darlegst, muß ich dir recht geben. Aber Ghulam, der Henker, welcher das Schreiben erhalten sollte, war doch in Persien. Warum wurde es ihm nicht direkt geschickt? Warum mußte es einen so weiten Weg über das Ausland machen? Ich begreife das nicht. Etwa du?“
    „Ja. Ich glaube, den Grund zu kennen.“
    „So bin ich wohl begierig ihn zu erfahren.“
    „Er heißt: Vorsicht! Der Ämir-i-Sillan hat sich zu verstecken. Er hüllt sich in das tiefste Geheimnis ein. Seine persönliche Sicherheit erfordert das. Du hast doch gehört, daß der Pädär-i-Baharat Empörungsgedanken gegen ihn hatte; er sprach von noch anderen, welche ganz derselben Gesinnung seien. Der ‚Oberste der Schatten‘ hat sich also nicht nur vor dem öffentlichen Gesetz, sondern sogar vor seinen eigenen Leuten sehr in acht zu nehmen. Niemand darf erraten, wer er eigentlich ist. Wir wissen ja, daß er stets einen Kettenpanzer trägt, wenn er am ‚Montag des Solds‘ in die Versammlung seiner sogenannten Pädärahn tritt. Je größere Macht er einem seiner Untergebenen anvertraut, desto mehr hat er selbst ihn dann zu fürchten. Vor wem hat er sich wohl am meisten in acht zu nehmen?“
    „Das weiß ich nicht!“
    „Nicht? Es ist aber doch so leicht, es sich zu denken! Die Macht liegt nicht im Besitz, sondern in der Ausführung der Gewalt. Die Gewalt über Leben und Tod aber ist die höchste. Kennst du den nicht, der die hierauf bezüglichen Befehle auszuführen hat?“
    „Maschallah! Jetzt weiß ich es! Ghulam el Multasim. Er ist ja der Henker! Du dachtest doch an ihn, Effendi?“
    „Gewiß! Der Ämir-i-Sillan hat sich vor niemand so zu hüten wie vor seinem Henker, weil dieser der blutige Schatten seiner eigenen Verbrechen ist. Er hat sich unausgesetzt und so sorgfältig vor ihm zu verstecken, daß nicht die geringste Ahnung aufkommen kann, wer der ‚Fürst‘ ist und wo er sich befindet. Und doch hat er ihn ebenso unausgesetzt und sorgfältig im Auge zu behalten, um stets über die Gesinnungen des Henkers genau unterrichtet zu sein. Darum schreibt er ihm hier in dem Brief: ‚Du weißt, daß ich zwar unsichtbar, doch auch allmächtig und allgegenwärtig bin!‘ Er wird sich also fast immer in der Nähe des Henkers befinden, teils aus Vorsicht und teils, um ihn stets zur Ausführung seiner Befehle an der Hand zu haben und dabei beaufsichtigen zu können. Wer den ‚Fürsten der Schatten‘ finden will, muß zu Ghulam el Multasim suchen gehen!“
    Da klatschte der Peder seine Hände laut zusammen und rief aus:
    „Effendi, ich war zwar still bisher, aber ich bin auch mit spazierengegangen. Es ist ja ganz erstaunlich, was du alles siehst und zusammenholst, wenn man so mit dir geht! Doch sobald man es dann in die Hände nimmt und ganz genau betrachtet, möchte man sich fast vorwerfen, blind gewesen zu sein. Jetzt aber sind auch mir einige Gedanken gekommen, welche ich dir mitteilen möchte. Erlaubst du es?“
    „Von Erlaubnis kann keine Rede sein. Ich bitte dich darum“, antwortete ich.
    „Ihr habt vorhin noch einige Sillan vergessen. Nämlich die zwei Männer im Khan Iskenderiëh, wo ihr eure Pferde tränktet und von den beiden hörtet, daß die Karawane

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