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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte er. „Es gibt zwei Gewalten im Reich, eine gute und eine böse. Die gute ruht in den Händen des Schah-in-Schah; die böse übt Ahriman Mirza aus. Da aber, wie wir wissen, der Ämir-i-Sillan diese Macht in den Händen hat, so muß Ahriman Mirza der ‚Fürst der Schatten‘ sein. Ist es so richtig Effendi?“
    „So ungefähr. Sag, Ustad, bist auch du mit dieser Summe einverstanden?“
    „Vollständig! Sie ist richtig!“ erklärte er.
    „So will ich darauf verzichten, euch weitere Beweisgründe zu bringen, obgleich ich noch mehrere habe. Für mich sind Ahriman Mirza und der Ämir-i-Sillan eine und dieselbe Person! Auch das stimmt, daß er und sein Henker nahe beisammen sind. Er läßt ihn nicht aus den Augen. Nachdem wir uns hierüber klargeworden sind, kommt ein anderes. Nämlich die Frage: Was will der Mirza hier bei den Dschamikun? Welche heimlichen Gründe und Absichten haben ihn hierher geführt? Diese Frage gibt mir zu denken; ja, sie könnte mir sogar, wie ich fühle, Kopfschmerzen machen!“
    „Warum?“ fragte der Ustad. „Du siehst etwas zu schwarz!“
    „Sag lieber: Ich sehe in das Schwarze! Es ist nicht zu leugnen, daß er direkt hat hierherkommen wollen. Daß er auf diesem seinem Weg auch die Kalhuran aufsuchte, geschah seinem Henker zuliebe. Was wollte er hier?“
    „Die Blutrache!“ warf der Peder ein.
    „Die berührte ihn nicht, sondern nur den Multasim. Auch war er schon unterwegs nach hier, ehe es eine Veranlassung zur Blutrache gab.“
    „So war es, um die Rede zu halten, die wir von ihm gehört haben!“
    „Damit schießt du zwar nicht daneben, aber auch nicht in den Mittelpunkt! Er wollte euch einen andern Scheik geben. Wißt ihr, was das heißt? Er kam zu den Dschamikun, um den segensreichen, geistigen Einfluß ihres Ustad zu vernichten. Und wie glaubte er, dies am besten anfangen zu müssen? Indem er vor allen Dingen den Peder beseitigte, dessen Beruf es ist, den Dschamikun die geistigen Erzeugnisse ihres Ustad auf materiellem Weg zu übermitteln. Er sollte durch irgendeinen Tifl ersetzt werden, der sich zwar nur einer Kerbelsuppen-Erziehung rühmen kann und einiger Pflaumen wegen die ganze Welt in Aufruhr schreit, aber doch die hochwillkommene Eigenschaft besitzt, für jeden bockbeinigen Gaul und für jede abgetriebene Mähre, die man ihm bringt, ein sattelfester Reiter zu sein! Der Mirza war überzeugt, er brauche den Dschamikun nur solche alte, hartmäulige Gäule und spatkranke Mähren vorreiten zu lassen, um aus ihnen gefügige Massaban zu machen!“
    „Du weißt, wie er mit diesem seinem Vorschlag von uns abgewiesen worden ist“, versetzte der Peder. „Kopfschmerzen würden also überflüssig sein!“
    „Denkst du? Er hat sich aber nicht abweisen lassen, sondern er will ihn am Tag des Wettrennens wiederholen und wird da wohl versuchen, seinen Worten in irgendeiner Weise Nachdruck zu geben.“
    „Es wird aber denselben Mißerfolg haben. In dieser Beziehung braucht es dir nicht bange zu sein!“
    „Gewiß nicht! Als ich von dem Mittelpunkt sprach, den du nicht getroffen hast, schwebte mir etwas anderes vor. Ich erwähnte es schon einmal, als ich meine Vermutung aussprach, daß der Ämir-i-Sillan wahrscheinlich schon hier gewesen sei, wenn auch nur heimlich.“
    „Solltest du dich nicht wenigstens diesmal irren?“
    „Möglich! Denn ich habe keinen Beweis. Es ist nur Vermutung. Aber es gibt Vermutungen, die schon durch den Umstand, daß sie einem überhaupt kommen können, bestätigt werden! Ich habe euch auf den Umstand aufmerksam zu machen, daß euer Duar den Sillan nicht so ganz unbekannt ist, wie ihr zu glauben scheint.“
    „Das wäre uns allerdings neu!“
    „Mir nicht! Wie hat es der Multasim heut gemacht? Er hat die Pferde nicht weit draußen vom Duar gelassen, wie man doch tut, wenn man die Verhältnisse nicht kennt, sondern er ist erst ganz in der Nähe desselben abgestiegen.“
    „Er kannte die Örtlichkeit, weil er heut am Tag zweimal dort vorübergeritten ist!“
    „Das macht mich um so bedenklicher! Er traf grad dort auf den Wächter, welcher dann schnell kam, uns zu warnen. Warum hat er nicht angenommen, daß am Abend erst recht ein Wächter da sein werde? Hätte der Sohn desselben nicht zufälligerweise an seine Schafe gedacht, so wäre der Multasim nicht entdeckt worden! Dann schlich er sich quer nach der hinteren Seite des Duar. Er kannte also die Lage desselben genau. Die Häuser und Zelte liegen in zwei Reihen nach dem Aufgang zum ‚hohen

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