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23 Uhr, York Avenue

23 Uhr, York Avenue

Titel: 23 Uhr, York Avenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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ebenfalls grau. Leicht hinkender Gang; bevorzugt linkes Bein. Tiefe Narbe auf linker Wade (vermutlich von einem Messerstich herrührend; siehe Interpol-Dossier Nr. 96 B-J 43 196). Er war Techniker; seine fachliche Ausbildung umfaßte Maschinenbau sowie elektrotechnisches und elektronisches Ingenieurwesen. Promovierte 1938 mit höchsten Auszeichnungen an der Technischen Hochschule Stuttgart. Von 1939 bis 1946 außerordentlicher Professor für Maschinenbau und Elektrotechnik an der Zürcher Académie du Mécanique. Wanderte 1948 (mit schweizerischem Reisepaß) in die Vereinigten Staaten aus. In Stuttgart am 17. Juni 1937 festgenommen; die Anklage lautete auf Erregung öffentlichen Ärgernisses (er hatte sich vor einer älteren Frau auf anstößige Weise entblößt). Das Verfahren wurde mit einer Verwarnung eingestellt. In Paris am 24. Oktober 1938 wegen groben Unfugs festgenommen (er hatte auf das Grabmal des Unbekannten Soldaten uriniert). Nach Einstellung des Verfahrens über die Grenze abgeschoben. In Zürich dreimal verhaftet: wegen Besitzes einer gefährlichen Droge (Opium), wegen unzüchtiger Entblößung und wegen rechtswidrigen Besitzes einer Injektionsnadel. Bedingte Verurteilungen. Außergewöhnlich intelligent. Spricht Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, etwas Spanisch. Wird nicht für gewalttätig gehalten. Ledig. Sein Vorleben enthält Hinweise auf zeitweilige Rauschgiftsucht (Opium, Morphium, Haschisch). Seine FBI-Akte enthält keinerlei Hinweise auf gesetzwidrige Handlungen seit Verlegung seines Wohnsitzes in die Vereinigten Staaten. Bewarb sich am 8. Mai 1954 um die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ansuchen am 16. November 1954 abgelehnt. (Zu diesem Zeitpunkt bekleidete sein Bruder einen hohen Beamtenposten im Finanzministerium der Bundesrepublik Deutschland, und Ernest Heinrich Manns Akte enthielt einen roten Zettel: Im Falle einer Festnahme bitte vor Anklageerhebung mit dem Außenministerium der Vereinigten Staaten in Verbindung treten.)
    Es folgt der erste Teil einer diktierten, beeideten, unterzeichneten und vor Zeugen abgegebenen Aussage Ernest Heinrich Manns. Sie kam nach ausgedehnten Verhören (die vollständige Niederschrift umfaßt sechsundfünfzig Schreibmaschinenseiten) zustande, denen er vom 8. Oktober 1968 bis 17. Oktober 1968 unterzogen wurde. Der vernehmende Beamte war ein Hilfsstaatsanwalt des Verwaltungsbezirks New York. Die ganze Urkunde trägt die Bezeichnung NYDA-EHM-101 A- 108 B. Bei dem folgenden Teil handelt es sich um den Ausschnitt 101 A.
    Mann: Ich heiße Ernest Heinrich Mann. Ich wohne in der Einundfünfzigsten Straße Ost fünf-zwo-neun, New York, Bundesstaat New York, USA. Ich habe auch eine Firma, deren alleiniger Besitzer ich bin - die Fun City Electronic Supply & Repair Company, nach den Gesetzen des Staates New York amtlich eingetragen, mit dem Sitz in der Avenue D eins-neun-sieben-fünf, New York. Spreche ich vielleicht zu schnell? Gut. Am dreißigsten April 1968 wurde ich in meinen Geschäftsräumen von einem Mann aufgesucht, der mir als John Anderson bekannt ist. Man nennt ihn auch Duke Anderson. Er gab damals an, er wolle mich damit beauftragen, den Keller eines Hauses in der York Avenue eins-drei-sieben-null, New York, genauestens zu besichtigen. Er sagte, es sei sein Wunsch, durch mich die Telephonanschlüsse sowie die Alarm- und Sicherheitsvorrichtungen dieses Hauses in Erfahrung zu bringen. Zu keiner Zeit gab er den Zweck dieses Vorhabens an. Ein Preis wurde vereinbart, und es wurde der Plan gefaßt, daß ich mich dem Haus in der Uniform eines Telegraphenarbeiters der Stadt New York nähern würde, nachdem ich in einem authentischen Lastwagen der Telephonbaugesellschaft dort eingetroffen sei. Anderson sagte, er werde Lastwagen und Fahrer beschaffen. Ich stellte meine eigene Uniform und eigene Ausweispapiere bei. Kann ich ein Glas Wasser haben, bitte? Vielen Dank.
    Etwa einen Monat darauf rief Anderson mich an und sagte, die Vorbereitungen für den Telephonwagen seien getroffen. Es werde zwei Fahrer geben. Ich meldete Bedenken an, doch er versicherte mir, nicht das geringste Risiko sei damit verbunden.
    Am Vormittag des vierten Juni, um neun Uhr fünfundvierzig, erwartete ich den Lastwagen an der Ecke Neunundsiebzigste Straße und Lexington Avenue. Dort fand ich zwei Männer vor, die sich mir lediglich als Ed und Billy vorstellten. Ich hatte sie noch nie gesehen. Sie waren in Uniformen von Telegraphenbauarbeitern der New Yorker Telephongesellschaft

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