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23 Uhr, York Avenue

23 Uhr, York Avenue

Titel: 23 Uhr, York Avenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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'rüber nach Manhattan. Ich bin schon spät dran. Duke, ich will mit dem Doktor reden. Sie verstehen?
    Anderson: Klar. Ich weiß es zu schätzen, daß Sie mir so viel Zeit geopfert haben.
    Angelo: Wir werden - auf die eine oder andere Weise - in einer Woche oder so mit Ihnen Fühlung nehmen. Ich muß mit Papa reden, und der ist, wie Sie wissen dürften, unpäßlich. Mögen wir alle vierundneunzig werden und dann unpäßlich sein.
    D’Medico: Amen.
    Anderson: War nett, Sie kennenzulernen, Mr. Angelo. Und danke, Mr. D'Medico.
    D'Medico: Es war mir ein Vergnügen, Duke. Wir halten Fühlung.
    [Pause von siebzehn Sekunden.]
    D'Medico: Wie hast du gewußt, daß er aus Kentucky oder Tennessee stammt… aus dieser Gegend jedenfalls?
    Angelo: Ich hab' ihn in dem Augenblick wiedererkannt, als er hereinkam. Nicht ihn selbst, sondern den Typ. Ein Mann aus den Bergen. Weiß Gott, in Korea hab' ich genug von der Sorte gesehen. Kentucky, Tennessee, Westvirginia. Rauhe Knaben. So rauh wie die Burschen aus den Südstaaten … aber sie rissen nie und vor nichts aus. Manchmal kommen einem paar lahmarschige Südstaatler unter. Aber ich hab' nie einen lahmarschigen Mann aus den Bergen gesehen. Sie werden alle arm geboren, arm wie Pisse. Sie haben nichts als ihren Stolz. Ich hatte etliche Männer aus den Bergen unter mir, die noch nie ein neues Paar Schuhe besessen hatten, ehe sie zur Armee kamen. Dieser Anderson… Jesus Christus, er erinnert mich so sehr an einen Burschen, den ich in Korea mal dabei hatte. Der war aus Tennessee. Der beste Schütze, den ich je gesehen hab. Ich war damals Oberleutnant. Ich hatte da diesen Spähtrupp, und wir gingen ein ausgetrocknetes Bachbett 'runter. Dieser Mann aus den Bergen machte den Vorposten. Die Zielscheibe. In drei Tagen verbrauchten wir auch drei Vorposten. Die Kanaken feuerten auf den Vorposten, und auf die Art wußten wir, daß sie da waren.
    D’Medico: Wie hübsch.
    Angelo: Ja. Dieser Mann aus den Bergen ging also an der Spitze, etwa zwanzig Meter vor mir oder so. Ein Kanake kommt aus den Büschen und prescht auf ihn los. Der Kanake hat ein Küchenmesser mit Spagat an eine lange Stange gebunden. Wahrscheinlich steckte er voll von irgendwelchen Aufputschungsmitteln. Er kommt mit lautem Gebrüll angestürmt. Mein Junge aus Tennessee hätte ihn totschießen können - eins, zwei, drei. Einfach so. Aber das tat er nicht. Er lachte. Ich schwöre bei Gott, er lachte. Er hatte seine Klinge am Gewehr stecken, und er wartete seelenruhig zu, bis ihm der Kanake auf den Pelz rückte. Es war klassisch. Jesus, es war klassisch. Ich hatte den ganzen Zauber mit dem Bajonett wohl schon hundertmal durchgemacht: vorgehen, parieren, zustoßen. Lehrbuchzauber. Und das hier kam pfeilgerade aus dem Buch. Klassisch. Man hätte davon Photos für eine Ausbildungsvorschrift der Armee machen können.
    Mein Junge brachte sich in Stellung, schlurfte einen Schritt vor, und als der Kanake auf ihn losstach, parierte er, setzte seine Klinge in den Magen des Kanaken, zog sie 'raus, stieß nochmals zu, diesmal in seine Eier, drehte die Klinge um, zog sie 'raus, rammte das Bajonett in die Erde, um es sauberzumachen, drehte sich um und grinste mich an. Es gefiel ihm. So Jungen gab's dort eben. Es gefiel ihnen. Sie hatten Spaß daran. Am Krieg, meine ich.
    D'Medico: Was ist aus ihm geworden?
    Angelo: Aus wem?
    D’Medico: Deinem Jungen.
    Angelo: Oh. Nun, die Kompanie bekam Urlaub und ging zurück nach Tokio. Dieser Bursche aus Tennessee wurde erwischt, als er ein neunjähriges japanisches Mädchen vergewaltigte. Man hat ihm den Arsch aufgerissen.
    D'Medico: Wo ist er jetzt?
    Angelo: Immer noch in Leavenworth, soviel ich weiß. Erzähl mir mal was über diesen Anderson. Was weißt du?
    D'Medico: Er kam vor ungefähr zehn Jahren aus dem Süden 'rauf. Fuhr wie eine gesengte Sau. Hat auch als Fahrer gearbeitet. Kurvte für Solly Benedict mit heißem Schnaps durch die Lande, glaub' ich. Jedenfalls schlitzte er dann irgendwen mit einem Messer auf und mußte in den Norden gehen. Solly rief mich wegen ihm an. Ungefähr zur gleichen Zeit plante mein Vetter Gino ein Ding. Hast du Gino mal gesehen?
    Angelo: Nein, noch nie, glaub ich.
    D’Medico: Herr im Himmel, mein Gesicht bringt mich um. Na schön, es war ein Lagerhausjob. Es ging um Drogen. Munterkeitspillen waren's, glaub' ich. Alles war vollendet ausgeknobelt und ausgeheckt, aber einer gab dem Hafenüberfallkommando einen Tip. Wir haben uns den Knaben später vorgeknöpft. Jedenfalls

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