23 Uhr, York Avenue
erlaubte ich dem Mädchen, die Tür zu öffnen und …
Miß Kaier: Mrs. Hathway, ich hab' Sie schon endlos oft gebeten, mich nicht als »das Mädchen« zu bezeichnen. Falls Sie sich daran erinnern können, haben Sie mir versprochen …
Mrs. Hathway: Also öffnete sie die Tür…
Frage: Bis dahin war die Tür versperrt gewesen?
Mrs. Hathway: O ja, das möchte ich meinen. Erst mal haben wir das normale Schloß, wo wir den Schlüssel immer zweimal umdrehen, wenn wir in der Wohnung sind. Dann haben wir so ein Kettenschloß, und da kann man die Tür nur einen Spalt aufmachen, aber nicht weiter, denn von da an wird sie von einer starken Kette festgehalten. Und schließlich haben wir ein sogenanntes Polizistenschloß. Das ist etwas, das mir Wachtmeister Tim Sullivan empfohlen hat, der jetzt im Ruhestand lebt, früher aber im einundzwanzigsten Polizeirevier Dienst tat. Kennen Sie ihn?
Frage: Ich fürchte nein, Gnädigste.
Mrs. Hathway: Ein wunderbarer Mann - ein sehr guter Freund von meinem verstorbenen Herrn Gemahl. Wachtmeister Sullivan war leider schon in jungen Jahren gezwungen, in den Ruhestand zu treten, da er einen Leistenbruch hatte. Als die vielen Einbrüche in der East Side anfingen, rief ich ihn an, und er schlug mir vor, wir sollten uns doch so ein Polizistenschloß einbauen lassen. Das ist eine Stahlstange, die im Fußboden verankert und gegen die Tür gespreizt wird, und kein Mensch kann mehr einbrechen.
Miß Kaier: Fragen Sie sie mal, wo dieser »wunderbare Mann« sich seinen Bruch geholt hat.
Mrs. Hathway: Das tut hier wohl nichts zur Sache, ganz gewiß nicht. Also schrie der Mann da draußen unentwegt: »Feuer! Feuer!«, und selbstverständlich waren wir ganz aus dem Häuschen, und so öffneten wir die drei Schlösser und rissen die Tür auf. Und zu meiner grenzenlosen…
Miß Kaier: Und da stand er vor uns! Ein Riese! Ein Ungeheuer! Er muß gut über zwei Meter groß gewesen sein, mit dieser entsetzlichen Maske auf dem Gesicht und einem großen Schießeisen in der Hand. Und er knurrte uns zähnefletschend an: »Wenn ihr nicht sofort… «
Mrs. Hathway: Er war höchstens eine Spur größer als eins achtzig, und er hatte kein Schießeisen, das ich sehen konnte, obgleich er, glaube ich, eine Hand in der Hosentasche hielt, so daß er vielleicht eine Waffe bei sich gehabt haben könnte. Aber im Grunde genommen war er ziemlich höflich und sagte: »Meine Damen, wir müssen Sie leider bitten, uns für kurze Zeit Ihre Wohnung zu überlassen, aber wenn Sie schön brav sind und keinen Widerstand leisten, dann können wir … «
Miß Kaier: Und gleich hinter ihm standen zwei weitere Ungeheuer - teuflische Mädchenschänder und Geschlechtslustmolche, alle miteinander! Und sie hatten Masken und Pistolen. Und sie schubsten uns zurück in die Wohnung, und ich sagte: »Dann gibt's also gar kein Feuer?« Und der Mann, der als erster hereingekommen war, der sagte: »Nein, gnädige Frau, von Feuer kann nicht die Rede sein, aber wir müssen Sie ersuchen, uns für kurze Zeit die Benützung Ihrer Wohnung zu gestatten. Und wenn Sie nicht schreien und auch sonst keinen Unfug treiben, wird es nicht nötig sein, Sie zu fesseln oder Ihnen den Mund zuzukleben. Und wir werden Ihnen den Mund nicht zukleben, wenn Sie sich vernünftig benehmen.« Und ich sagte: »Ja, ich will mich vernünftig benehmen.« Und dann sagte der erste Mann: »Behalt die beiden im Auge, Mordbübchen, und wenn sie schreien oder keß werden, dann darfst du sie vertilgen.« Und der zweite Mann - das war ein Schwarzer, da bin ich ganz sicher-, der zweite Mann sagte: »Zu Befehl, Fleischwolf, wenn die beiden schreien oder keß werden, dann werd' ich sie vertilgen.« Und dann blieb der Schwarze bei uns und beobachtete uns durch seine Maske, und die beiden anderen Männer…
Mrs. Hathway: Wollen Sie endlich Ihren Mund halten? Wollen Sie wohl gefälligst Ihren losen Mund halten?
Frage: Aber meine Damen, meine Damen …
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Aufnahme NYDA-Nr. 146-98 B.
Frage: Das Tonbandgerät wurde soeben in Gang gesetzt, Mrs. Bingham. Mein Name ist Roger Leibnitz. Ich bin Assistent im Büro des Staatsanwalts für den Amtsbezirk New York im Bundesstaate New York. Wir schreiben den elften September 1968. Ich möchte Sie zu den Vorfällen befragen, die sich zwischen dem einunddreißigsten August und dem ersten September dieses Jahres an Ihrem Wohnsitz ereignet haben. Sollten Sie aus irgendeinem Grund keine Aussage abgeben wollen oder sollten Sie für die Dauer dieser
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