Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
23 Uhr, York Avenue

23 Uhr, York Avenue

Titel: 23 Uhr, York Avenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
in den Magen und in die Leistengegend. Trifft diese Darstellung zu?
    Mrs. Bingham: Ja.
    Frage: Was geschah als nächstes?
    Mrs. Bingham: Ach, alles ist so verschwommen. Ich weiß nicht genau. Zu diesem Zeitpunkt, glaube ich, hatte ich endlich meinen Lehnstuhl verlassen und bewegte mich auf die Tür zu. Aber ich sah ganz deutlich, wie der zweite maskierte Kerl den ersten zur Seite stieß. Und der zweite Kerl sagte: »Das reicht.« Daran kann ich mich glasklar erinnern, weil ich mir in diesem Augenblick genau dasselbe dachte. Der zweite maskierte Kerl rempelte den ersten zur Seite, damit dieser meinen Mann nicht länger treten konnte, und er sagte: »Das reicht.«
    Frage: Und dann?
    Mrs. Bingham: Ich fürchte, ich kann mich nicht entsinnen, in welcher Reihenfolge die Dinge vor sich gingen. Es ist alles so verschwommen in mir …
    Frage: Erzählen Sie's einfach in Ihren eigenen Worten. Kümmern Sie sich nicht um die Reihenfolge.
    Mrs. Bingham: Nun, ich lief zu meinem Mann hinüber. Ich kniete an seiner Seite nieder, glaube ich. Ich konnte sehen, daß es um sein rechtes Auge sehr schlimm bestellt war. Sein Kopf lag in einer Blutlache, und er stöhnte. Einer der Kerle sagte: »Wo ist der Junge?«
    Frage: Erinnern Sie sich, welcher von den beiden das sagte?
    Mrs. Bingham: Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, es war der zweite - der eine, der dem ersten Kerl gesagt hatte, es sei an der Zeit, mit den Fußtritten aufzuhören.
    Frage: Er sagte: »Wo ist der Junge?«
    Mrs. Bingham: Ja.
    Frage: Also wußte er von Ihrem Sohn?
    Mrs. Bingham: Ja. Ich flehte ihn an, er möge Gerry doch bitte nicht weh tun. Ich sagte ihm, Gerry sei in seinem Zimmer und schlafe schon längst und daß er körperbehindert sei und sich nur in seinem Rollstuhl oder auf Krücken fortbewegen könne, letzteres aber nur über kurze Entfernungen. Ich flehte ihn nochmals an, Gerry doch bitte, bitte nicht weh zu tun, und er sagte, er wolle ihm nicht weh tun.
    Frage: Ist das immer noch der zweite Mann, von dem Sie sprechen?
    Mrs. Bingham: Ja. Dann ging er in das Zimmer meines Sohnes. Der erste Kerl, der eine, der meinen Mann niedergeschlagen und getreten hatte, blieb im Wohnzimmer. Nach einer Weile kam der zweite Kerl aus Gerrys Zimmer zurück. Er schob den leeren Rollstuhl meines Sohnes vor sich her und hatte seine Aluminiumkrücken unter den Arm geklemmt. Der erste Kerl sagte zu ihm: »Wo steckt der Junge?« Der andere sagte: »Der liegt da drin und stellt sich schlafend, aber er ist ganz schön wach. Ich hab' ihm gesagt, wenn er heult oder sich einbildet, schreien zu müssen, dann komm' ich wieder und brech' ihm das Genick. Solang wir seinen Rollstuhl und die Krücken haben, kann er sich nicht rühren. Er ist ein Krüppel. Das haben wir ja gründlich ausgeknobelt.« Und der erste Kerl sagte: »Ich glaub', wir sollten ihn kassieren.« Und dann sagte der zweite Kerl: »Der Fahrstuhl ist doch ausgeschaltet. Hast du vielleicht Lust, ihn 'runterzutragen? Wie wollen wir ihn denn da 'runterkriegen?« Und dann stritten die beiden eine Weile hin und her, ob sie den Jungen mitnehmen sollten oder nicht. Schließlich einigten sie sich darauf, ihn in seinem Bett zu lassen, aber sie würden ihn knebeln und alle zehn Minuten oder so bei ihm nachsehen kommen. Ich flehte die beiden an, das doch bitte nicht zu tun. Ich sagte ihnen, daß Gerry an Nasenhöhlenbeschwerden leidet, und ich hätte Angst, er würde nicht atmen können, wenn sie ihn knebelten. Der zweite Kerl sagte, sie würden meinen Mann und mich hinunter in den vierten Stock bringen, in die Wohnung von Mrs. Hathway, und sie könnten es nicht riskieren, Gerry allein in unserer Wohnung zurückzulassen, selbst wenn er sich nicht bewegen könnte. Ich sagte ihnen, ich würde Gerry das Versprechen abnehmen, sich ruhig zu verhalten, wenn sie mich mit ihm reden lassen wollten. Darüber stritten die beiden eine Weile, und dann sagte der zweite Kerl, er werde mit mir in Gerrys Zimmer gehen, um zu hören, was ich mit meinem Sohn redete. Und so gingen wir in das Zimmer. Ich knipste das Licht an. Gerry lag auf dem Rücken, die Bettdecken über sich gebreitet. Sein Gesicht war sehr weiß. Er hatte die Augen offen. Ich fragte ihn, ob er wisse, was rund um ihn vorgehe; ja, sagte er, denn er habe uns sprechen gehört. Mein Sohn ist sehr intelligent.
    Frage: Jajah, Gnädigste. Das wissen wir jetzt.
    Mrs. Bingham: Ich sagte ihm, sie hätten ihm seinen Rollstuhl und die Krücken weggenommen, aber wenn er verspreche, nicht zu schreien

Weitere Kostenlose Bücher