23 Uhr, York Avenue
und keinen Lärm zu machen, dann wollten die beiden davon absehen, ihn zu fesseln und zu knebeln. Er sagte, er werde sich völlig lautlos verhalten. Der Kerl ging hinüber an das Bett und blickte in Gerrys Gesicht. »Der Mann da draußen ist ein böser Mann, mein Junge«, sagte er zu ihm. »Deinem Pappi hat er schon ein Auge ausgeblasen, glaub' ich. Du benimmst dich schön manierlich, oder ich muß ihn wieder auf deinen Pappi loslassen. Verstehst du?« Ja, sagte Gerry, er habe verstanden. Dann sagte der Kerl, alle paar Minuten werde jemand vorbeikommen und bei ihm nachsehen, und deshalb wär's besser, nicht den Klugscheißer spielen zu wollen. Das ist der Ausdruck, den er gebrauchte. Er sagte: »Komm mir ja nicht auf die Idee, hier den Klugscheißer zu spielen, mein Junge.« Gerry nickte. Dann ging der Mann ins Wohnzimmer zurück.
Frage: Ließen Sie das Licht im Zimmer Ihres Sohnes brennen?
Mrs. Bingham: Nun ja, erst hatte ich es abgedreht, aber der maskierte Mann drehte es wieder an und sagte, es müsse brennen bleiben. Und so gingen wir ins Wohnzimmer zurück. Mein Mann war wieder auf den Beinen. Er schwankte ein bißchen. Er hatte sich ein Handtuch aus dem Badezimmer geholt und hielt es an sein Auge.
Ich weiß nicht, weshalb ich nicht schon viel früher daran gedacht hatte. Ich handelte damals nicht sehr gut, fürchte ich.
Frage: Sie haben sich einfach prächtig gehalten.
Mrs. Bingham: Nun ja… ich weiß nicht recht… ich glaube nicht, daß ich sehr tapfer bin. Ich weiß, daß ich geweint habe. Ich fing an zu weinen, als ich meinen Mann auf dem Boden liegen sah, und wie dieser Kerl ihn mit den Füßen trat, und irgendwie konnte ich einfach nicht mehr aufhören. Ich konnte nicht aufhören … ich wollte ja aufhören, aber ich konnte einfach nicht…
Frage: Wollen wir uns den Rest nicht für einen anderen Tag aufsparen, gnädige Frau? Für einen Tag haben wir genug getan, finde ich.
Mrs. Bingham: Ja… schon gut. Nun, sie brachten uns einfach über die Dienstbotentreppe in den vierten Stock hinunter, in die Wohnung von Mrs. Hathway. Was nachher geschah, wissen Sie ohnehin, stelle ich mir vor. Auf dem Weg über die Treppe stützte ich meinen Mann; er war immer noch sehr schwach auf den Beinen. Doch in Mrs. Hathways Wohnung konnten wir ihn versorgen. Sie hatten alle Leute dorthin gebracht, auch Dr. Rubicoff, und der half mir, das Auge meines Mannes zu baden. Dann legten wir ein sauberes Handtuch darauf. Alle waren so sehr… alle waren sehr… alle … oh, mein Gott, mein Gott!
Frage: Ja, Mrs. Bingham… ja, ja. Entspannen Sie sich doch einen Augenblick. Bleiben Sie nur ruhig sitzen und entspannen Sie sich. Es ist ja alles vorbei. Alles ist für immer vorbei.
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Das in der Folge wiedergegebene Schreiben wurde am 3. Januar 1969 an den Autor gerichtet. Es stammt aus der Feder von Mr. Jeremy Marrin, Buena Vista Drive 43-580, Arlington, Virginia.
Sehr geehrter Herr,
Ihren Brief jüngeren Datums beantwortend, in welchem Sie mich um eine Schilderung meiner persönlichen Erinnerung und Eindrücke im Zusammenhang mit den Vorkommnissen ersuchen, die sich am Labour-Day- Wochenende vergangenen Jahres in New York ereigneten, darf ich Sie davon in Kennntis setzen, daß sowohl ich selbst als auch John Burlingame vor den Polizeibehörden der Stadt New York ungemein umfassende Aussagen zu diesen Geschehnissen abgegeben haben; ich bin sicher, daß unsere Darstellungen mittlerweile Gegenstand öffentlicher Urkunden geworden sind, und empfehle Ihnen, dieselben zu Rate zu ziehen. Dennoch, der allgemein üblichen Höflichkeit (üblich genannt zweifellos, weil sie so unüblich ist) entsprechend, will ich Ihnen in äußerster Knappheit einige Notizen übermitteln, da Sie sagen, es sei wichtig für Sie. John Burlingame, einer meiner engsten Freunde, und ich hatten vor, das Labour-Day-Wochenende in New York zu verleben, wo wir ein paarmal ins Theater gehen und auch ein paar alte Kumpane besuchen wollten. Wir schrieben an Eric Sabine, unseren innig geliebten Freund, der in der York Avenue 1370 das Appartement 2 A bewohnt, in der Hoffnung, einige nette Stunden bei ihm und mit seinem überaus köstlichen Bekanntenkreis verbringen zu dürfen. Eric schrieb zurück, er werde über das Wochenende nicht in der Stadt sein. Er wollte auf die Feuerinsel, schrieb er, wie ich glaube. Aber er stellte uns seine prachtvolle Wohnung uneingeschränkt zur Verfügung, schickte uns den Schlüssel per Post und sagte, er wolle die Portiers davon
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