2320 - Terra im Psi-Schauer
Verkehrsstrom nach Nordwesten ein.
Auf der Höhe des dritten Flugkorridors tauchte die Spitze des Kybernetischen Turms in Hawes Blickfeld auf, zu diesem Zeitpunkt knapp vierzig Kilometer entfernt. „Alles in Ordnung", sagte er. Die Steuerpositronik bestätigte es mit einem blauen Lichtsignal und leitete die Meldung automatisch an die Zentrale weiter. So lief das tagein, tagaus. Ohne die Meldungen wäre bald ein Kollege vorbeigekommen, um nach dem Rechten zu schauen.
Hallwachs flog bis zur Sicherheitszone von Point Surfat, dem Handelshafen der terranischen Metropole. Er kehrte um, flog seinen Korridor zurück, behielt die einzelnen Ebenen und Flughöhen im Auge.
Das Display mit den einzelnen Echopunkten nahm allein die Hälfte seiner Konsole ein. „Alles in Ordnung", meldete er. Weil ihm die monotonen Meldungen auf den Keks gingen, schaltete er nach einer Weile auf Iriskontrolle um. Schlief er jetzt ein oder fiel aus einem anderen Grund aus, übernahm die Positronik automatisch die Kontrolle über das Fahrzeug. „Ein Anruf von zu Hause", sagte der Automat exakt um 20 Uhr. „Die Kleinen sind im Bett. Sie wünschen dir eine gute Nacht."
„Das wünsche ich ihnen auch. Süße Träume und ein fröhliches Erwachen morgen früh." In Gedanken fügte er. hinzu: Dann komme ich gerade nach Hause und will nur noch schlafen. So wie immer, wenn er die Nachtschicht fuhr.
Früher waren sie zu zweit gewesen, in jedem Patrouillengleiter. Heutzutage fehlte Personal an allen Ecken und Enden. Das Ordnungsamt konnte seine Gleiter nur noch mit einer Person ausstatten, und die flog nur deswegen mit, um bei Vorfällen die gewisse menschliche Nähe der Verwaltung gegenüber den Bürgern zu wahren. Formalitäten wie Knöllchen, Fahrverbote, Festnahmen und anderes erledigten längst die Positroniken mit ihren Fesselfeldprojektoren und den Automatenschlitzen, die Strafzettel und Bußgelder an fast jeder Stelle des Fahrzeugs ausspien, wenn es nötig war.
Schuld daran trugen die erhöhte Hyperimpedanz, die selbst menschliche Muskelkraft zurück in den Produktionsablauf holte, sowie die Terminale Kolonne, die zur Einberufung aller Reservisten im Solsystem geführt hatte. Allein die Verpflegung dieser Zusatztruppe außer Haus kostete den Staat Millionen täglich, und dafür musste man erst einmal schuften.
Hawe näherte sich der Thora Road und dem Terrania Institute of Technology. Die Leuchtziffern zeigten 20.15 Uhr.
Hallwachs prüfte die Leitberechtigungen der Privatgleiter auf dieser Strecke, die manuell flogen. Er verglich die Daten mit der Verkehrssünderkartei. Die Positronik tat das auch, aber er erhielt dadurch wenigstens ein wenig Beschäftigung. „Alles in Ordnung", meldete er. „Veheherherrrrrrstannnnndddddeeennn", lautete die Antwort. Es knisterte und prasselte im Funkempfänger. „Zentrale?"
Er schaltete die Taster des Fahrzeugs ein.
Eine langsam ansteigende Kurve zeigte an, dass irgendwo voraus etwas nicht in Ordnung war.
Hawe gab seine Position durch. „Was ist das? Ein Störfeld?"
Wenn, dann war es ein gewaltiges. Die Verbindung mit der Leitzentrale war jetzt vollständig unterbrochen. Hallwachs spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Es war also so weit. Die Terminale Kolonne TRAITOR griff Terra an. Es gab keinen Alarm, nicht einmal den Versuch eines solchen.
Nach Hause! Ich muss nach Hause!
Wer brauchte jetzt noch einen Aufpasser in der Stadt? Wie lange blieb ihm? Ein paar Minuten? Oder legte TRAITOR bewusst alle technischen Funktionen des Planeten lahm, um die Kontrolle über die Positroniksysteme an sich zu reißen?
Ein Knistern alarmierte ihn. Es kam von vorn, drang durch die Verkleidung des Cockpits herein, zog sich über die Armaturen und alle Systeme, die aus Metall waren. Hawe spürte einen kühlen Luftzug an seinem Kopf. Er warf einen Blick in den spiegelnden Monitor. Ihm standen die Haare zu Berge, in geordneten braunen Formationen. Er fuhr mit den Fingern entlang, versuchte sie glatt zu streichen. Es ging nicht. „Zentrale, bitte kommen", versuchte er es noch einmal. Außer einem Rauschen kam nichts herein. Dort, wo die integrierten Antennen des Dienstfunks unter der Dachverkleidung liefen, wanderten blaue Flämmchen entlang. „Verdammt, ich muss runter!" In vierzig Metern Höhe über dem Grund lagen die Überlebenschancen für ihn nicht besonders hoch.
Seine Finger umklammerten den Joystick.
Langsam! Bloß jetzt keine ruckartigen Bewegungen!, mahnte er sich. Und den Gleiter nicht in
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