2333 - Die Universale Schneise
schaffen ist ein langwieriger Prozess, der uns alles abverlangt, was wir geben können. Es wird Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis diese Streithähne endlich die jeweils andere Partei akzeptieren. Heute muss es unser Ziel sein, Zeit zu erkaufen. Wir werden feststellen, was diese beiden Völker antreibt. Wie sie funktionieren. Welche Gemeinsamkeiten sie haben. Sobald wir dieses Wissen besitzen, können wir den Hebel ansetzen und die Basis für ein Auskommen der beiden Völkergruppen schaffen. Akzeptanz, mein Freund, ist auch in diesem Konflikt der Schlüssel zur Lösung."
Alaska dachte an die Situation in der Milchstraße. Menschen, Akonen und Arkoniden, die sich genetisch kaum voneinander unterschieden, zogen selten genug an einem Strang. Das Trennende stand stets im Vordergrund, und manche - idealistisch motivierte - Bemühung, ein funktionierendes Völkerkonsortium zu etablieren, war bereits nach wenigen Jahren oder Jahrzehnten gescheitert.
War die Vorgehensweise des Friedensfahrers besser?
Der Unsterbliche hatte da so seine Zweifel.
Xa-Va-Riin beeinflusste die Ghojaar und Ravpean. Er manipulierte sie mit Hilfe seiner überlegenen technischen Ausrüstung und seiner natürlichen Begabung. Zudem war zweifelhaft, ob die Wirkung seiner Mittel länger als ein paar Tage anhalten würde. Und wenn sie es tat, was unterschied sie dann vom Shifting?
Was war mit der moralischen Komponente? „Du bist mit der Wahl meiner Methoden nicht einverstanden?", fragte der Artuche, während sie den Hangar betraten, in dem die FORSCHER geparkt stand. Die Käferwesen wichen ihnen aus und glitten geschickt von einem zum anderen der überall präsenten Webstränge. „Von Idealismus und Moral ist bei deiner ... Arbeit nicht sonderlich viel zu spüren", entgegnete Alaska vorsichtig. „Du glaubst, in meiner Weltsicht heilige der Zweck die Mittel?" Xa-Va-Riin bleckte seine Kauleisten. „Ich lasse mich von Erfahrungswerten leiten, die ich mir im Laufe der Jahre angeeignet habe. Bei einer derart verfahrenen Situation wie zwischen Ghojaar und Ravpean hätte es keinen Sinn, ohne aktivierten LICHT-Generator zum Gespräch zu bitten." Er schnipste mit den zarten, langgliedrigen Fingern beider Hände, wohl, um sein Bedauern auszudrücken. „Hier wie überall gilt allerdings: Die Dosis macht das Gift, und ich arbeite mit den geringstmöglichen Dosen. Lass mich einfach nur machen - und werte, wenn meine Arbeit getan ist."
„Einverstanden." Alaska nickte.
Sie betraten die FORSCHER, baten einen Lotsen höflich um die Erlaubnis, das Mutterschiff der Ghojaar verlassen zu dürfen, und setzten zum ravpeanschen Pendant über.
*
Die Schlacht flammte nicht wieder auf.
Auch nicht, als Xa-Va-Riin Qaar die Wirkung des LICHT Generators allmählich reduzierte und binnen Stundenfrist auf null setzte.
Vorerst war ihre Arbeit getan. Der hagere, storchenähnliche Ravpean namens Luupinoquock ließ ebenso zum Abzug klappern, wie Sakurrak-SX den Befehl zum „Rückwärtskrabbeln" gab.
Eine neuntägige Nachdenkpause war anberaumt worden. Erste Arbeitspapiere, wie man miteinander auskommen könnte, würden ausgetauscht werden. „Zweifelsohne ohne Aussicht auf Verwirklichung", sagte Xa-Va-Riin gut gelaunt. „Hauptsache, die Häuptlinge auf beiden Seiten sind für eine Zeit lang beschäftigt und denken nicht daran, aufeinander einzuprügeln."
„Und wir?"
„Wir werden mittlerweile den Ursachen des Konflikts auf den Grund gehen. Es gibt immer einen Hebel, an dem man ansetzen kann. Ehrgefühl, Stolz, gemeinsame Interessen - ich bin mir sicher, dass wir etwas finden."
Der Friedensfahrer war in seinem Element, und die Arbeit schien ihn zu verjüngen.
Alaska kam diese Hochphase seines selbsternannten Mentors durchaus gelegen.
Während der nächsten Tage, da sie wie Touristen durch die Galaxis Ganuya reisten und Informationen sammelten, führte er den Maskenträger durch die FORSCHER und machte ihn mit manchen Funktionen vertraut, die er bislang strengstens gehütet hatte. „Gibt es eigentlich eine Art Richtlinie für die Friedensfahrer, wie sie bei Konflikten vorzugehen haben?", fragte Alaska schließlich bei besonders gutem Wind. „Eine Art Kodex der Enthonen für ihre Organisation?"
„Die Friedensfahrer sind nicht ihre Organisation!", widersprach Xa-Va-Riin heftiger als erwartet. „Sie sind das Gründervolk. Nicht mehr, nicht weniger.
Und, um auf deine Frage zurückzukommen: Nein, es gibt keinerlei Verhaltensmaßregeln, keinen Katalog, kaum
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