2345 - Im Clateaux der Zeiten
dicht gedrängt standen und ihn aus starren Augen musterten. „Kommt herein!" Er ging ihnen entgegen, berührte den Ersten von ihnen am Arm. Es war wie ein elektrischer Schlag, der von ihm auf den Fremden überging. Von einem Augenblick auf den anderen regten die Besucher sich.
Einer nestelte an seinem Chrono-Armreif. „Sechs Tage warten wir nun schon. Das ist unerhört!"
Fathim-Eagh wünschte sich in diesem Augenblick, in den Boden versinken zu können. Nur weg von hier. Schräg über sich gewahrte er den Schatten eines Kugelroboters, der heranschwebte und trotz des heftigen Windes reglos in der Luft verharrte. „Beeilt euch mit den Waschungen und den Umgängen in den Wandelhallen", verkündete der Metallknecht. „Anschließend begebt ihr euch umgehend in die Audienzhalle!"
„Aber ...", murmelte Fathim-Eagh verwirrt. „Was soll das? Ist das Unwetter so schlimm?"
Die Kugel schwebte davon und zog Fathim an einem unsichtbaren Strick hinter sich her, bis' er in seiner Speiseklause zum Stillstand kam. „Niemand darf es erfahren", flüsterte es aus dem schwebenden Glitzerding. „Nur ihr Pförtner werdet informiert. Heute ist der letzte Tag. Danach wird es vorerst keine Audienzen mehr geben."
„Das glaube ich einfach nicht!" Fathim-Eagh setzte eine entschlossene Miene auf. „Ich werde persönlich den HORT aufsuchen und mir Rat bei ARCHETIM holen."
„Zu spät, Schohaake! Hast du nicht verstanden, was der Wind dir sagen will?"
„Er kommt aus Nordosten. Das tut er sonst nie. Nur, wenn ..." Der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken. Tenwol-Clyr hatte es ihm einst beigebracht, aber er hatte es verdrängt, einfach vergessen. Es konnte nicht jetzt eintreten, durfte einfach nicht.
Nicht in seiner Ära.
Und doch geschah es. „ARCHETIM verlässt seinen HORT", stöhnte Fathim-Eagh. „Die Superintelligenz lässt uns allein."
„Sie kehrt bald zurück. Aber der Kampf gegen die Negasphäre wird Kraft kosten und Zeit. Ab sofort sollen alle Lebewesen in Phariske-Erigon für ARCHETIM beten, gemeinsam zu denselben Zeitpunkten, damit sich alle mentalen Kräfte zum selben Zeitpunkt bündeln. Ihr Pförtner werdet sie im Clateaux der Zeiten fokussieren und sie ARCHETIM zur Verfügung stellen."
„Ich eile, ich fliege" Fathim-Eagh rannte hinaus. Er scheuchte die Pilger, riss ihnen die Schuhe von den Füßen, half ihnen bei der Waschung und allen anderen Verrichtungen. Früher als üblich fanden sie sich endlich im Audienzsaal zusammen, nur einen Lidschlag früher als die anderen Gruppen der benachbarten Pförtner aus den Zirkeln Clyr, Uxon und Atoa. 'Sie kamen keinen Augenblick zu früh. Ein Hauch von Wärme und Euphorie hüllte sie übergangslos ein, er machte keinen Unterschied zwischen den Pilgern und dem Pförtner. In Fathim-Eaghs Bewusstsein entstand ein Wispern, freundlich und angenehm. ARCHETIM sprach zu ihnen allen. Er vermittelte ihnen Stärke und Zuversicht, gab ihnen Kraft und Ausdauer, die sie für die nächste Zeit benötigten.
Nerval-Uxon, Shetar-Clyr, Semynn-Atoa und Fathim-Eagh traten rasch zusammen und berieten sich. Jeder von ihnen war von den Robotern in das Kommende eingeweiht worden. Schnell waren sie sich einig, was zu tun war, um ARCHETIMS Willen zu erfüllen.
Kaum waren sie mit der Besprechung fertig und wieder zu ihren Pilgergruppen getreten, schwoll das mentale Wispern der Superintelligenz zu einem wahren Orkan an. Im Unterschied zu den Winden draußen war dieser Orkan jedoch sanft, freundlich und stärkend.
Eine unsichtbare Hand berührte jeden Einzelnen an der Stirn und am Rücken, ein zweiter Hauch, der die Vorhänge flattern ließ - dann herrschte Stille.
Die Pilger blieben fassungslos stehen. Sie waren plötzlich allein, in einem Ausmaß, das sie nie für möglich gehalten hätten.
Ihnen war nicht klar, was sich soeben vollzogen hatte, doch es machte ihnen Angst.
Fathim-Eagh fasste für „seine" Gruppe das in Worte, was er mit seinen Kollegen soeben besprochen hatte. Er wusste, Nerval, Shetar und Semynn würden es ebenso halten. „ARCHETIM hat uns soeben verlassen, um einer Aufgabe nachzukommen, die er zum Segen des Universums nur dann bewältigen kann, wenn wir alle bei ihm bleiben. Die Superintelligenz hat sich in diesem Moment auf den Weg gemacht an ihr fernes Ziel, doch ihr Licht bleibt ewig, wenn auch wir im Licht bleiben. Kehrt nun in eure Unterkünfte zurück und begreift euer Glück, Zeugen dieses Ereignisses geworden zu sein, das den Beginn einer neuen Wohltat ARCHETIMS
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