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235 - Auf dem sechsten Kontinent

235 - Auf dem sechsten Kontinent

Titel: 235 - Auf dem sechsten Kontinent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Rindsbraten und biss herzhaft in den Fettrand seines Stücks.
    Matt blickte zu Aruula. In diesem Haus hatte der Mann das Sagen. Frauen und Kinder waren am Tisch des Hausherrn nicht erlaubt. Das Verhalten Juris zehrte sicherlich an den Nerven seiner Freundin. Er musste darauf vertrauen, dass sie sich weiterhin zurückhielt. Beide mussten sie sich an die Gegebenheiten anpassen, wollten sie die Bewohner nicht gegen sich einnehmen.
    René rückte gemeinsam mit der Barbarin eine wacklige Sitzbank in Richtung der Eingangstüre. Dort nahmen die beiden Frauen Platz, mit Schüsseln voll Gemüse auf den Schößen. Aruula dampfte bereits vor Zorn. Sie hasste es, ins Abseits geschoben zu werden.
    Juri redete über Belanglosigkeiten, während er sein Fleisch verschlang. Er gab seine Meinung über Kindererziehung zum Besten, plauderte über lange Nächte, zu heiße Sommer und zu kühle Winter. Über zu wenig Wasser oder zu viel, über den Wind, der mal zu heftig wehte und dann wieder komplett ausblieb.
    Die Situation wirkte abstrus auf Matt; sie hätte in der Tat auf der Erde seiner Vergangenheit spielen können.
    Nachdem er das Mahl beendet hatte, reinigte Juri seine Hände in einem Wassereimer, rülpste und furzte ausgiebig und winkte dann Matt, ihm ins Freie zu folgen.
    »Lass uns ein paar Schritte tun«, sagte er, »während die Frauen den Abwasch erledigen.«
    »Gerne«, erwiderte Matt. Er grinste Aruula an – und bereute es im nächsten Augenblick. Sie würde ihn ihren Ärger spüren lassen. Irgendwo, irgendwann.
    »Ihr seid also von jenseits des Horizonts«, meinte Juri. »Und ihr sucht – was?«
    »Wir folgen einem alten Mythos«, antwortete Matt vorsichtig. »Uns wurde berichtet, dass sich unter dem Eis der Antarktis wertvolle Schätze befinden.« Er hob beschwichtigend die Hände, bevor sein Begleiter aufbegehren konnte: »Ich rede nicht von materiellen Werten, sondern von uralten Relikten, die unter dem Eis verborgen sein sollen.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Juri abweisend. »Das Innenland ist groß, die Landflächen zersplittert. Ein großer Teil davon ist noch vom Eis bedeckt, in manchen Gebieten brüllen nach wie vor die Gletscher und schaffen unwirtliche Gegebenheiten wie jene, mit denen unsere Vorväter zurechtkommen mussten.«
    »Wenn ich richtig verstanden habe, stammt ihr von den Überlebenden ehemaliger Forschungsstationen ab?«
    »Für uns Schelfländer trifft das zu«, antwortete Juri, während er weiter fest ausschritt. »Unsere Vorväter kommen aus dem Domland, der Russenstation und den beiden Ozzie-Stationen. Die Innenländer haben sich teilweise mit Anderen zusammengetan und eigene Gesellschaftsformen entwickelt, die sich deutlich von den Unseren unterscheiden.«
    »Wer sind die Anderen?«
    »Weitere Überlebende, die sich nach dem Kometeneinschlag in die Antarktis retten konnten«, wich der Farmer aus.
    Sie erreichten einen gemauerten Brunnen am Fuß des zentralen Inselhügels. Juri drehte an der quietschenden Kurbel des Ziehbrunnens und brachte einen von grünem Schlick bewachsenen Eimer aus der Tiefe hoch. Er trank gierig und hielt das Gefäß dann Matt hin. »Eines der größten Süßwasserreservoirs des Außenlandes befindet sich unter unseren Füßen. Mehr als zehn Inselfamilien beziehen ihr Trinkwasser von uns.«
    Matt nahm einen Schluck. Die Flüssigkeit war kalt, eiskalt, und sie schmeckte leicht salzig. Aber sie besaß auch einen angenehm metallischen Beigeschmack, der ihn an ganz andere Gefilde erinnerte als dieses kleine Eiland.
    »Wie heißt eure Insel?«, fragte er, nachdem er seinen Durst gestillt hatte.
    »Rozhkoi.« Juri lächelte. »Sie ist seit mehr als vierzig Jahren in Familienbesitz.«
    Sie umrundeten einen Felsen und taten ein paar Schritte hinab zu einer Mulde, in der sich Wasser in einem kleinen Tümpel gesammelt hatte.
    Matt blieb wie elektrisiert stehen. »Was ist das?«, fragte er seinen Begleiter. Er starrte angestrengt nach hinten, in jenen schattigen Bereich, in dem er seltsame, regelmäßige Strukturen im Fels ausmachen konnte. Sie wirkten wie… wie …
    »Dies ist das Rozhkoi-Tor«, sagte Juri wie selbstverständlich, ohne dem Reliefmuster im Gestein auch nur einen Blick zu widmen. »Hier beginnt der Weg, der uns unterirdisch mit den anderen Inseln verbindet.«
    ***
    »Deswegen gab es keinen Schiffsverkehr!«, wurde Matt mit einem Schlag klar. »Und wir wunderten uns schon…«
    Juri grinste vergnügt, während er tüchtig ausschritt. Es ging nun einen schmalen

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